Spanien – Nur Wanderschuhe sonst nichts

Nur Wanderschuhe sonst nichts

Die Nacht war unruhig. Sehr warm. Die Nachbarn laut. Und die 24822 Mücken in unserem Zelt hungrig. Ich habe sie aber alle ausreichend mit Nahrung versorgt. Bis es mir um 7 dann gereicht hat. Überall habe ich mich gekratzt. Und ich habe unter der Decke, die mich eigentlich vor den Biestern schützen sollte, geschwitzt und ich hatte wirklich keine Lust mehr auf den ganzen Scheiss. Ich also schnell aufs WC, danach wollte ich dann raus. Nur noch raus aus der Horror-Hütte. Im Bad dann allerdings das nächste Monster. Ein Käfer so gross wie ein Riese kommt angekrabblet. Nicht etwa langsam. Nein, rasend schnell kommt er auf mich zu und hat eindeutig Mordabsichten. Eindeutig! Ich knalle die Tür zu, mache das Licht bei ihm aus und schreie den halben (den ganzen?) Campingplatz zusammen. Gerd erwacht nun auch und was macht er, anstatt mich zu retten? Er geht aufs Klo am Supermarkt. Dabei sollte er den Killerkäfer beseitigen und sich somit als mein Held erweisen. Ich glaube er hat die Situation viel zu harmlos eingeschätzt!

Ich schnappe mir mein Handy und mache mich auf die Suche nach schönen Fotomotiven. Denn in dieses Zelt gehe ich nie nie wieder.

Als ich, von Kaffeedurst und Frühstückshunger getrieben, heimkehre, bemüssigt sich mein Lebensretter höchstpersönlich, das Mördervieh zu entsorgen. Er bringt den Käfer auf einer Schippe weit genug weg. Ich hoffe, er findet den Weg nie wieder zurück, also der Käfer, nicht Gerd.

Somit ist mein Süsser der Held des Tages und ich lass mich überzeugen, dass ich wieder heimkehre.

Nach dem Frühstück laden uns unsere Nachbarn auf eine Wanderung ein, es soll zu einer Grotte gehen. Da sagen wir doch nicht nein und kommen mit. Schnell noch die Sonnencreme auf Gerd verteilt, Socken und Schuhe an und los geht‘s. Lustig, 6 Nackedeis mit Wanderschuhen laufen querfeldein. Zwischendurch gibt es Badepausen und am Ende erreichen wir eine zauberhafte Grotte, in die man nur schwimmenderweise kommt. Ich lasse mich treiben und stelle mir vor, wie es wohl wäre, hier zu Stranden. Ich schwebe fast auf dem Wasser und geniesse das Meer, das klare Wasser, die Fische unter mir und das Gefühl von Freiheit. Ich mag gar nicht dran denken, das unsere Ferien bald zu Ende sind und wir wieder einen normalen Alltagstrott leben. Aber erst einmal geniessen wir jede Minute hier. Wir leben den Moment und das ist wunderschön.

Unsere Nachbarn sind französisch, sie spricht deutsch und ist etwa 30, er spricht nur französisch und ist sicher über 60. Das andere Pärchen ist etwa um die 50 und auch sehr nett, sie sind Belgier und alles in allem sind wir eine lustige Truppe.

Den Nachmittag verbringen wir zwei schlafend und dösend am Zelt im Schatten. Später gehen wir noch zu den Pools, welche tatsächlich terrassenförmig über dem Meer angeordnet sind und man hat während des Schwimmens einen tollen Blick auf das blaue Meer. Ich beobachte wieder einmal die Menschen und eines unserer Zeltnachbarpärchen ist auch hier. Wir schauen genau hin und stellen fest, dass sie (beide weit jünger als wir) nicht schwimmen kann. Schon speziell, dass es heute Menschen gibt, die nicht schwimmen können. Wir machen uns Gedanken, wie das kommen kann. Kommen aber nicht wirklich weit. Und fragen wollen wir auch nicht.

Unser lustige Wandertruppe findet sich am Pool wieder zusammen und wir liegen schwatzend im Schatten und tauschen unsere Lebensweisheiten auf französisch, belgisch, bröckeligem Deutsch und etwas englisch aus. Ich geniesse das Durcheinander und die Geschichten der Menschen berühren mich. Die junge Französin ist Musikerin und hat schon verrückt viele Preise gewonnen mit ihrem Piano. Die beiden Belgier sind Coaches und haben eine ähnliche Lebenseinstellung wie wir zu den Aufgaben des Lebens und der Seele. Der Franzose war vor seiner Pensionierung Bankdirektor und ist wohl unsterblich in seine junge Frau verliebt. Er selbst hat wohl noch 3 Kinder. Sie hat keine. Ob sie welche haben möchte bleibt etwas im Raum stehen, ich glaube, es ist schwierig, mit einem so viel älteren Mann zu planen.

Den Abend verbringen wir 6 im Camping-Restaurant, welches wir eigentlich nicht so toll finden. Wir bleiben auch heute bei der Meinung, finden aber den Abend dennoch traumhaft schön und geniessen das Beisammensein und das fröhliche Geschnatter. Nachdem man uns bestimmt-höflich raus gebeten hat (Rechnung und Licht aus…) treiben wir weiter an die Poolbar, an der es heute Disco und Magic-Cocktails gibt. Wir lachen und erzählen. Die Magic Cocktails sind wohl eine rechte Herausforderung für die kräftige barbusige Mittfünfzigerin an der Bar. Schlussendlich sagen Melilla und Gerd ihr, was in die Cocktails reinkommt und der Einfachheit halber nehmen wir Wasser, Cola und Caipirinha. Das sollte zu machen sein. Ist es auch.

Es ist alles in allem ein wunderschöner Abend, sogar ein wunderschöner Tag gewesen und wir stellen wieder einmal fest, dass auf Reisen die Begegnungen mit Menschen uns so sehr bereichern. Mein Herz hüpft vor Begeisterung und ich habe am Abend sogar ein wenig Bauchkribbeln aus Freude. Gerd meint allerdings, dass das Kribbeln im Bauch wohl eher vom Caipirinha kommt. Mir ist es egal, innerhalb ein paar Sekunden schlafe ich tief und fest und bin am nächsten Morgen (Huiiii, Abreise…) vollkommen erholt und ausgeschlafen.

 

 

 

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