Zukunftsfähig leben – Nachhaltigkeit im Van – Neu-Kaufen oder Nicht-Kaufen

Zukunftsfähig leben – Nachhaltigkeit im Van – Thema Neu-Kaufen oder Nicht-Kaufen

Alle zwei Wochen Montag: «Irgendwas» mit Nachhaltigkeit.

Ich habe viel vor, ich habe tausend Ideen, die ich gerne teilen möchte. Schliesslich sind wir seit 2011 auf dem Nachhaltigkeits-Weg unterwegs und langsam habe ich das Gefühl, es wird nicht weniger.

Wo also anfangen? 

Wie fängt man mit Nachhaltigkeit an und wie lange dauert die Umstellung?

Am besten mit den einfachen Dingen, dann kann man die ersten Erfolge feiern und das motiviert doch am meisten, oder?

Ein rigoroser Kaufstopp wäre ein guter Anfang.

Egal, was das Herz an Materiellem begehrt: diesem Impuls erst einmal nicht folgen. Denn besser als jedes nachhaltige Bio-Öko-Sonstwie-Produkt ist genau das: keine neuen Produkte. 

Jedes gekaufte Produkt muss produziert, transportiert und später entsorgt werden. Und so verbraucht jedes Ding in seinem Lebenszyklus viele Ressourcen. Materialien, Transporte, Arbeitskräfte, Fabrikemissionen, Lagerplätze, Pflege, Reinigung, Wartung, Entsorgungskapazitäten (wieder Transporte, Arbeitskräfte, Lagerplätze, Recyclinganlagen usw.). Während des Gebrauchs der Produkte können ebenso Giftstoffe in die Umwelt entweichen. Im schlimmsten Fall auch in unsere Körper. 

Alles, was nicht gekauft wird, ist definitiv besser als das, was gekauft wird. Klar, oder? An zweiter Stelle würde ich die Nutzungsdauer setzen. Also wenn gekauft, dann lange, sehr lange nutzen. 

Das ist nicht so einfach, aber wenn man sich das bewusst macht, kann man schon mal anfangen. 

Hier ein paar Beispiele für längere Nutzung

  • Küchenutensilien kann man aus der heimischen Küche mitnehmen, man braucht keine zwei voll ausgestatteten Küchen (Töpfe kochen im Van genauso gut wie zu Hause, wenn man noch ein Zuhause hat).
  • Handtücher, Wasch- und Putzlappen, Decken, Bettbezüge, Kissen, Federbetten etc. findet man sicher auch im normalen Haushalt zu Hause (oder bei Mama, Oma, Freundin etc.), diese tauschen wir nur aus, wenn sie wirklich nicht mehr zu reparieren sind.
  • Kleidung kann die gleiche sein wie zu Hause: Man braucht im Van deutlich weniger Kleidung. Eine Modenschau ist seltener nötig und wenn man mit dem Wohnmobil unterwegs ist, braucht man auch nicht zu jeder Hose die passenden Schuhe und Handtasche. 
  • Wir haben: Wanderschuhe, (Turn-)Schuhe für jeden Tag und FlipFlops für Duschen ausser Haus und Sommertage (falls sie uns auch mal ereilen). Dazu kommen noch Crocs, die zwar schon Jahrzehnte alt sind, aber immer noch als Haus- und Campingschuhe taugen. Ach ja, und ich habe noch ein paar Ballerinas, falls es mal «hübsch» werden soll. 
  • Wir haben einen Rucksack, der zum Wandern und zum Einkaufen und zum Stadtbummel taugt, und Gerd hat sich in Schweden noch eine Souvenir-Handtasche mit Elch gekauft (die ich aber immer trage).
  • Bei der Kleidung halten wir es mit Steve Jobs, alles muss einfach und kombinierbar sein, damit wir nicht so viele Kombinationen brauchen. Wir haben auch Unterhosen für 3 Wochen, das ist unser Waschmaschinen-Rhythmus: alle 3 Wochen waschen.
  • Kleidung ist ein anderes Thema: Wir tragen fast ausschliesslich Wolle (ausser Hosen), die kann man viele Tage tragen, über Nacht auslüften und nur wenn Flecken da sind, kommt sie in die Wäschekiste.

