Marokko – Gewürze, echte Seide und authentisches Essen. Oder wie wir uns veräppeln lassen

Marokko – Gewürze, echte Seide und authentisches Essen. Oder wie wir uns veräppeln lassen Lesedauer etwa 8 Minuten.

Momentaufnahmen Marrakesch Teil 3

Unsere Reise nach Marrakesch dauerte nur drei Tage, doch die Eindrücke, die wir sammeln, hätten für Wochen gereicht. Die Stadt berauscht uns mit ihren Düften, den leuchtenden Farben, den vielstimmigen Rufen der Muezzins und den unzähligen leeren Latschen und Schlappen vor den Moscheen. Wir tauchten ein in die Welt der Taschen, Tücher, Schüsseln und Schalen und führten unzählige freundliche Gespräche mit den Händlern.

Ja, es kann manchmal anstrengend sein, immer wieder «nein» zu sagen. Doch hier in Marokko bleibt man stets freundlich, sowohl auf Käufer- als auch auf Verkäuferseite. Ein klares Nein wird respektiert. Interessanterweise fiel mir auf, dass ein Nein von mir als Frau eher akzeptiert wird als von Gerd. Wir vermuten, dass ein männliches Nein als Einladung zum Handeln interpretiert wird, während ein bestimmtes, aber freundliches Nein von einer Frau als endgültig angesehen wird. Vielleicht liegt es daran, dass die Frauen zu Hause das Sagen haben und die Händler dies auf uns übertragen.

Wir werden es nie genau erfahren.

Gewürze & Tee nicht nur kaufen, sondern zelebrieren

Ein echtes Einkaufserlebnis in Marrakesch wäre nicht vollständig ohne den Besuch einer Herboristerie. Diese kleinen Geschäfte bieten eine faszinierende Mischung aus traditioneller Heilkunst, Gewürzen und Schönheitsprodukten (Letzteres ja wohl komplett unnötig für uns, aber wem sage ich das?). Sie sind wahre Schatzkammern des Wissens über natürliche Heilmittel und aromatische Essenzen. Und vor allem: sie sind unterhaltsam. Ein Einkauf beginnt hier immer mit einer Tasse Tee.

Wir werden in eine bunt dekorierte, wohlriechende Ecke geführt, bekommen den ersten Tee und schauen uns um. Die Regale sind gefüllt mit Gläsern voller getrockneter Kräuter, duftender Blüten und exotischer Gewürze.

So entdecken wir Ras el Hanout, eine komplexe Gewürzmischung für marokkanische Gerichte, und Schwarzkümmelöl, bekannt für seine heilenden Eigenschaften. Aha! Natürlich darf Arganöl nicht fehlen, das sowohl in der Küche als auch in der Kosmetik verwendet wird. Ein Regal weiter finden wir Rosenblüten und Rosenwasser aus dem Dades-Tal und Berbertee, eine Mischung aus grünem Tee, Minze und verschiedenen Kräutern.

Der Verkäufer scheint alles im Kopf zu haben (ob er sich etwas ausdachte, wer weiss das schon?) und erzählte uns, welche Leiden wir hätten und dass er zufällig genau das richtige Mittel dafür habe.

Schlaflosigkeit? Kein Problem: Berbertee. Ständig müde? Tee Royale. Ramba-Zamba in der Nacht? Natürliches Viagra, kein Problem! Jüngere Haut? Hier ein Fläschchen, dort ein Cremchen. Verdauungsprobleme? Dieses Kristall, schön aufgelöst. Kopfweh? Hier ein Öl! So geht es stundenlang weiter, während wir den Ramba-Zamba-Tee verkosten und hoffen, dass wir in der Nacht überhaupt ein Auge zubekommen würden.

Allerdings muss so ein Ramba-Zamba-Tee schon mächtig wirken, wenn wir nach einem Tag zu Fuss in Marrakesch nicht todmüde ins Bett fallen sollen.

Aber irgendwie gefällt uns das Ganze. Wir werden verwöhnt, lachen gemeinsam und unsere Füsse erholen sich vom vielen Herumlaufen. Und ja, ein paar Tees und Kräuter landen in unserem Einkaufstüten. Zudem füllen wir gleich noch unsere Gewürze auf. Nur Curry kauften wir hier nicht, denn unsere Freunde Martina und Dylan, die gerade in Sri Lanka sind, bringen uns frisches Curry aus Dylans Heimatland mit.

leben pur

leben pur

leben pur

leben pur

«Einige der besten Erinnerungen werden in Flip Flops gemacht.» 

(Kellie Elmore)

Tücher und Strickjacken kann man einfach nicht genug haben. Finde ich. Finden wir. Also wir Girls. Gerd hingegen findet gar nichts dergleichen, er hat ein Jäckchen, «das geht doch noch».

So schlenderen wir durch die Souks der Stadt und überlegen, was uns wohl gefallen könnte. Hier ein Kissen, dort ein Tuch? «Oh, das könnte ich so schön über das Sofa werfen.» «Ja, da nimmst du dir den Sonnenuntergang der Wüste mit nach Hause!» Und schon bin ich verliebt. Vergesse dabei geflissentlich, dass ich gar kein Sofa habe. Aber das sind Details, die wohl keine Rolle spielen sollten, oder?

