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Nach einer ausgedehnten Mittagsruhe auf unserer Dachterrasse und einer langen Moderation eines Online-Events machen wir uns auf den Weg. Der Himmel hat sich in ein tiefes Schwarz gehüllt, die Sterne funkeln wie Diamanten, und Marrakesch wartet nur darauf, von uns entdeckt zu werden.
Die Gassen sind hell erleuchtet, die Händler in ihrem Element. Manchmal müssen wir uns durch die engen Passagen drängen, so voll ist es. Esel ziehen Karren durch die Medina, während tausende knatternde Mofas und Kleinmotorräder hupend und kreuz und quer durch die Gässchen fahren. Und mittendrin wir, zusammen mit tausenden anderen Fussgängern.
Wir bewundern die nächtlichen Obststände, schnuppern an exotischen Gewürzen und Kräutern. Plötzlich – wie es abends wohl typisch ist – tauchen überall kleine Stände mit süssem Gebäck auf. Und dann die typischen Läden mit Tüchern, Teppichen, Schmuck und vielem mehr. Wir schlendern durch die Gassen und lassen unsere Sinne von der lebhaften Welt des abendlichen Marrakesch verzaubern.
Bis wir plötzlich wieder auf dem Jemaa el-Fnaa stehen. DEM Platz! Hier tobt das Leben. Und ja, wir hätten nicht gedacht, dass es noch lauter werden könnte. Hier trifft man sich, hier ist es bunt! Während wir über den Platz bummeln und versuchen, uns nicht zu verlieren, schallt es von allen Seiten: singende und trommelnde Musikanten. Links eine Melodie, rechts eine andere, und von weiter hinten schon wieder die nächste. Kaum zücken wir die Kamera, um etwas zu filmen oder zu fotografieren, wird uns im Gegenzug die hier übliche Bast-Schale entgegengehalten: für ein kleines Hutgeld, wie wir in der Schweiz sagen würden. So wandern Dirham für Dirham in alle möglichen Schalen, unsere Ohren haben schon auf Noise-Canceling-Modus umgestellt (sonst wäre das kaum zu ertragen!), und wir drei, alle ein bisschen erschöpft von den vielen Eindrücken, schauen uns an und wissen: Es ist Zeit für Ruhe, Zeit für eine Pause, Zeit für ein Abendessen.
Das erste Restaurant scheint schön und der Gastgeber sehr freundlich. Doch als wir sitzen, merken wir, dass es uns hier zu laut ist. Neben der Vorfreude und dem Hunger macht sich ein weiteres Gefühl breit: eine leichte Aggression grummelt im Bauch, zu viele Eindrücke, zu viel Rummel, zu viel Lärm. Auch dafür hat unser Gastgeber Verständnis und nennt uns ein anderes Restaurant, wo wir auf die Dachterrasse gehen sollen. Dort sei es leise und man verzichte auf Musik. Danke, du verständnisvolle Seele!
Kaum sitzen wir in diesem netten, wenn auch nicht besonders schönen Restaurant der Ruhe (wie cool, dass hier jemand erkannt hat, wie wichtig kleine Oasen im Gewusel sind!), bestellen wir und bekommen wirklich gutes Essen. Wenn wir ehrlich sind, hätten wir am Jemaa el-Fnaa eher Touristennepp erwartet. Aber nein, der Abend ist gelungen, wir fahren etwas herunter, bestellen typische marokkanische Gerichte und geniessen den Ausblick auf den Platz.
Ich versuche, mich an unsere Gespräche zu erinnern, aber es will mir nicht gelingen. Und ich vermute, dass wir einfach nur dasassen, schweigend und in unserem Innern die Eindrücke verarbeiten mussten. Wieder einmal wird mir bewusst, wie sensibel wir mittlerweile sind und wie intensiv wir auf Eindrücke reagieren. Was gut ist, wenn wir es selbst dosieren können.
Wir überlegen, noch einmal über den Jemaa el-Fnaa zu spazieren, nehmen uns das dann aber für den nächsten Tag vor. Morgen ist ja auch noch ein Tag.
Also machen wir uns auf den Rückweg ins Riad. Denken wir. Doch eine gefühlte Abkürzung führt uns Gasse für Gasse weiter weg von unserem Weg. Hier naschen wir etwas, dort befühlen wir «handgewebte» Tücher. Mittlerweile sind wir weit weg von unserem ursprünglichen Weg, dafür jedoch in einer lebhaften Gegend ohne Touristen. Hier pulsiert die nächtliche Stadt der Einheimischen.
Und ganz plötzlich sind die Gassen leer. Und dunkel. Eine merkwürdige Stimmung: drei Touristen streunen durch verlassene Gassen, ab und zu huscht eine wilde Katze durch den Müll, und noch seltener rauscht eines dieser Mofas an uns vorbei. Wir sind ehrlich, so recht mag uns das nicht gefallen. Ich zücke mein Handy und navigiere uns schnell zurück in belebtere Gegenden. Und so dauert es auch gar nicht lange, bis wir in die Gasse zu unserem Riad einkehren. Statt gemütlicher Runden in den Sofas des Riads fallen wir todmüde in unsere Betten.
Dass das Riad mehr als hellhörig ist und die anderen Gäste polternd in ihre Zimmer kommen (und noch ganz andere hörbare Dinge tun), ist uns mehr als egal: uns fallen die Augen zu.
Danke, du wunderbares Leben, für einen weiteren eindrucksvollen, lauten, lebhaften und belebenden Tag!



























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