Iran – Zu Gast bei Freunden

Iran – Zu Gast bei Freunden

Es ist schon so eine Sache. Die Sache mit den Freunden. Bisher hatten wir unsere eigene Definition von Freunden. Für uns sind das Menschen, mit denen wir eine längere, gemeinsame Zeit verbringen. Wir können ihnen vertrauen, wir haben viele gemeinsame Erinnerungen. Dieses «Ich kann nachts anrufen und mich ausweinen» ist nicht so unser Ding, aber wir können immer um Hilfe bitten. Wir können zuhören, wir können reden. Besonders privates, persönliches, können wir mit Freunden teilen.

Und dann sind da noch die Reisefreunde. Das sind Menschen, die wir unterwegs treffen, mit denen wir ein paar Stunden, ein paar Tage oder vielleicht sogar Wochen verbringen. Für kurze Zeit sind es Menschen, mit denen wir sehr viel Zeit verbringen. Wenn sich unsere Wege trennen, bleiben wir manchmal in Kontakt. Manchmal verlieren wir uns. Und manchmal werden wir richtige Freunde. Dann freuen sich unsere Herzen ganz besonders.

Und seit kurzem lernen wir, dass wir im Iran sehr schnell Freunde werden. Eine ganz neue Definition für uns. Denn bisher haben wir zwischen Freunden und Bekannten unterschieden. Hier sind wir schnell Freunde. Zumindest sagt man das so. Liegt es vielleicht an der Sprache, die für diese so typisch deutsche Unterscheidung einfach keine anderen Worte hat? Wir wissen es nicht. Aber irgendwie ist es uns auch egal.

Unsere Handys füllen sich mit Telefonnummern neuer Freundinnen und Freunde. «Du kannst jederzeit anrufen, wenn du Hilfe brauchst oder auch einfach so!» Und wir glauben, dass das alles ernstgemeinte Angebote sind. Über Messenger aller Art werden wir gefragt, wo wir gerade sind, ob wir etwas brauchen, wie es uns geht und ob wir wiederkommen können, wir sind herzlich eingeladen.

So sitzen wir in Khoy bei Erfans Familie in der guten Stube. Der Tisch, der kein Tisch ist, ist festlich und vor allem reichlich gedeckt. Wir haben eine schöne Zeit, essen gemütlich und freunden uns an. Ich stricke mit der Mama, kann ihr sogar ein paar kleine Muster zeigen, die sie noch nicht kennt. Die französische Familie, die wir auf dem Parkplatz am Kreisverkehr kennengelernt haben, ist neben Erfans Familie eine grosse Bereicherung für diesen schönen Abend. Wir führen wunderbare Gespräche über den Sinn des Lebens, über mögliche Zukunftsvisionen und lernen auch viel über die Besonderheiten, die es im Iran zu beachten gilt (Nase putzen, Trinkgeld, Strassenverkehr, Verhandeln und so weiter).

Ein paar Tage später wollen wir Gas tanken. Wir haben die Temperaturen hier deutlich überschätzt und wollen, bevor wir heizungstechnisch leer fahren, sehen, ob das mit dem Tanken klappt. Der Tankstellenbetreiber will nicht so recht, aber ein anderer Kunde macht einen freundlichen Eindruck. Ich zeige ihm mein Handy-Display mit «Können Sie uns helfen?», er nickt, und schon klappt alles reibungslos. Eine halbe Stunde später haben wir unsere Gasflaschen wieder voll und eine Einladung zum Tee bei Ali.

So fahren wir ihm nach, und wenige Minuten später stehen wir beide bei Ali und seiner Familie im Hof. Die Mama strahlt und nimmt mich in die Arme. Sie umarmt mich herzlich, küsst mich rechts und links (und sagt dann auch Gerd höflich Guten Tag) und schon sitzen wir wieder in einer guten Stube voller wunderschöner, weicher und kuscheliger persischer Teppiche. Der Tee schmeckt wunderbar, die Orangen und Granatäpfel auch. (Wir lernen auch, wie man Granatäpfel ohne grössere Sauerei öffnet und isst.)

Ali übersetzt für seine Mama, wir zeigen wie immer Fotos von unseren Kindern. Und wie immer glauben sie uns nicht so recht, dass wir schon so grosse Kinder haben. Alis Mama will uns fast nicht gehen lassen, auf dem Smartphone übersetzt die App: «Danke, dass ihr hier seid, ihr habt meine Stimmung heute aufgehellt und mich so glücklich gemacht!»

Wir sind begeistert. Und berührt. Haben wir unseren Freunden jemals gesagt, dass das Zusammensein mit ihnen unsere Stimmung aufgehellt hat? Ja, vielleicht ein- oder zweimal. Aber sicher nicht beim ersten Treffen. Wir freuen uns sehr über die freundlichen und auch sehr höflichen Formulierungen hier.

