Der Grosse-Reise-Traum – Tag 744

Der Grosse-Reise-Traum Tag 744

«Ihr lebt meinen Traum!» hören und lesen wir immer wieder. Und: «Oh, toll, was ihr macht, ich bin so neidisch!» auch nicht selten.

Wir möchten gern dazu mal etwas kommentieren. Und, weil ich so Wort-verliebt bin, gleich mal dazu aufrufen, achtsam mit den eigenen Worten und den daraus resultierenden Gedanken (oder andersrum?) zu sein.

Zuerst einmal: wir leben «unseren» Traum, nicht den anderer. Möglicherweise haben andere ähnliche Träume, dann steht dem nichts entgegen, diese zu träumen und, falls es die Möglichkeiten zulassen, auch zu leben (dass das nicht jedem gelingt, ist uns klar und wir sind sehr dankbar für die Möglichkeiten, welche uns das Leben geschenkt hat und wir daraus gemacht haben!).

Dazu gehört neben einer tollen Reise (und des Reise- und Dankbarkeitstagebuchs hier, und nur genau ist das hier: Notizen unserer Reise, nicht unseres Lebens) auch:

  • Leben zu zweit auf engstem Platz, kleiner als die meisten Gäste- oder Kinderzimmer. Wir leben auf weniger als 11 qm incl. Schlafgemach, Bad, Küche, Büro und Ankleidezimmer. (Haben recherchiert: sogar weniger als eine Gefängniszelle. Warum kommen wir nur darauf? Hm…)
  • Wir sind immer zusammen, 24/7. Das heisst, alles wird gemeinsam erlebt: Freude, Wut, Telefonate, der Gang zum Klo, Wolle- und Haarfusseln allüberall, Wäsche- und Abwaschberge, zu volle und zu leere Kühlschränke, Einkäufe, Budget- und Routenplanung. Jeder Furz und jeder Stinkefuss.
  • Das ist mehr Beziehungsarbeit und Toleranz-Training, als wir uns je vorgestellt hatten – und zugegebenermassen auch gar nicht wollten.
  • Es geht aber noch weiter: regelmässige Stellplatzsuche, in jedem Supermarkt neu orientieren, ständig Währungen umrechnen, die Sprache oft nicht verstehen, unseren geliebten Kräutertee vermissen und besonders bei Familien-Events aus der Ferne winken.

Natürlich hat auch Goethe hierzu eine Meinung:
«Das ist das Angenehme am Reisen, dass auch das Gewöhnliche durch Neuheit und Überraschung das Ansehen eines Abenteuers gewinnt.»

Und nun kommen wir zum Neid: Wir haben zum Neid mal recherchiert. Todsünde und so. Neid kann auch Missgunst beinhalten. Dabei glauben wir, dass das Wort einfach nur falsch verwendet wird.

Gerade beobachte ich mich selbst. Unsere Tochter reist gerade durch und arbeitet in Asien, in Gedanken beneide ich sie. Nein, korrigiere ich mich selbst, ich freue mich mit ihr und wäre auch so gern dort. Wärme, Strand, Thai-Food.

Aber da gibt es noch einen weiteren Gedanken, denn: Wer jetzt immer noch neidisch ist, der betrachtet eigentlich nur den Ist-Zustand (und vermutlich auch da nur den für sich sichtbaren, nicht den realen) ohne Kenntnisnahme des Weges hierhin und alle nicht öffentlich dokumentierten Lebensbereiche. 

Und dennoch: es lohnt sich für uns absolut, es ist anstrengend und es ist (meistens) wunderschön. Und wir nehmen so viel mehr mit als nur die Erinnerung an Begegnungen, Strände, Scones mit Cream und Botanische Gärten. Allein beim Durchblättern der hier vorliegenden Seiten wissen wir, dass unsere Entscheidung für einander und für unterwegs ziemlich die Beste war und ist.

Also, welcher Traum schlummert in deinem Herzen und will langsam mal gelebt werden?


Merci fürs «Mitreisen»

Wir überlegen, im Sommer wieder eine Reisepause zu machen und unsere Familien in Deutschland und der Schweiz zu besuchen. Mit dabei ist eine Idee, einen Vortrag über unsere lange Reise bis an den persischen Golf vorzubereiten. Falls Ihr Lust hättet, was würde euch am meisten interessieren? Hier werden wir auch Geschichten erzählen, die hier auf dem Blog keinen Platz finden. Wir denken an den Raum Bern und Berlin – einfach, weil wir da Familie haben. Aber auch andere Orte wären vorstellbar. Schreibt uns gern.

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Dirk Dautzenberg
Dirk Dautzenberg
1 Jahr zuvor

Guten Morgen ihr beiden,

ah, ich liebe Eure Blicke hinter die Kulisse. Kulisse ist jetzt nicht das richtige Wort, sugeriert ihr würdet uns sonst etwas vorspielen, nein, sonst lasst ihr uns „nur“ an den super schönen Eindrücken teilhaben.