Bei Anschaffungen fragen wir uns immer: Brauchen wir das wirklich neu?

Geht es nicht auch mit dem alten Teil? Können wir es irgendwo gebraucht bekommen? Oder wissen wir von etwas, das irgendwo ungenutzt herumliegt?

  • Wir haben von Barbara und Robert einen Wassersack von Ortlieb geschenkt bekommen. Der nun als Wärmflasche fungiert.
  • Ein dickes Federbett (Duvet) bekamen wir von unserer Freundin Regula, sie hatte eins zu viel.
  • Ein altes iPad haben wir von unseren Kindern bekommen, es lag bei ihnen ungenutzt herum. Und wir können nun abends gemütlich Videos schauen. Dafür reicht es allemal.
  • Ein geschenktes Tuch aus der Türkei benutzen wir als Tischdecke, warum auch nicht?
  • Reiseführer kaufen wir gebraucht oder leihen sie uns aus. Wenn wir mit dem Land «durch» sind, geben wir sie weiter.
  • Als wir gemerkt haben, dass wir unsere Action-Cam gar nicht brauchen, haben wir sie sofort verkauft.
  • Unsere Nikon D5100 ist wirklich alt, sie schwächelt in vielen Programmen. Aber wir warten, bis sie endgültig gestorben ist, bevor wir eine neue kaufen. (Wer also eine Kamera hat, die noch ganz ist, wir wären interessiert)

Es geht uns nicht darum, Geld zu sparen. Aber wir möchten Dingen, die den Produktionszyklus ohnehin schon durchlaufen haben, gerne eine längere Lebensdauer geben.

Neuanschaffungen? Noch okay, oder?

Ja, die gibt es auch bei uns. Manchmal aus purer Freude an den Dingen, wie unser neuer SUP, manchmal weil wir einfach keine passenden Stühle zum Arbeiten gefunden haben oder eben manchmal, wenn meine Strickprojekte neue Wolle erfordern. Aber dann geniessen wir die Neuanschaffungen in vollen Zügen. Ohne schlechtes Gewissen. Und hoffen, dass wir diese neuen Dinge möglichst lange besitzen, vielleicht auch mal an andere ausleihen (bei Wolle eher schwierig, beim SUP oder unseren Skiklamotten gerne und nie ein Problem) und uns möglichst lange daran erfreuen.

Und dann gibt es noch das Upcycling, das Wiederverwerten oder Umnutzen von Dingen, die nicht mehr gebraucht werden.

  • So schneide ich Strümpfe, die nicht mehr gestopft werden wollen, in Streifen und habe Haargummis, Verschlüsse für Müeslisäckli oder schiebe etwas breitere Sockenbündchen um Gläser, damit sie nicht aneinander scheppern. (Ja, für all das gibt es wieder Produkte im Camping- oder Beautyshop, aber das Material habe ich ja schon zu Hause).
  • Alte Handtücher, die nicht mehr richtig sauber werden wollen oder schon Löcher haben, schneide ich zu Putzlappen oder Toilettentüchern. Ja, richtig, zum Putzen nach dem kleinen Geschäft nehmen wir statt Toilettenpapier Stofftücher, wir nennen sie WC-Lümpli, die wir immer wieder waschen. Sparen uns damit ne Menge Toilettenpapier. Zum Thema WC oder besser Klo dann ein andermal mehr.
  • Die T-Shirts werden erst mal geflickt. Wenn sie das auch überstanden haben, enden sie auch als Putzlappen oder besagte kleine WC-Lümpli. 
  • Wir spülen Gläser aus und kochen unterwegs Marmelade oder Apfelmus ein, füllen lose gekaufte Linsen oder alle möglichen Körner und Gewürze in die Gläser. 
  • Gummis, gerne um Frühlingszwiebeln oder ähnliches gewickelt, wandern in unser Gummi-Glas. Denn Gummis zum Verschliessen brauchen wir immer. Und die breiteren von den Frühlingszwiebeln sind echt stabil!
  • Deko sammeln wir am Strand, in den Bergen oder auf Wiesen. Wir haben eine alte und wunderschöne Bambusschale, die wir immer wieder neu dekorieren und uns so an den Reiseandenken erfreuen.
  • Alte Wollpullover (wenn wir sie nicht mehr tragen wollen) ribbel (trenne) ich auf und rolle die Wolle schön auf, um dann Neues zu stricken.
  • Blumen kaufen wir nie, am Strassenrand oder auf Wiesen findet man immer ein paar Blümchen, die in die Vase wandern können.
  • Plastiktüten (wenn wir welche bekommen) benutzen wir so lange, bis sie reissen. 
  • Kerzenreste (oh ja, Kerzen sind auch so ein umweltfeindliches Ding in der Produktion und Verpestung, aber wir lieben Kerzen so sehr!) sammeln wir und verwenden die Stumpen dann als Lagerfeuer-Superzündi.

