Ich suche uns einen ruhigen Stellplatz direkt an der Donau, nur einen kurzen Fussmarsch von der Altstadt entfernt. Doch schnell lerne ich, dass Regensburg eine Stadt für Wochenendbesucher ist und gerade eine Kirmes stattfindet. Stellplatz: ja, Donau: ja, aber ruhig: Fehlanzeige.
Wir sind erschöpft, wollen nicht weiter suchen und entscheiden uns fürs Bleiben. Dann machen wir eben auch beim Nightlife mit, warum nicht?
Nach einem kurzen Vorabend-Ruhepäuschen schlendern wir erholter los, hinein in die Regensburger Altstadt. Schon auf der Donau sehen wir sie, die riesigen Donau-Kreuzfahrtschiffe. Mehrere Etagen hoch, ewig lang und voller Gäste. Schnell wird klar, die meisten von ihnen sind aus Amerika, ganz Regensburg spricht Amerikanisch.
Das Leben hat mehr Fantasie als wir Menschen: Wieder einmal völlig überraschend und dennoch voller Freude stellen wir fest, dass nicht nur eine Kirmes am anderen Ende der Stadt stattfindet, sondern auch ein Strassenkunstfestival. Ein wenig waren wir ja schon traurig, das geliebte Buskers in Bern zu verpassen, und schon sind wir hier in ein wunderschönes Strassenkünstler-Wochenende geraten. Hach, was sind wir doch für Glückskekse!
Wir schauen singenden, tanzenden und wirklich urkomischen Pantomimen zu. Von unserer Müdigkeit keine Spur mehr, uns geht es prima. Die Sommernacht ist lau, die Stadt schwirrt voller guter Energie und wir mittendrin. Wer hätte das noch vor ein paar Stunden im tristen Bayreuth gedacht?
Aber irgendwann sind auch die jugendlichsten Körper müde. Wir sind sogar so müde, dass uns der Lärm (Strassenbahn über uns, Schnellstrasse neben uns und ständiger Parkplatzwechsel um uns herum) auf unserem «Romantik-Stellplatz» nicht mehr stört. Wir schlafen tief und fest.
Der Samstagmorgen begrüsst uns mit Ruhe. Ich setze mich mit meinem Kaffee auf eine Parkbank an die Donau, beobachte die Reinigungsarbeiten auf den riesigen Schiffen, höre den Piepmätzen beim Tschilpen zu und bemale unser Tablett mit Farben, die ich schon ewig lang mit mir herumfahre. Die Idee hatte ich schon so lange, aber irgendwie kam ich nie dazu (fertig wird es dann allerdings erst Wochen später in der Schweiz, da ich irgendwie diese Lackarbeiten und -Düfte im Van nicht so cool fand).
Irgendwann, der Herr ist auch so langsam erwacht, gehen wir die Stadt entdecken: Sogleich ist wieder dieser Zauber da, diese Stadt nimmt uns gefangen. Die Sonne brennt auf die Pflastersteine der Altstadt, und sofort: das Gefühl, hier pulsiert Geschichte. Jahrhunderte alt, aber lebendig. Wir lassen uns treiben durch die engen Gassen, atmen den Duft von Kaffee (und ganz eventuell trinken wir hier und da ein Tässchen), hören dem Gemurmel der Menschen zu (am Morgen mehr Dialekt als englisch).
Auf dem Wochenmarkt am Neupfarrplatz tauchen wir ein in Farben und Stimmen, riechen frisches Brot, sehen pralle Tomaten und die geschäftigen Gesichter der Marktfrauen. Alles erzählt hier Geschichten. Und meine Fantasie dreht durch: Ich sehe mich mit mittelalterlichen Kleidern und einem Körbchen im Arm hier entlang schlendern. Gerd jedoch kapiert noch nicht mal, was ich meine. Nun denn, Gegensätze ziehen sich wohl an, sagt man.
Dann die Donau. Ein Boot nimmt uns mit – logisch, dass wir eine kleine Donaurundfahrt machen müssen – zieht uns hinaus auf das Wasser. Die Stadt rückt zurück, bleibt aber im Blick.
Wir unterqueren mehrfach die Steinerne Brücke. Fast 900 Jahre alt, und sie steht da, als wäre die Zeit nur ein flüchtiger Besucher. Erbaut zwischen 1135 und 1146. Damals, als der Handel florierte, war sie der feste Weg zwischen Ulm und Wien, die Strasse des Reichtums und der Begegnungen. Händler und Reisende zogen über sie, brachten Geschichten, Gewürze, Ideen. Und wieder wünschte ich, ich hätte eine Zeitmaschine. Mit ihren 16 Bögen spannt die Brücke sich über den Fluss, ruhig, stark. Ein Vorbild sogar für die Karlsbrücke in Prag. Würdevoll. Keine übertriebene Pracht, nur Stein und Wasser.
Dann der Dom St. Peter, hoch aufragend wie ein Wächter über der Stadt. Wir treten ein, die kühle Luft umhüllt uns (was in Anbetracht des heissen Sommertages auch mehr als nötig ist), und für einen Moment sind wir klein – und lebendig.
Seit Jahrhunderten prägt er das Bild von Regensburg, gebaut, um zu staunen, um innezuhalten. Die ersten Steine wurden im 13. Jahrhundert gesetzt, und mit jeder Generation wuchs er, Schicht für Schicht, ein Werk der Hingabe und des Glaubens. Die gotische Architektur, filigran und gleichzeitig gewaltig, lässt einen ehrfürchtig stehenbleiben. Im Inneren – das sommerliche Licht, das durch die hohen Fenster fällt, tanzt in bunten Farben auf dem Boden.
Wir sind einfach nur begeistert, dieses Regensburg gefällt uns. Und während wir ein letztes Mal an der Donau entlang zu unserem Felix schlendern, können wir uns sogar vorstellen, eine Donau-Kreuzfahrt zu machen. Bis nach Wien? Oder gar bis Budapest? Ja, warum eigentlich nicht?
Merci fürs «Mitreisen»
Hier findet ihr unsere künftigen Vorträge:
Termin: 24. November 2024 16 Uhr (Türöffnung 15 Uhr)
Ort: Deutschland, Landgasthof zum Mühlenteich 15345 Eggersdorf bei Berlin
Anmeldung: https://forms.gle/5XFgSz31NKzmCzmT8
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