Ja, von dem was ihr macht träumen viele. Denke, ein paar aus diesem Kreis könnten sich an die eigene Nase fassen, denn wenn sie wirklich den Hintern hoch bekommen würden, hätten sie auch diese Möglichkeit. Denn bei aller Euphorie für Euer tun, diesen Schritt so zu machen wie ihr, da gehört auch eine Menge Mut zu, so finde ich.
Der Einblick ins Kastenwagenleben, klasse! Meine Frau bekommt max. 3 Wochen Urlaub am Stück die wir in den Sommer legen. Sie möchte es im Sommerurlaub warm und Sonne haben. Daher kommen für sie/uns derzeit die nördlichen Regionen bei der Planung nicht sonderlich in Betracht. Nördlich, das fängt spätestens bei deutscher Nord- Ostseeküste an. So fahren wir also gerne nach Italien oder Kroatien. Wir sind ja selber in einem Kawa unterwegs. Da die Rechnung mit dem schönen Wetter meist aufgeht, leben wir so im Urlaub, ausser zum Schlafen, nur draußen. Wir können also das von dir beschriebene Engeleben nicht geniesen. Lediglich in Kurzurlauben (also noch kürzer als 3 Wochen) im Frühjahr oder Herbst, erleben wir die echten Ausmaße unseren mobilen Heimes… 🙂

Das Wort Neid ist für mich auch eher negativ besetzt. Denke aber auch, die meisten meinen, sie freuen sich an Euren Erlebnissen.

Liebe Grüße an Euch
Dirk

Heike Burch
1 Jahr zuvor

Lieber Dirk, danke dir für deine schönen und wertschätzenden Worte.
Ja, das mit dem Süden verstehe ich voll und ganz, uns zieht mehr denn je auch in die Sonne. Die ersten Pläne sind gemacht und Stühle und Tisch warten schon sehr auf ihren dauerhaften Draussen-Einsatz. Auch die Markise fragt sich, warum sie hier oben im Norden mitfahren musste…

Ganz liebe Grüsse – aus mittlerweile England!

Karin Lindemaier
Karin Lindemaier
1 Jahr zuvor

Hallo Ihr Beiden, ich lese täglich mit großem Interesse Eure Beiträge – auch und besonders heute. Regt sehr zum Nachdenken an 😁. Sehr aufrichtig von Euch, auch mal die weniger schönen Seiten aufzuzeigen! Vielen Dank für Eure Ehrlichkeit 😁!

Gislinde
1 Jahr zuvor

Guten Morgen, Ihr beiden!

Der Text hat mich sehr angesprochen. Auch ich kenne das. Du machst meine Traumreise, ich bin so neidisch auf Dich. Von manchen Leuten jeden Tag.

Und wie Du schon sagtest. Es ist meine Traumreise. Und ich bin glücklich, dass ich in meinem kleinen Microcamper mit dem passenden Namen Troll alleine unterwegs bin.

Ich halte nichts davon, mit anderen zusammen zu fahren. Es ist mein Traum. Es ist das, was ich will. Für mich ist es richtig, für andere?

Ihr lebt so, wie Ihr das möchtet. Und das ist gut so. Es ist Euer Traum.

Bei Euch kann ich mich nur bedanken für den Tipp mit der Nordlandbahn. Die Fahrt war super. Und mein Troll wartet in Bodø auf mich.

Meine Traumreise nach Norwegen hat meine Erwartungen übertroffen. Ich habe tolle Menschen kennengelernt. Und ich weiß, wenn ich auf die Fähre fahre, ich traurig bin. Obwohl ich mich auf zu Hause freue.

Euch beiden noch viele schöne Erlebnisse. Ich freue mich immer von Euch zu lesen, andere Länder kennenzulernen. Und ich bin nicht neidisch auf Euch.

Liebe Grüße aus dem schönen Trondheim
Gislinde

Bianka
1 Jahr zuvor

Hallo Heike und Gerd,
ich verfolge Eure Reise schon seit einer ganzen Weile und finde Eure Berichte sehr interessant und kurzweilig. Mein Mann und ich leben seit 4 Jahren dauerhaft im Wohnmobil (ca. 14 m²) und verbringen die Winter immer in Skandinavien. Oftmals werden wir auch beneidet. Ich sage immer, selbst wenn Du den Neidern ein Wohnmobil schenken würdest, wären sie nicht bereit, so zu leben wir wir es tun. Es ist einfach eine Lebenseinstellung. Ich kann Deine Gedanken sehr gut nachvollziehen und wünsche Euch weiterhin eine gute Zeit auf Reisen in Zweisamkeit.

Rachel Hirt
Rachel Hirt
1 Jahr zuvor

Liebe Heike, lieber Gerd.

Meine Gedanken sind bereits ausreichend von den Vorher-Schreibern notiert worden.

Es ist mir jedoch ein Bedürfnis zu sagen:

Das Wort „Neid“ ist – mich (persönlich) betreffend – nicht negativ gemeint.
Im Gegenteil.
Es ist Bewunderung für das was ihr tut und Ausdruck meiner Freude, dass ihr mich/ uns daran teilhaben lasst.
Auch Bewunderung für die Zwischenmenschliche Leistung.

Dass es nicht immer lustig ist, auf so kleiner Fläche und immerzu zusammen, ist bestimmt fast jedem klar.

Ich könnte es definitiv nicht!

Ich hatte das schon.
Allerdings war dieses Fahrzeug 11m lang und wir waren höchstens 2 Wochen unterwegs.
Ich habe dabei gelernt:

Es ist nicht die Größe der Räumlichkeiten, die sowas möglich oder unmöglich macht.
Es ist der Umgang miteinander.
Die Rücksicht, der Respekt, die Art miteinander zu sprechen, das Verständnis, die Toleranz.

Meinem Begleiter hat das alles gefehlt und ich konnte nicht damit umgehen.
Weder in dem 11m Teil auf Rädern, noch im Haus mit viel Platz. 🤷

Liebt euch, egal auf wieviel Quadratmetern.
Dass ihr das tut, habt ihr längst bewiesen.

Liebe Grüße
s’Racheli

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