Wir mögen keine Reise-Treffen. Und wie wir dann doch all unsere Vorurteile über Bord werfen und beginnen, Reise-Treffen zu lieben.
Es ist gar nicht so einfach, dieses Wochenende «da unten» in Bayern in Worte zu fassen. Nach vielen Wochen Sommer in der Türkei, in Griechenland, in Italien, in der Schweiz und schliesslich in Deutschland, treffen wir den Herbst von seiner härtesten Regen-Seite – pünktlich zum Pritz Globetrotter Treffen.
Warum wir hier sind, wissen wir eigentlich nicht so genau. Conny und Chris vom Orga-Team meinten wohl, dass wir tipptopp zu all den anderen Globetrottern passen würden. Als wir ankamen und all die verrückten und teilweise riesigen Expeditionsmobile sahen, rutschten unsere Herzen in die Hose. Wir spazieren immer mal wieder über den Platz und sehen freakiges. An Mensch und Fahrzeug. Nicht ein Fahrzeug glich dem anderes. Vielfalt par excellance.
Am Lagerfeuer lauschten wir Gesprächen über Differential, Sechsachser, 4×4, Wüstendurchquerung und Solarkraftwerk. Aber auch wir konnten punkten: mit gerade frisch gekochter Pflaumen-Konfitüre. Aus bayrischen Pflaumen, direkt vom Bauern im Nachbardorf.
Chris und Conny drängten darauf, dass wir unseren Vanlife-Vortrag «Wie wir es schaffen, jahrelang im Van zu (über)leben» halten. Nur das Wort Vanlife möge bitte nicht vorkommen, das sei nicht so beliebt unter echten Globetrottern. Na gut, aber was sollen wir den erfahrenen Weltenbummlern hier erzählen?
Die Aufregung stieg, wir gingen ein ums andere Mal durch unseren Vortrag und irgendwann merkten wir: So viele Reisende wir treffen, so viele Reisearten gibt es. Und jede einzelne ist richtig. Und so liessen wir uns darauf ein, die Leute dort in unsere Reise mitzunehmen, mit all ihrer Faszination.
Doch erst einmal hiess es, einen geeigneten Stellplatz zu finden. Die Wiese lag in einer Senke, umgeben von Bächen. Die riesigen Pneus der Expeditionsmobile und LKWs zerpflückten die schöne Wiese in Sekundenschnelle. Der Regen, der dann pünktlich am Donnerstag einsetzte, weichte Wiese und Fahrspuren in eine schöne schmierige Mischung auf. Wir parken Felix lieber nochmal um und sind zunächst der Meinung, dass wir hier alleine herauskommen. Wir sind echte Grünschnäbel.
Am Verkaufsstand von Tom fand ich zum Glück noch ein paar kniehohe Gummistiefel, die mich über das Wochenende retteten. Bäuerlicher Chic war hier viel praktischer als der schicke Vanlife-Lifestyle.
Morgens geniessen wir Weißwürste zum Frühstück (unglaublich, dass ich das erlebe), verbringen die Abende am Lagerfeuer und plaudern mit den unterschiedlichsten Globetrottern. Bei den einen steht das Fahrzeug im Vordergrund, hier Tankgrösse, dort Profiltiefe der Reifen. Bei anderen sind es die Geschichten, die das Reiseleben schreibt.
Chris und Conny machen schliesslich die Angabe, dass sich etwa 350 Fahrzeuge im Camp befinden und anscheinend etwa 700 Leute dort sind. Plus die Tagesbesucher, die nur zu den Vorträgen kommen. Wow. (Unser Magen dreht sich bei der Zahl, warum nochmal hatten wir für diesen Vortrag zugesagt?)
Die Tage bis zum Samstag fliegen dahin, wir lernen wunderbare neue Menschen kennen, treffen alte Bekannte und schauen immer wieder zur Wetter-App. Regen, Regen, Regen. Die Wiese verwandelt sich in einen kleinen See, in den Fahrspuren bleiben meine neuen Stiefel stecken, während ich weiterlaufe, und ich komme nur mit Mühe über den Platz. Gerd nimmt mit seinen halbhohen Wanderschuhen eh schon den Weg über die Strasse, nix mit Matschpampe. Aber irgendwie auch super. Wann kann man schon mal so richtig im Schlamm stapfen?
