Iran – Flucht aus Yazd und der älteste Baum des Landes

Iran – Flucht aus Yazd und der älteste Baum des Landes

Die kleine Flucht der Frostbeulen

Wir haben die Nase voll. Es ist arschkalt, nachts springt die Heizung immer wieder an. Das nervt. Dafür ist es morgens still. Mucksmäuschenstill. Was ist los?

Ganz Yazd liegt unter einer Schneedecke verborgen, es ist diese typische Schneestille. Unsere Heizung schnurrt zwar noch, in unserem Felix ist es kuschelig warm. Doch die Stadt selbst verliert ihren Wüstencharme. Die Ausflugsziele sind uns egal, wir wollen Sonne, Wärme und weniger dicke Mäntel. Und wir beschliessen: Dann kommen wir eben wieder.

Also fahren wir früh los, ich habe es soooo satt zu frieren. Die Strassen sind voller Schnee, die Palmen am Strassenrand auch. Wir sind wohl die einzigen mit richtigen Winterreifen (das Universum muss es gewusst haben, schliesslich sind wir wirklich noch mit Winterreifen unterwegs!) und können so getrost über die Schneepiste rollen.

Nur: Wir haben die Rechnung ohne die anderen Autos gemacht. Was nützen uns die Winterreifen, wenn sich alle anderen im unsicherem Schneckentempo über die Strasse schieben? Das Ganze wird auch nicht besser, als wir die erste Schneeräummaschine sehen. Diese rutscht vor unseren Augen mangels guter Bereifung in den Strassengraben. Schnell wird Sand geschaufelt, die Maschine gräbt sich frei und schiebt den Schnee den Pass hinauf. Warum genau wir heute den Pass gewählt haben, können wir nicht sagen. Wir sollten es ja eigentlich besser wissen, dass in den Bergen auf den Pässen mehr Schnee liegt als in den Städten.

Irgendwann, Stunden später, unser Navi hatte 27 Minuten vorausgesagt, kommen wir unfall- und rutschfrei auf einer Hochebene an, die plötzlich einer Wüste gleicht. Von Schnee keine Spur, von Menschen erst recht nicht. In der Ferne eine Kamelherde. Hach!

Die Zypresse von Abarqu

«Bieg hier links ab!» «Warum, hier ist doch nichts.» «Doch, wir schauen uns einen Baum an.» «Einen Baum, aha.» Natürlich fällt mir nicht viel ein, ausser dass es ein alter Baum ist. Gerd ist wenig begeistert, sich einen Baum anzuschauen. Trotzdem bleibe ich hartnäckig und erzähle ihm, dass ich irgendwo von diesem Baum gelesen habe. Alt sei er. Also der Baum, nicht Gerd.

Kurz darauf stehen wir vor der alten Zypresse von Abarkooh (oder Abarqu, je nach Schreibweise). Ich lese vor, habe extra in einem Hostel ein paar Seiten aus einem Reiseführer der frühen 90er Jahre abfotografiert: Der Baum ist gerade 4.500 Jahre alt geworden. Sie sei der drittälteste Baum der Welt, nach einer Grossen Becken-Borstenkiefer (5.062 Jahre alt) und Methuselah (4.845 Jahre alt), die beide in den White Mountains in Kalifornien stehen.

Die Zypresse ist tief mit der iranischen Geschichte verbunden und findet sich in vielen Symbolen und in der alten persischen Poesie wieder. Die Zypresse von Abarkooh ist jedoch ein besonderer Fall. Er ist das älteste lebende Erbe Irans, 25 bis 28 Meter hoch, mit einem Stammdurchmesser von 11,5 Metern und einem Astdurchmesser von 18 Metern.

Natürlich ranken sich um einen so alten Baum viele Geheimnisse und Legenden. Einige Legenden führen den Ursprung des Baumes auf Japhet, den Sohn Noahs, zurück, während andere glauben, dass Zoroaster, der alte iranische Prophet und spirituelle Führer, den Baum gepflanzt hat. Einige Mythen schreiben dem Baum eine Seele zu, die ihn durch die Jahrhunderte trägt.

Egal, was man glaubt, wir, auch Gerd, finden den Baum beeindruckend. Er ist ungefähr 90 Mal so alt wie wir und könnte uns viel erzählen. Tut er aber nicht. Zumindest hören wir nichts.

Kühlschrank von anno dazumal

Weiter geht es Richtung Osten. Am Ortsausgang noch ein Eishaus, das in der iranischen Wüstenhochebene berühmt ist. Ein Yakhchal ist typischerweise ein grosser, freistehender Kuppelbau mit einem unterirdischen Lagerraum. Die Wände bestehen aus einem speziellen Mörtel namens Sarooj, der aus Sand, Lehm, Eiweiss, Ziegenhaar und Asche hergestellt wird. Dieses Material ist besonders widerstandsfähig gegen Wärmeübertragung und daher ideal für die Isolierung und den Schutz des Eises vor den Aussentemperaturen.

Das Eishaus in Abarkooh, eines der bekanntesten Beispiele dieser Art, nutzte die Kälte des Winters, um Wasser in grossen, flachen Becken gefrieren zu lassen. Das Eis wurde dann in den Yakhchal gebracht und mit Stroh und speziellen Isoliermaterialien bedeckt, um es bis in die Sommermonate zu konservieren. So hatten die Menschen auch bei extremer Hitze Zugang zu Eis und gekühlten Lebensmitteln.

Nach einem kurzen Stopp am «alten Kühlschrank» klettern wir wieder in unseren Felix, schauen kurz, ob unser «Eishaus» noch funktioniert und rollen weiter Richtung Osten. Denn morgen früh geht es nach dem heutigen Vorgeschmack auf die alten Bäume zu den wirklich alten Steinen!

leben pur

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Merci fürs «Mitreisen»

Wir überlegen, im Sommer wieder eine Reisepause zu machen und unsere Familien in Deutschland und der Schweiz zu besuchen. Mit dabei ist eine Idee, einen Vortrag über unsere lange Reise bis an den persischen Golf vorzubereiten. Falls Ihr Lust hättet, was würde euch am meisten interessieren? Hier werden wir auch Geschichten erzählen, die hier auf dem Blog keinen Platz finden. Wir denken an den Raum Bern und Berlin – einfach, weil wir da Familie haben. Aber auch andere Orte wären vorstellbar. Schreibt uns gern.

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