Wichtig bei allem ist: Wir stehen zu all unsere Entscheidungen

Es geht uns nicht um irgendeinen Verzicht. Wir definieren Nachhaltigkeit nicht über Verzicht, sondern über Fülle. Reichtum in dem Wissen, die Erde weniger zu belasten und dennoch zufrieden zu leben.

Es geht uns darum, dass wir an den Dingen Freude haben, die wir besitzen. Das ist auch ein wenig Einstellungssache. Wir sind eigentlich nicht glücklicher, wenn wir etwas kaufen. (Okay, bei Wolle mache ich eine Ausnahme, das könnte ich ehrlicherweise mit Glückskauf oder Ersatzbefriedigung betiteln)

Hui, das war erst einmal ein Rundumschlag zum Thema neu kaufen, gebraucht kaufen oder gar nicht kaufen. Wir sind sicher, jeder und jede hat hier noch eigene Ideen. 

Vielleicht konnten wir den Blick ein wenig schärfen? Welche Dinge könnte man besser nicht kaufen, gebraucht kaufen, tauschen, leihen oder vielleicht sogar upcyceln? 

Wir freuen uns über deine Ideen oder Fragen in den Kommentaren!

Links zum Thema

We feed the World
Österr. Dokumentation über Globalisierung der Nahrungsmittel-Produktion für EU: Ursachen, Auswirkungen, Rohstoffgewinnung, Produktion, Handel, Transport, Entsorgung, Gentechnologie.

Taste the waste
Deutsche Doku, zeigt Lebensmittelabfall in Industrieländern global. Folgt Mülltauchern und Bauern, zeigt Gründe und Menge an Abfall, z.B. wegen Normen. Zeigt Wege, Abfälle gewinnbringend zu nutzen. Konkrete Beispiele zeigen Probleme und erschreckende Ausmasse.

Plastic Planet
Doku: Regisseur sucht weltweit Antworten über Plastikindustrie, deckt Fakten und Zusammenhänge auf. Schadet Plastik Gesundheit, wer verantwortlich für Müllberge in Wüsten/Meeren, wer gewinnt/verliert? Zeigt Bedrohung für Mensch/Umwelt, dass Welt ohne Plastik unmöglich geworden.

The true Cost
Diese Dokumentation beleuchtet, wie es möglich ist, dass Kleidung so günstig verkauft wird und welchen Weg sie durchläuft, bevor sie im Laden landet. Sie zeigt, wie die Bekleidungsindustrie in mancher Hinsicht verzerrt ist, da teure Kleidungsstücke von Models auf Laufstegen präsentiert werden, während diese unter sklavenähnlichen Bedingungen in Drittweltländern produziert werden. Die Doku stellt die Herstellungsorte und Arbeitsbedingungen vor, beleuchtet den Wasserbedarf von Baumwolle und zeigt, wie Mensch und Natur ausgebeutet werden.


Danke fürs Lesen unserer Nachhaltigkeits-Gedanken. Alle zwei bis drei Wochen montags schreiben wir etwas über die Möglichkeit, zukunftsorientiert im Van zu leben. Wir versuchen, verschiedene Bereiche zu beleuchten und hoffen, ohne erhobenen Zeigefinger auszukommen.

Im Fokus steht bei uns die Freude am Vanlife und die vielen Möglichkeiten. Die überall übliche Weltuntergangs- und Verzichtskommunikation wollen wir vermeiden.