Trotz des heftigen Regens und der Befürchtung, dass viele des Wetters wegen fernbleiben, sehen wir keine einzige missmutige Miene. Überall freundliche Menschen, fröhliche Sprüche, Einladungen zu Lagerfeuern und überall Reisegeschichten. Nicht ein einziges Mal ein Spruch zu unserem ganz normalen von-der-Stange-Camper. (Zumindest nicht zu uns, also alle zeigen viel Höflichkeit)
Während viele ihre Fahrzeuge in- und auswendig kennen, manche sogar bis auf die letzte Schraube, halten wir uns an der Hoffnung fest, dass man alle Probleme im Leben mit Panzertape und Kabelbinder lösen kann. Und bisher liegen wir mit unserer Theorie ganz richtig. Achso, Gerd hat natürlich auch richtiges Werkzeug dabei: sein Schweizer Sackmesser. Bisher wurde es vor allem benutzt, um Fingernägel zu säubern oder Blumen zu pflücken.
In der grossen Reithalle dann ging’s los, der erste Vortrag war einfach mega (mit einem uralten total verrosteten Lada Niva kreuz und quer durch Afrika!). Und macht gleich mal Lust auf Afrika. Wir schauen uns beide an und merken, dass wir wohl mit unserem Felix nicht so weit kämen.
Weiter ging es mit einem Vortrag über Island. Meine Güte, wie schön ist das denn bitte dort? Sollten wir mal nach Island? Die Kälte der Reithalle lässt uns zwar frieren, aber ich schau’ gleich mal, wann die beste Reisezeit für Island ist. Hauptsaison würden wir auslassen, aber so einen schönen Herbst dort, warum eigentlich nicht?
In der Vortragsagenda steht nun unser Vortrag, also ab zum Soundcheck und schon steigt die Aufregung etwas. Da wir aber die Tage zuvor echt ausschliesslich wunderbare Gespräche geführt haben und uns richtig wohlfühlen, starten wir easy und kommen gut durch. Ich bin wieder einmal dankbar, dass wir gut vorbereitet sind (danke dir für deine wertvolle Hilfe, liebe Daniela!) und wir zwischendurch zum Durchatmen die Videos haben, die Gerd in stundenlanger Arbeit (hier wächst unsere Hochachtung für alle YouTuber ins Unermessliche!) zusammengefummelt hat.
Beim Vortrag wird mir erneut klar, wie grossartig die Entscheidung war, trotz aller Bedenken zu reisen. So komplett ohne Ahnung von irgendwas, einfach nur mit Neugier auf die Welt und dem Wissen, dass wir gemeinsam alles schaffen können. Die vielen Fragen im Anschluss und auch der Applaus tun uns gut und wir freuen uns, dass wir auch die alten Hasen gut unterhalten konnten.
Aber schon geht es weiter: Die Frauen vom Hof haben gebacken, die Kuchen sind allesamt mega. Danke euch für die wunderbare Orga, angefangen vom Platz, von der Müllentsorgung, Vortragstechnik (ganz grosses Kino!), Versorgung mit Brötchen am Morgen und Kuchen am Nachmittag, alles einfach super.
Gut gestärkt reisen wir ein weiteres Mal nach Afrika, diesmal mit Olga. Ein weiterer Vortrag voller Action, Autoschrauberei, Festfahren in Wüsten und einfach traumhafter Landschaftsaufnahmen. Dieses Afrika reizt uns ein weiteres Mal. Wenn da nicht die vielen auf Globetrottertreffen üblichen Bilder von festgefahrenen Fahrzeugen und der vielen Schraubereien wären. In uns macht sich die Vermutung breit, dass wir hier mit Kabelbinder, Panzertape und dem Schweizer Sackmesser nicht ganz so weit kämen. Oder vielleicht doch?
Der letzte Vortrag nimmt uns mit nach Südamerika. Und ja, auch hier merken wir: Die Amerikas müssen auch mal sein. Gut, dass das Internet hier im Tal so schlecht ist, sonst hätte ich wieder mal nach Fähren für unseren Felix gesucht. Lieber nach Halifax oder doch lieber nach Montevideo? Lieber Kanada und USA oder lieber runter in den Süden?
Nachher geniessen wir einen schönen Abend im beheizten Zelt, wo wir mit Martina und Dylan wundervolle Gespräche führen und ein bisschen die Welt retten. (Dylan ist unser heimlicher McGyver – den verlinkten Film anschauen lohnt sich!) Spät, sehr spät fallen wir überglücklich ins Nest. Und by the way: Gut, dass wir per Knopfdruck die Heizung anstellen können und es in noch nicht mal 10 Minuten kuschelig warm in unserem Südflügel wird.
