«Lass uns ein paar Wochen in Deutschland bleiben!» «Ja okay, wie wäre es mit Kalifornien?»
Ganz so ist es nicht gekommen, aber die Reisewünsche unserer Reisegruppe haben schon für Irritationen gesorgt. Aber warum Reisegruppe? Wir sind mal wieder mit unseren PuPis unterwegs. Vielleicht muss ich den Begriff PuPi kurz erklären: Vor vielen Jahren haben wir nach einer Publishing-Konferenz beschlossen, dass wir auch mal privat wandern gehen könnten. Wir wollten einmal den Laptop gegen die Wanderschuhe tauschen, den Blick auf den Monitor gegen den Blick in die Natur. Das Publishing Pilgern, kurz PuPi, war geboren.
Und so sind wir nun schon seit über zehn Jahren mit einer kleinen Gruppe unterwegs. Anfangs noch mit ambitionierten Wanderzielen und Campingkocher-Romantik, mittlerweile bleiben die Wanderschuhe auch gerne mal stehen und luxuriöse mobile Espressomaschinen und Gourmet-Kochen sind an der Tagesordnung.
Aber das Beste ist immer noch: die gemeinsame Zeit. So waren wir im Elbsandsteingebirge, in der Eifel, an der Nordsee, an der Mecklenburger Seenplatte, in der Schweiz, im Schwarzwald, im Harz (und wahrscheinlich habe ich noch ein paar Regionen vergessen).
Diesmal ging es nach Preetz in Schleswig-Holstein. Das zuckersüsse Haus (große Empfehlung!) war gebucht, wir zogen ein und es ging los mit wunderschönen Gesprächen, schönen Spaziergängen, Paddeln, SUP und Strandspaziergängen an der Ostsee.
Strand? Ja, wir fuhren an die Strände von Kalifornien und Brasilien, die tatsächlich am schleswig-holsteinischen Ostseestrand liegen. Mein kleines Recherche-Gen trieb mich sogleich an, herauszufinden, warum wir hier, direkt an meiner geliebten Ostsee, so weit hergeholte Namen finden. Und ich wurde fündig:
«Eine USA-Reise zum Beispiel kann man doch problemlos in Deutschland machen. Also zumindest nach Kalifornien. Auch im deutschen Kalifornien sind Sie praktisch direkt am Meer, nur die Sonne können wir Ihnen nicht garantieren. Kalifornien ist nämlich ein Ortsteil des Ostseebades Schönberg in Schleswig-Holstein. Dafür ist man von Kalifornien aus in wenigen Minuten in Brasilien. Denn Brasilien liegt hier direkt neben Kalifornien.
Wie es zu diesen kuriosen Ortsnamen kam? Nun, auch hier sind wir auf die Legende angewiesen. Die besagt, dass ein Fischer in der Nähe seiner Hütte eine morsche Schiffsplanke im Sand fand, auf der «Kalifornien» stand. Er nagelte es an seine Tür. Weil ein anderer Fischer neidisch auf das Schild war, hängte er auch ein Holzbrett an seine Tür. Rate mal, wie das Land heisst? Richtig: Brasilien!».
Da wir vor einigen Jahren schon einmal in Kalifornien waren, haben wir den direkten Vergleich: keine Strandschönheiten à la Baywatch, keine meterhohen Wellen, keine Outdoor-Fitness à la Venice Beach. Dafür traumhafte Sonnenuntergänge, weisser Sandstrand, himmlische Ostsee-Eisbecher mit frischen Erdbeeren oder Eierlikör & Apfelmus. Und das Beste von allem: mitten in der Hochsaison, mitten in den Sommerferien, direkt am Wochenende: kaum Leute. Wir hatten wirklich mit Gedränge und Strandtourismus gerechnet: im Gegenteil, es ist ruhig, gemütlich, fast möchte ich sagen verschlafen. Und genau das passt zu uns.
Am Abend dürfen wir unseren Freund*innen unseren Persien-Vortrag halten. Im Wohnzimmer unseres süssen Häuschens. Inklusive iranischer Teezeremonie und persischer Musik. Kulinarisch sind wir schon auf Gourmet-Niveau, aber kaum abwechslungsreich: Meistens gibt es einmal Risotto, einmal Fondue (im Sommer! Das macht man nur im Ausland), einmal Barbecue. Steht so in der Excel-Liste, die uns vorbereitet wurde. Von einem unserer PuPis, der dann leider krankheitsbedingt doch nicht mitkommen konnte. Liebe Grüsse und Genesungswünsche an dieser Stelle!
Die Qualität unserer Abendessen steigt von Jahr zu Jahr, so wie unsere aller Müsterchen. So merken wir, dass wir alle älter, interessanter, weiser (?) und auf jeden Fall schrulliger werden.
Werde ich jemals lernen, Messer nicht in die Spülmaschine zu stecken? Oder müssen Zwiebeln wirklich 20 Minuten gedünstet werden? Es gibt immer noch Diskussionen über die Qualität von Filterkaffee und Super-Duper-Espresso. Natürlich haben wir extra eine Buchhalterin dabei, die die Zahlen, die wir in die App eingeben, genauestens unter die Lupe nimmt. Wir merken, wer ziemlich oft auf Insta abhängt und wer jeden Film und deren Charaktere kennt. Wir lernen (oder vielleicht auch nicht), dass wir sehr genaue Anweisungen geben müssen. «Kannst du mir mal die Butter reichen?» führt noch lange nicht dazu, dass wir das gewünschte Fett bekommen. «Kommt darauf an.» Ist einer der Sätze, die wir lieben lernen müssen. «Schon wieder falsch!» ist eine der Reaktionen, die unisono aus der gesamten Gruppe kommen, wenn man nicht ein-eindeutige Anweisungen gibt.
Das Beste (jedenfalls für uns): die Handys und Laptops bleiben meistens zugeklappt. Wir schätzen unsere gemeinsame Zeit und leben im Jetzt. Auch wenn in dieser Ansammlung von Nerds (ja, das sind wir alle und selbst unsere Buchhalterin fängt an, mit Fachbegriffen aus der Publinsing-Welt um sich zu werfen) das geballte Wissen genutzt wird und mir bei einem MacOS-Problem geholfen wird. Es ist immer wieder schön, mit diesen Freundinnen und Freunden unterwegs zu sein. Wir fühlen uns willkommen, aufgehoben, gemocht. Was gibt es Besseres als das?
Und auch die Frage nach dem nächsten Jahr ist geklärt, zumindest die des Verantwortlichen. Also, es wird ein PuPi 2025 geben, so viel ist sicher. Jetzt müssen wir es ihm nur noch mitteilen.
Quelle: https://kommunal.de/ortsnamen-weltreise-deutschland
Fotos von Olaf Springorum, Klaas Posselt (danke euch!) und uns
Merci fürs «Mitreisen»
Hier findet ihr unsere künftigen Vorträge:
Termin: 24. November 2024 16 Uhr (Türöffnung 15 Uhr)
Ort: Deutschland, Landgasthof zum Mühlenteich 15345 Eggersdorf bei Berlin
Anmeldung: https://forms.gle/5XFgSz31NKzmCzmT8
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