Ein letztes kleines Beispiel?
Wir stehen in Tabriz vor der Metro. Die ist aber wegen eines Feiertages, den wir völlig übersehen haben, geschlossen. Also nehmen wir den Bus. Fatemeh, die auch vor der verschlossenen Metro steht, gesellt sich zu uns und fragt, ob sie uns helfen dürfe. Sie bezahlt unsere Busfahrkarten (wir kommen einfach nicht so schnell dazu, selbst eine zu kaufen), zeigt uns, wie man einsteigt (Gerd muss vorne einsteigen, wir Frauen hinten) und fragt uns, als wir am Bazar aussteigen, was wir uns ansehen wollen. Eigentlich wollten wir nur herumschlendern und uns alles anschauen.

Dann fällt mir ein, dass ich in irgendeinem Video gesehen habe, dass es in Tabriz einen typischen Frischkäse-Honig-Snack gibt. Ob sie das kennt? Nein, aber sie und ihre Freundin fragen herum. Und schon stehen wir mit ihr in einem kleinen Bistro und essen Sarshir & Asal. Auch hier: wir sind eingeladen, sie freuen sich so sehr, dass wir ihr Land besuchen, es sei ihr eine Freude und Ehre, uns zu diesem kleinen Imbiss einzuladen. Wir sind sprachlos und dankbar.

Später schleichen wir uns allerdings noch einmal allein in den Laden, kaufen den hier sehr beliebten Berg-Honig für uns. Endlich wollen wir etwas selbst bezahlen und müssen dafür noch einmal durch den Bazar. Aber das machen wir gerne, denn es gibt nichts Schöneres, als sich durch die Gassen des Bazars von Tabriz treiben zu lassen.

leben pur

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Wir haben die Erlaubnis für das Zeigen der Fotos, insbesondere die der Kinder, von den Eltern bekommen. Wir fragen immer zuvor.

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Merci fürs «Mitreisen»

Wir überlegen, im Sommer wieder eine Reisepause zu machen und unsere Familien in Deutschland und der Schweiz zu besuchen. Mit dabei ist eine Idee, einen Vortrag über unsere lange Reise bis an den persischen Golf vorzubereiten. Falls Ihr Lust hättet, was würde euch am meisten interessieren? Hier werden wir auch Geschichten erzählen, die hier auf dem Blog keinen Platz finden. Wir denken an den Raum Bern und Berlin – einfach, weil wir da Familie haben. Aber auch andere Orte wären vorstellbar. Schreibt uns gern.

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5 Kommentare
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Olaf
Olaf
2 Monate zuvor

Auch wenn ich mich wiederhole:
herzlichen Dank für das Teilen Eurer wunderbaren Erlebnisse.
Ich wünsche Euch weiterhin eine tolle Zeit!

Bis demnächst. ☀ Liebe Grüße, Olaf

Diana
2 Monate zuvor

Hallo Ihr Zwei,
ja jetzt schau ich doch nach langem einmal wieder in euren News Letter und zack; seid ihr im Iran. Wir waren gerade in Saudi und wir lieben die Gastfreundschaft. Iran waren wir 2003 und ihr werdet noch soviel schöne Begegnungen haben! Nach 20 Jahren, hat sich tatsächlich Ali Tayebi bei mir gemeldet, bei dem wir mit den Motorrädern, mitten in der Nacht gestrandet sind. Leider scheint meine Antwort nicht bei ihm angekommen zu sein.
Vielleicht kommt Ihr hier vorbei? das wäre mega. Ich schicke euch noch einmal ein Mail.

Wie ist die Stimmung ? aber das vielleicht, wenn Ihr im nächsten Land seid.
Lasst es euch gut gehen.

Diana

Martina
Martina
2 Monate zuvor

Ach wie schön, 6 Jahre ist mein Irankurztrip bald her und doch denke ich noch so oft daran. Meine Iranfreunde sind wirklich speziell. Kürzlich hatte ich Geburtstag und als ich aufgewacht bin schon 3 Nachrichten aus dem Iran auf dem Handy – mehr als von meinen Schweizerfreunden :-).
Tatsächlich schreibe ich einigen Freunden noch regelmässig, ich habe sogar eine Instafreundin, die ich noch gar nicht getroffen habe. Leider werden die Nachrichten in letzter Zeit immer frustrierter und ich wünsche mir echt wenig mehr, als positive Nachrichten. Solltet ihr in Mashad, Tehran oder Varzaneh (sehr zu empfehlen) vorbei kommen und Kapazität haben, jemandem einen Gruss auszurichten, lasst es mich wissen. Auf jeden Fall wünsche ich euch tolle Begegnungen und Einblicke.
Wir hatten damals ein etwas sehr stressiges Programm und wenig Begegnungen, aber jede einzelne hat uns berührt und vielleicht schaffen wir es irgendwann wieder in dieses wundervolle Land.

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