Iran – Abschiede sind immer blöd, dieser ist wundervoll

Iran – Abschiede sind immer blöd, dieser ist wundervoll

Nach ein paar Tagen mit «unserer» neuen Familie wollen wir weiter. Mama, Schwestern und Brüder wollen nichts davon wissen, aber wir müssen und wollen weiter. Wir versuchen zu erklären, dass das Weiterfahren zum Konzept einer Reise gehört. Ja, das wüssten sie, aber man müsse doch nicht alle Konzepte mitmachen.

Irgendwie haben sie recht, aber irgendwie auch nicht. Wir wollen wieder los, wir sehnen uns nach dem Meer, nach Sonne und den türkisblauen Wellen des Persischen Golfs.

Also beschliessen wir, dass es morgen weitergeht. Okay, die Familie zieht alle Register, der Abend wird wieder super: Nach dem Essen fahren wir mit mehreren Autos in die nächste Stadt. Als wir fragen, was wir dort machen: Eis essen und chillen! Okay, das können wir. In der Eisdiele kommt es zu einem kleinen Gerangel, ich versuche für alle zu bezahlen, nix da, der Besitzer der Eisdiele steckt mit den Männern unter einer Decke. Es wird gelacht und ich werde freundlich lachend einfach von der Bezahlmaschine weggeschoben. «So weit kommt es noch, dass unsere Gäste bezahlen!» 

Nach dem Eisessen fahren wir auf einen romantisch in allen Farben beleuchteten Berg. Hier trifft man sich freitags zum Chillen, Picknicken und Singen. Heute ist es leer, aber allein unsere Familie ist gross genug, um den Platz mit Leben zu füllen.

Weiter geht es zum Heiligtum, mittlerweile ist es mitten in der Nacht, aber auch hier ist die ganze Familienenergie im Heiligtum zu spüren. Baby auf dem Arm, Oma und alle dazwischen bestaunen mit uns den Schrein. Der auch hier wieder bunt beleuchtet ist.

Wir verabschieden uns noch einmal von Fatemeh, die eigentlich schon längst nach Shiraz aufbrechen wollte. Und stellen später fest, dass sie geblieben ist.

Wir kehren im Familien-Restaurant ein, das extra für uns noch einmal seine Pforten öffnet. Wir trinken Tee, knabbern so etwas wie Kitkats und hören laut, ich würde fast sagen sehr laut, iranische Musik. Es wird gesungen, geklatscht und natürlich auch geredet. Alles durcheinander.

Wir geben uns der Musik hin, sind einfach in der Familie, in der Musik, in der Kultur versunken. Und sind gespannt, was noch kommt.

Am Morgen, beim gemeinsamen Frühstück, erklären wir ernsthaft, dass wir weiter fahren werden. Wir werden mit allerlei Lebensnotwendigem eingedeckt: Unsere Thermoskanne wird mit Tee gefüllt, in unseren Vorratskeller (wir haben ja einen doppelten Boden, den wir für unsere Vorräte nutzen) wandern iranischer Tee, Rosenblüten, Süssigkeiten, selbstgemachte Gewürzgurken und als Geschenk bekommen wir eine Kette mit all den wichtigen Dingen, die man so mitbringt: ein paar Reiskörner, etwas Salz, ein paar Gewürze, etwas Mehl. Ein ganz zauberhaftes Geschenk, ein Symbol dafür, dass all diese Dinge nie ausgehen dürfen.

Wir packen die letzte trockene Wäsche zusammen (natürlich durften wir die Waschmaschine benutzen), wollen vom Hof rollen, da kommt der Koch vom Restaurant mit zwei grossen eingepackten Tellern: «Es ist Essenszeit, wenn ihr nicht hier essen wollt, nehmt das für unterwegs mit!» «Wir sind doch nur zu zweit, wer soll das alles essen?» «Das schafft ihr schon», versichert er uns.

Zum Abschied, jetzt aber wirklich, wollen sie uns noch ein paar Kilometer begleiten. Und ob die Frauen bei uns im Felix mitfahren dürfen? Klar, sie steigen ein und ich erinnere mich Gott sei Dank noch an ein iranisches Lied von gestern Abend (Shazam sei Dank!), lasse es laut im Radio laufen und die Party kann beginnen. Kaum sind zwei Takte gespielt, sind die Leute hier in Stimmung. Und stecken uns sofort an.

Nach 5 Kilometern, einem Stopp an einem Supermarkt (wir müssen noch ein paar kalte Getränke, ein paar iranische Kitkats, 6 grosse Flaschen Wasser und Selfies mit dem Supermarktbesitzer mitnehmen) wird mitten auf der Strasse angehalten. Jetzt, so scheint es uns, heisst es wirklich Abschied nehmen. Wir umarmen uns (also Männer die Männer, Frauen die Frauen) und müssen versprechen, wirklich, wirklich wiederzukommen und diese Familie nie zu vergessen.

Wie könnten wir diese Familie jemals vergessen? Wie nur?

Bezüglich der Fotos: Wie immer, ich hab nicht viel fotografiert und wir haben auch nicht von allen ein OK für die Veröffentlichung.

leben pur

leben pur

leben pur

leben pur

leben pur

leben pur


Merci fürs «Mitreisen»

Wir überlegen, im Sommer wieder eine Reisepause zu machen und unsere Familien in Deutschland und der Schweiz zu besuchen. Mit dabei ist eine Idee, einen Vortrag über unsere lange Reise bis an den persischen Golf vorzubereiten. Falls Ihr Lust hättet, was würde euch am meisten interessieren? Hier werden wir auch Geschichten erzählen, die hier auf dem Blog keinen Platz finden. Wir denken an den Raum Bern und Berlin – einfach, weil wir da Familie haben. Aber auch andere Orte wären vorstellbar. Schreibt uns gern.

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