Alle Nachhaltigkeitsposts findest du gesammelt in der Kategorie Zukunft.

Du denkst, das könnte auch andere interessieren? Dann kannst du den Beitrag ruhig teilen. Per E-Mail oder wie du das auch immer möchtest.

Ausserdem kannst du, falls du es noch nicht getan hast, unseren Newsletter abonnieren. Hier bekommst du immer, wenn wir etwas Neues veröffentlichen oder einmal die Woche freitags alle unsere Erlebnisse in deine Mailbox: leben-pur.ch/newsletter

Oder du abonnierst nur unsere Nachhaltigkeits-Artikel. Das kannst du direkt hier machen:

* Pflichtfeld, klar, oder?

Wir freuen uns auch sehr über deine Ansichten, deine Tipps oder deine Fragen. Kommentiere doch einfach auf den Beitrag!

Liebe Grüsse – Heike & Gerd

 

Teilen:
Abonnieren
Benachrichtigen Sie mich bei
guest

6 Kommentare
Älteste
Neuestes Meistgewählt
Inline-Rückmeldungen
Alle Kommentare anzeigen
Rachel
Rachel
1 Jahr zuvor

Hallo ihr zwei lieben.

Schöner Beitrag. 👍

Wenn’s danach geht bin ich wohl die Ausgeburt des nachhaltigen Lebens.😂
Und selbst ich bin noch unzufrieden.
Ich besitze viel zuviel!
Auch wenn fast alles „Second Hand“ gekauft wurde. 🤷
Ich habe einfach zuviel Platz.
Auch ein kleines Haus soll hübsch aussehen, damit man sich drin wohl fühlt.
Eigentlich würde sowas wie euer Auto völlig ausreichen.
Wenig Platz, wenig Dinge!

Eine gute Reise weiterhin .

Liebe Grüße vom Racheli

Heike
Heike
1 Jahr zuvor
Reply to  Rachel

Liebe Rachel,
ja, das mit dem Zu viel besitzen kennen wir natürlich auch. Da gibt es zwei Möglichkeiten: damit deinen Frieden machen (du hast die Dinge ja nun mal) oder nach und nach verabschieden. Verschenken, spenden, umnutzen oder dann fachgerecht entsorgen.

Wichtig ist: mit einer guten Energie hineingehen, nicht verurteilen, sondern freuen. Eine Keller-Räum-Aktion kann doch Freude bereiten (im Nachhinein, klar) oder anderen einen Nutzen bringen.

Unsere Posts sollen ja inspirieren, nicht auf andere zeigen. Aber jeder Neukauf, egal ob es die neuen Reifen (kommt übernächsten Montag was dazu!) oder die neue gebrauchte Handtasche ist, kann man ja zuvor mal überdenken.

Ganz liebe Grüsse
Gerd & Heike

Dirk
Dirk
1 Jahr zuvor

Hallo ihr Beiden,

vielen Dank für die reichhaltigen Denkanstöße! Von eurem Handeln sind wir noch meilenweit entfernt. Aber kommt Zeit……

Macht es gut, habt weiter eine tolle Zeit!

Viele liebe Grüße
Dirk

Ruth Tischhauser
Ruth Tischhauser
1 Jahr zuvor

Liebe Heike
Vieles,was du schreibst, kann ich unterschreiben. Wir sind ja ebenfalls monatelang mit dem Van unterwegs.Da lernt man schnell, was nötig ist und was nicht gebraucht wird. Beim WC Lümpli aber muss ich passen… Auswaschen, wieder brauchen benötigt ja auch Wasser und die Möglichkeit, alles zu trocken. Bestimmt sind die Ansätze gut, aber weisst du, was es an Material braucht und vor allem wieviel in einem Alters / Pflegeheim?Da kommen Riesenmengen an Inkontinenz Material, Intimtüchern, Wäsche usw zusammen. Dir würden die Haare zu Berge stehen….Jeder einzelne kann etwas dazu beitragen, aber an anderer Stelle wird dein gutes Umdenken nicht ansatzweise umgesetzt. Könnte aber, geht aber schon wegen Vorschriften nicht.

de_DE