Iran – Eine der schönsten Bahnstrecken der Welt – Andimeshk – Dorud und retour

Iran – Eine der schönsten Bahnstrecken der Welt – Andimeshk - Dorud und retour

Eine der schönsten Bahnstrecken der Welt. Sagt man. Wir sind auf unseren Reisen schon mehrfach auf die lautmalerischen und marktschreierischen Marketingkampagnen der Regionen hereingefallen. Die Grösste, die Schönste. Die Älteste, die Tiefste oder gar die Höchste und so weiter und so fort.

Meistens war es auch schön, gross, alt oder tief oder eben hoch. Meistens waren unsere Erwartungen entsprechend den Texten riesig. Und wie das so ist mit Erwartungen: Sie sind dazu verdammt, enttäuscht zu werden. Wenn man ohne Erwartungen reist, kann man auch nicht enttäuscht werden.

Aber: So einfach ist das nicht. Und wenn Erwartungen erfüllt oder übertroffen würden, wäre das doch auch was!

Also suchen wir in Andimeshk einen Parkplatz für unseren Felix, stehen dann in einer kleinen Gasse zwischen Polizeistation und Gymnasium und laufen zum Bahnhof. Wir wollen uns nach einer Möglichkeit erkundigen, diese wunderschöne Zugfahrt durch eine bergige Canyonregion zu machen. Nachdem Gerd noch seine Schreck lindern muss (er wurde von der Polizei streng ermahnt, dass kurze Hosen nun wirklich nicht angemessen seien!), fragen wir uns durch den Bahnhof.

Wir befinden uns in einer Region des Irans, in der man mangels Touristen auf jegliche englische Beschilderung und Sprachkenntnisse verzichtet. Wir fühlen uns ein wenig, als könnten wir nicht lesen, schreiben, sprechen und hören. Okay, lächeln geht. So lächeln wir uns durch den Bahnhof bis zum Bahnhofsvorsteher, unser Telefon glüht, Google Translate spricht für uns und wir erfahren, dass es einen Zug um 6 Uhr morgens gäbe. Wir sollten früh da sein, 30 Minuten früher würde reichen. Sicherheitshalber frage ich noch, ob es Toiletten im Zug gäbe und wie lange die Fahrt dauern würde. Ja, Toiletten gäbe es, etwas zu essen auch. Wie lange die Zugfahrt dauern würde, wisse man nicht, aber der Rückzug fahre um 2 Uhr in Dorud ab und das würden wir auf jeden Fall schaffen.

Gut, jetzt Tickets kaufen und gut. «Nein, ihr braucht keine Fahrkarten! Ihr seid unsere Gäste.» Ach ja, das ist ja mal was Neues. Wir glauben es auch nach Monaten im Land einfach nicht, denken mal wieder an einen Übersetzungsfehler.

Am nächsten Morgen stehen wir pünktlich um 5.30 Uhr am Bahnhof, sicherheitshalber haben wir Zahnbürste und Wechselschlüppi dabei, falls wir den Anschluss in Dorud doch nicht schaffen und übernachten müssen. Unser Felix wird derweil auch gut bewacht, die Versicherungsagentur, vor deren Tür wir parken, hat unsere Telefonnummer und wird uns informieren, wenn etwas ist. (Dass sie uns zum Tee eingeladen haben, brauche ich wohl nicht zu erwähnen, oder?)

Der Bahnhofsvorsteher empfängt uns, wir dürfen zuerst einsteigen. 1. Klasse (der Unterschied ist nur die etwas grössere Beinfreiheit, sonst, na ja…). Wir nehmen Platz und sofort kommt eine Frau und sagt uns, dass wir nebeneinander sitzen sollen und nicht gegenüber. Aha, warum? Das sei eben so.

Während wir im Zug sitzen, beobachten wir plötzlich den «Train-Run». Irgendjemand hat das Zeichen gegeben, dass man jetzt einsteigen kann. Der Himmel und die Menschen rennen los, kriechen unter dem Zug durch, um auf den richtigen Perron zu gelangen und werfen ihre Taschen durch die Fenster auf die Sitze. So geht hier Platzkarten-Reservation. Das Ganze erinnert uns an die Zugfahrt von Colombo nach Candy in Sri Lanka. Auch ein Abenteuer. Irgendwann haben alle einen Platz und es wird gepicknickt. Natürlich dürfen wir nicht unsere eigenen Sachen essen, wir müssen hier und da probieren.