Den letzten Morgen – yeah, es regnet nicht mehr – starte ich mit einer Runde Yoga. Statt auf der überfluteten Wiese findet die Veranstaltung nun in der vertrauten Reithalle statt. Mia führt uns liebevoll durch die Bewegungen, während draussen die Esel lautstark wetteifern und sich tatsächlich die ersten Sonnenstrahlen zeigen. Ist das klasse? Jeder hat ein Lächeln auf den Lippen, wir beginnen den Tag in bester Stimmung.
Doch indessen – es ist Abreisetag – wird es ernst. Mit Bangen beobachten wir, wie die ersten Mobile durch den Schlamm schlittern und entweder auf die Strasse gelangen. Oder auch nicht. Wir beschliessen erst einmal, ein gemütliches Frühstück zu starten. Schliesslich stehen wir in erster Reihe und haben somit eine wunderbare Aussicht auf all die Versuche der anderen. Ich bin total begeistert von allem, aber bei Gerd spüre ich, dass Unruhe aufkommt.
Unser Abschlepphaken – den alle anderen natürlich für ihre Autos dabei haben – liegt bei Mama im Keller. Aber – Gedankenblitz – wir haben ja eine Anhängerkupplung. Lassen wir uns also rückwärts mit Traktorenkraft und Feingefühl hinausziehen. Denn mittlerweile ist klar, alleine kommen wir hier nie und nimmer mehr raus.
So räumen wir langsam unser Zeug zusammen, verschenken noch die letzten Gläser frischgekochter Pflaumen-Gomfi und machen uns parat. Gerd lenkt unser Zuhause rückwärts in Richtung Schlamm-Paradies und ich stapfe mit meinen neuen Stiefeln mitten rein in den Modder. Denn das muss gefilmt werden, so oft haben wir sowas schliesslich (hoffentlich) nicht. Denn wenn wir mal alt und klapprig sind, haben wir wieder eine kleine aufregende Geschichte unseren dann vielleicht existierenden Enkeln zu erzählen.
Danke noch einmal, dass wir von Conny wirklich ernsthaft überredet wurden, hierherzukommen. Und was wir sagen können: Das ist jetzt ein Treffen, das uns richtig gut gefallen hat. Wenn wir im nächsten Jahr wieder in der Nähe sind, ist es ziemlich sicher, dass wir wiederkommen!
Ein ganzes Wochenende fröhliche Menschen, Reise-Virusifizierung, Gummistiefel-Happiness und einfach mal 4 Tage keine Politik-Verdrossenheit, keine Alltags-Sorgen, einfach mal so richtig Abstand. Danke an alle!
Merci fürs «Mitreisen»
Hier findet ihr unsere künftigen Vorträge:
Hier sind unsere aktuellen und vergangenen Vorträge aufgelistet. Anmelden könnt ihr euch über die beim Termin stehenden Links. Vermutlich kommen immer mal wieder welche dazu, also merkt euch den Link!
Termin: 25. & 26. Oktober 2024 Unsere Vorträge: 25. 10. 14:00 Uhr & 26.10. 10:40 Uhr Ort: Schweiz, zwei Vanlife-Vorträge auf dem Suisse Caravan Salon Bern Anmeldung: nicht nötig, aber du musst für den Caravan Salon Eintritt zahlen (oder melde dich bei uns, wir können ein paar Tages-Tickets verschenken). Termin: 25. & 26. Oktober 2024 Unsere Vorträge: 25. 10. 12:00 Uhr & 26.10. 14:00 Uhr Ort: Schweiz, zwei Vanlife-Vorträge auf dem Suisse Caravan Salon Bern Anmeldung: nicht nötig, aber du musst für den Caravan Salon Eintritt zahlen (oder melde dich bei uns, wir können ein paar Tages-Tickets verschenken).
Termin: 24. November 2024 16 Uhr (Türöffnung 15 Uhr)
Ort: Deutschland, Landgasthof zum Mühlenteich 15345 Eggersdorf bei Berlin
Anmeldung: https://forms.gle/5XFgSz31NKzmCzmT8
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Vielleicht mögt Ihr mal auf unserer Website vorbeischauen, falls Island wirklich ein Reisziel für Euch wird: https://ski-web24.de/island2014/frame.htm Wir können es nur empfehlen, Island ist ein Traum! Viele Grüße an Euch beide
Wow, vielen lieben Dank! Da werden wir doch gleich mal reinschauen, wenngleich wir wohl kaum mit unserem Van dort rüber fahren werden. Vielleicht mieten wir uns einen dort?
Liebe Grüsse – Heike