Echte Wolle, echte Seide! Und das hier: Kaktusseide, von der Agave! Natürlich handgemacht! Meine Mama macht das zu Hause auf ihrem Webstuhl! Und die Farben, natürlich alle biologisch und aus Henna, Minze, Safran oder Indigo! Der Verkäufer sieht meine Augen strahlen. Er erkennt meine Liebe zu Gewebtem, er hat einen Blick dafür. Und ich? Falle voll darauf rein. Ich glaube alles. Eigentlich – da ist es wieder, dieses Wort – eigentlich weiss ich es ja besser. Habe jahrelang Materialkunde gehabt, sollte wissen, wie sich Fasern anfühlen, kannte die Brenn- und Nass-Reiss-Probe.

Und was passiert? Ich verliebe mich in das Gefühl, hier auf dem Souk in der zauberhaften Medina Marrakeschs verführt zu werden. Ich kaufe keine Seide und Wolle, nein, ich lasse mir Erinnerungen in meine Einkaufstasche packen! Auch wenn ich das wunderschöne Sonnenuntergangstuch materialtechnisch später eher in die Ecke «Polyester» packe, wird es mich immer an die Tage mit unserer Freundin in Marrakesch erinnern. An das Verhandeln um den Preis, an die vielen versuchten Verkaufsgespräche und an die Teestunde im Nachhinein.

Und irgendwann, wenn wir mal wieder ein Sofa haben (wann eigentlich?), werde ich mich an ein Seide-Wolle-Tuch erinnern, welches ich mal über das Sofa drapieren werde. (Wenn ich das Tuch dann noch finde…)

Keine Bilder, weil wir sowas von im Moment lebten…

Nachtmarkt, Restaurant-Stress und lebenslange Garantien

Unseren vorletzten Abend wollten wir noch einmal Halli-Galli auf dem Jemaa el-Fnaa erleben. Man muss ganz genau aufpassen, was man sich wünscht: denn es könnte sein, dass sich Wünsche erfüllen.

So bummelen wir wohl erholt (Dachterrasse in unserem Riad sei Dank!) noch ein letztes Mal durch die Medina hin zum Foodmarkt auf besagtem Platz. Was wir nicht wissen, ist, dass es einen spielerischen und vor allem lautstarken Kampf um jeden einzelnen Gast gibt. Und wir rasselen direkt hinein. Begreifen erst später, wie das Spiel hier gespielt wird: Der erste Food-Stand-Besitzer spricht uns an, versucht zu erklären, dass er nun wirklich das beste Essen der ganzen Stadt habe. Stellt sich vor uns, verhindert nahezu das Weiterkommen. Wir sind ein wenig genervt. Der nächste Kunden-Einfänger kommt: «Bitte, lass die Kunden in Ruhe, sie sollen sich selbst entscheiden!» Nur um dann von ihm belagert zu werden, man könne eigentlich nur bei ihm das beste Essen der Stadt bekommen.

Ein Blick auf die Plastiktischdecken-verpackten Bierzelt-Garnituren zeigt, dass es eh überall das Gleiche gibt. Nachdem wir bei allen Ständen einmal das Spiel mitgespielt hatten – «Seid ihr das erste Mal hier?» «Das erste Mal in Marrakesch?» «Oh, eine schöne Kette!» «Schweiz? Chuchichäschtli!» «Nur bei uns gibt es das richtige marokkanische Essen!» «Hier gibt es lebenslang Garantie auf das Essen!» – setzten wir uns völlig ermattet an irgendeinen Tisch. Die Köche jubeln, singen ein Gewinner-Lied! Und schon rasseln in die nächste Falle: Wir sind hungrig, bestellen einmal alles und fragen nicht nach dem Preis. Was sind wir doch für Touristen!

Das Essen kommt, schmeckt tatsächlich vorzüglich, ist wie immer viel zu viel und als wir dann irgendwann fertig waren, werden wir doch tatsächlich verscheucht, die nächsten Gäste würden gern unsere Plätze einnehmen. Ein gemütlicher Tee nach dem Essen? Fehlanzeige! Bezahlen müssen wir schon im Stehen auf dem Weg, das Ganze war so doof und gleichzeitig müssen wir wieder einmal über uns lachen. Wir wissen es ja eigentlich besser, müssten uns eigentlich mal besser vorbereiten.

«Lebenslange Garantie!» wird uns ewig in Erinnerung bleiben.

Das Beste jedoch: unseren allerletzten gemeinsamen Abend verbringen wir dann wieder in einem wunderschönen afrikanischen Dachterrassen-Restaurant mit vorzüglicher nordafrikanischer Küche. Wir essen Dinge, die wir nie zuvor gekannt hatten, werden verwöhnt mit wunderbaren Getränken und exotischen Desserts. Und einer bezaubernden Bedienung. Also: wir können es ja, wir müssen es nur wollen!

leben pur

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