Eine meiner Theorien ist, dass man hier im Zug zu viel isst, weil ständig die Bänke durchbrechen. Auch die, von der mich die Frau verjagt hat, die jetzt selbst darauf sitzt und plötzlich auf den Boden knallt. Ich lächle und denke kurz still und heimlich «Karma». Die kleinen heimlichen Freuden…

leben pur

Einer der Mitreisenden lacht allerdings laut über den Zusammenbruch der Bänke und sagt nur einen Namen: «Reza Schah!» Ich schaue ihn fragend an und er meint, dass die Strecke von Reza Schah durch die Berge getrieben wurde und die Züge selbst aus dieser Zeit stammen. Ich schaue kurz nach: Er war von 1925 bis 1941 Schah von Persien. Okay, dafür sind die Züge doch gar nicht so schlecht.

Die Sonne geht langsam auf und wir fahren 6 Stunden durch eine der schönsten Gegenden, die wir je gesehen haben. Der Zug schlängelt sich durch unzählige Schluchten, unten die Flüsse, rechts und links Felsformationen von einzigartiger Schroff- und Schönheit! Gut, dass wir vorher den Speicher der Kamera geleert haben, Gerd knipst und knipst. Ich mache ein Video nach dem anderen. Meine Güte, ist das schön hier.

Von unseren Teheraner Freunden, denen ich ein paar Bilder schicke, bekomme ich die Nachricht, dass die Provinzen Loristan und Khuzestan im Frühling am allerallerschönsten seien. Oh ja, das können wir bestätigen. Zwischendurch machen wir ein paar Nickerchen und jedes Mal, wenn wir aufwachen, ist es noch genauso schön.

Dass der Zug aus einem anderen Jahrtausend ist, haben wir gemerkt. Dass er leider auch richtig dreckig ist, versuchen wir einfach zu ignorieren. Was bleibt uns anderes übrig?

In Dorud haben wir – anders als erwartet – nur eine knappe Stunde Aufenthalt. Ich hatte etwas von 3,5 Stunden gelesen, aber da habe ich mich wohl geirrt. Also ruhen wir uns am Bahnhof aus, trinken dort schnell zwei Tee, gehen auf die Toilette (die im Zug ist wirklich nur für den absoluten Notfall, finden wir) und steigen wirklich in exakt denselben Zug ein, mit dem wir gekommen sind.

Auch hier versuchen wir zu bezahlen, der Conducteur schaut uns an, erkennt uns, lacht, schüttelt den Kopf und sagt irgendwas von «Nice try!» Und schon fahren wir die nächsten 6 Stunden wieder gratis. Warum? Warum nur? (Die Tickets kosten übrigens nur um die 2 Dollar, also das hätte nun wirklich nicht unser Budget gesprengt.)

Die Nachmittagssonne taucht die Gegend wieder in ein schöneres Licht, wir geniessen jeden Moment und kommen spät, sehr spät am Abend wieder in Andimeshk an. Dass wir uns hier aber kaum ausruhen können, hat einen anderen Grund. Aber dazu demnächst mehr!

Fazit: Unsere Erwartungen wurden übertroffen, wir sind einfach nur begeistert und würden diese Tour immer und immer wieder machen. Vielleicht nicht an einem Tag, sondern wir würden uns die Strecke auf zwei Tage aufteilen. Denn irgendwann tut auch uns Dauersitzern der Hintern weh.

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Merci fürs «Mitreisen»

Hier findet ihr unsere künftigen Vorträge:

Termin: 24. November 2024 16 Uhr (Türöffnung 15 Uhr)
Ort: Deutschland, Landgasthof zum Mühlenteich 15345 Eggersdorf bei Berlin
Anmeldung: https://forms.gle/5XFgSz31NKzmCzmT8


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5 Kommentare
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Missi
7 Monate zuvor

wunderbare bilder 🙂 danke

Martina
Martina
7 Monate zuvor

Wundervoll! Eine Bahnreise im Iran steht noch auf meiner Liste, wir haben nur einige Nachtbusse geschafft. Es waren die besten Nachtbusse, die ich je gefahren bin. Wobei soviel Vergleich habe ich gar nicht.
Danke, dass ihr eure Erlebnisse mit wunderbaren Worten und Bildern teilt. Meine Erinnerungen an den Iran vor 5 Jahren verblassen langsam etwas, da helfen die tollen Erzählungen. Wenig haben wir damals gesehen in der kurzen Zeit und Susa, Tschogha Zanbil und Shushtar stehen zu Oberst auf meiner Liste für die nächste Reise. Nur weiss ich noch nicht, wann diese sein wird. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt und wo sie mich hinzieht (das lässt sich nicht planen).Ich freue mich über weitere Beiträge und bin gerne auch an einen Vortrag dabei! Weiterhin gute Fahrt.

Burger
16 Tage zuvor

Uebrigens für das nächste Mal: Die Strecke Tehran – Sari ist auch sehr interessant. Habe sie schon über 13 mal gemacht und fasziniert mich immer wieder aufs Neue.
Mit bestem Gruss vom Freundeskreis Schweiz – Iran Vital

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