
Wir sind wieder unterwegs, geniessen das Nomadenleben. Gerade noch in Rabat, nun in Casablanca. Bis vor Kurzem wusste ich nicht einmal, dass Casablanca – das weisse Haus – in Marokko liegt.
Noch nie reisten wir so unvorbereitet wie diesmal nach Marokko. Auf der Fähre fragt Piti nach unserer Route. «Wenn das Wetter gut ist, nehmt die Küste in den Süden!» Wolf und Marianne raten uns, zuerst nach Asilah zu fahren. Der Reiseführer bleibt weiterhin ungelesen. Wir wollen selbst erkunden, nicht vorgefertigten Routen folgen.
Nun sind wir also in Casablanca. Warum? Der Name klingt exotisch, fremd und verzaubernd. Warum? Wir wissen es nicht. Den gleichnamigen Film haben wir nie gesehen. Wir sind Traumtänzer – und es gefällt uns. Wir lassen uns treiben, inspirieren. Warum auch nicht?
Nach dem Abschied von Rabat dachten wir, alle Städte seien so. Gemütlich, klein, sauber. Falsch gedacht: Casablanca ist das wirtschaftliche Zentrum des Landes. Kilometerlang fahren wir an Hochhäusern und Wohnblöcken vorbei, bis wir den Atlantik und unseren Stellplatz erreichen.
Mit dem modernen Bus Nr. 5, für 50 Cent pro Person, erreichen wir nach einer halben Stunde die Moschee Hassan II. Unsere neuen Reisefreunde Katrin und Mario haben eine Führung gebucht. Für uns gleich mit. Auch Nicht-Muslime dürfen die Moschee besuchen, allerdings nur mit Führung. Das machen wir!
Es ist Freitag, und wir kommen zum Freitagsgebet. Der Muezzin ruft (oder singt?) in einer wunderschönen Melodie, immer wieder dieselben Sätze. Viele Menschen strömen zur Moschee, eilen an uns vorbei hinein.
Nach dem Gebet beginnt unsere Führung. Schon auf dem Vorplatz spüren wir die Grösse der Moschee: Wir laufen eine Weile bis zum Eingang. Die Moschee, 1993 fertiggestellt, bietet Platz für 25.000 Gläubige im Inneren, weitere 80.000 auf dem Vorplatz. Unter ihm liegt ein riesiges Parkhaus für über 1000 Fahrzeuge.
Das 210 Meter hohe Minarett ist das höchste der Welt. Ein nächtlicher Laserstrahl zeigt Richtung Mekka, symbolisiert spirituelle Verbundenheit. Die Moschee steht teils über dem Atlantik – ein poetisches Design, das den Koranvers «Der Thron Gottes ruht auf dem Wasser» widerspiegeln soll.
Die Bauarbeiten dauerten sieben Jahre, über 10.000 Handwerker und Künstler waren beteiligt. Besonders beeindruckend sind die handgeschnitzten Zedernholztüren, kunstvollen Mosaike und der ausfahrbare Dachmechanismus – über 1000 Tonnen schwer –, der die Moschee bei Bedarf zum offenen Gebetssaal macht.
Beim Betreten ziehen wir die Schuhe aus. Wir bekommen – wir sind begeistert – Mehrwegbeutel für die Schuhe.
Marmorböden und Murano-Glas-Kronleuchter zeugen von Detailreichtum. Fast alle Materialien stammen aus Marokko, nur die Türen aus russischem Titan und die Fenster und Kronleuchter aus Italien, so der Guide.
Die Wand- und Holzbemalungen sind mit natürlichen Farben gemalt: Grün aus Minze, Gelb aus Safran, Braun aus Henna, Blau aus Indigo. Ich zweifle, ob Minze solch leuchtendes Grün ergibt. Aber der Guide strahlt sehr überzeugend und ich traue mich nicht, nachzufragen.
Auf dicken Teppichen beten zu den Gebetszeiten die Männer. Frauen nutzen einen seitlichen Eingang, beten auf hölzernen Balkonen. Etwa 5000 Frauen finden dort Platz, der Rest ist den Männern vorbehalten. Eine Frau in unserer Gruppe fragt, warum so viele Männer und wenige Frauen beten würden. Der Guide lächelt: Frauen hätten zu Hause Aufgaben, Kinder, Küche. Ich kommentiere das nicht, aber wer uns kennt, weiss, dass ich da nicht mitgehe. Gerd nimmt es wie immer deutlich gelassener.
Das Bauwerk ist imposant, direkt am Meer gebaut, erdbebensicher, erfahren wir. Bis eben dahte ich mit keiner Silbe an ein mögliches Erdbeben, nun hoffen wir, dass heute keine Spannungen in der Erdkruste auftreten.
Im unteren Teil der Moschee lernen wir die rituellen Waschungen vor jedem Gebet kennen. 25.000 Menschen zum Waschen an die symmetrisch angeordneten Brunnen zu schleusen, ist beeindruckend.
Wir sind begeistert von der Schönheit dieses Bauwerkes. Die Farben, das Sonnenlicht vom Meer und die Kristallkronleuchter schaffen einen märchenhaften Zauber. Der Besuch endet, aber wir lernen noch: Das viele Grün hier steht für den Islam, den Frieden und das Paradies. Das lässt uns hoffen!
Kurz schlendern wir noch durch die Medina und merken, dass Casablanca nicht Rabat ist: laut, abgerockt, müffelig in den Ecken. Vieles, was uns nicht gefällt. Doch es gibt ein schönes Restaurant, wo wir «Marokkanische Harira» (Harira ist eine herzhafte und aromatische Suppe mit Kichererbsen, Tomaten, vielen Gewürzen und wird oft mit Datteln oder Chebakia serviert.) und andere Köstlichkeiten geniessen. Ein schöner Tagesabschluss.
Dann geht es mit «unserem» Bus Nr. 5 nach Hause. Ein letzter Blick auf das Meer, Tschüss und gute Nacht Casablanca !































Merci fürs «Mitreisen»
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Wunderschön beschrieben, liebe Heike!
Unn die Bilder sind wieder einmal das i-Tüpfelchen! 👍
Danke dir, Du Liebe!
Grüsse von «nebenan»
Gerd & Heike