
Nach fast einer Woche verlassen wir unseren unspektakulären, aber friedlichen Campingplatz. Ich arbeite immer noch an zwei grossen Projekten, die viel Zeit in Anspruch nehmen. Doch das Ende ist in Sicht, und Marokkos entspannte Atmosphäre bietet mir genau die richtige Ruhe, um diese Aufgaben zu bewältigen.
Beim Verlassen des Platzes begegnen wir tatsächlich noch einmal Piti, Elfie und Moritz. Wir kennen sie von der Fähre. Die beiden sind mit ihrem Hund Moritz als Reiseleiter für Seabridge in Marokko unterwegs, und irgendwie haben wir sie sofort ins Herz geschlossen. Vielleicht lag es daran, dass Piti in Genua am Hafen fast in unseren Felix stieg, mich «Schatzi» nannte und auf die Fähre fahren wollte. Erst als ich anmerkte, dass ich – bevor jemand «Schatzi» zu mir sagt – ihn gerne kennenlernen möchte, bemerkte er, dass er ins falsche Auto eingestiegen war. Wir mussten alle lachen, und so wurde Piti fortan zu «Schatzi».
Bevor wir weiterreisen, zieht es uns noch einmal nach Essaouira. Noch einmal Hafen, noch einmal Medina, noch einmal Dachterrassen-Feeling. Diesmal fahren wir direkt in die Stadt hinein. Das Camper-Mobil-Verbotsschild interpretieren wir für uns: Auf dem Strassenschild war ein Camper mit Alkoven abgebildet. Den haben wir ja nicht. Also kann das Schild unmöglich für uns gelten. (Diese Ignoranz wird sich heute noch nach dem Gesetz des schnellen Karmas rächen!)
Mitten in der Stadt, direkt am Strand, finden wir einen guten Platz und verbringen einen halben Tag in dieser wirklich schönen Stadt. Es fühlt sich heute an wie Urlaub. Hand in Hand laufend (auch verboten!), bummeln wir zum Schluss noch über die Promenade. Hatte ich schon mal erwähnt, dass mein Gatte Promenaden aller Art liebt?
Weiter geht’s zum Surfspot Sidi Kaouki. Hier soll sich die Surfer-Community treffen. Man ist hip, isst Bowls statt Salate und macht Yoga am Strand. Wunderschöne Sonne, meterhohe Wellen, ein traumhafter Strand, kilometerlang. Wenn da nicht der superstarke Wind wäre und der viele Müll. Wir «quetschen» uns zwischen die vielen, wirklich vielen Camper, laufen kurz zum Strand und merken: Das hier ist nichts für uns. Der Müll ist hier wirklich sehr dominant.
Die Esel-, Pferde- und Kamelhüter warten gelangweilt auf Kunden. Mitten im Dreck. Der Wind spielt mit Plastikflaschen, Tüten und benutzten Damenhygieneartikeln und lässt sie über Stellplatz und Strand tänzeln. Ich beobachte eine junge Frau, die mitten im Dreck auf ihrer Yogamatte wirklich beeindruckende Verrenkungen macht (ob der Figur «Verknotete Beine und Arme» bin ich begeistert, ob des Mülls rundherum bin ich schockiert). Und ich frage mich, ob sie schon so in ihrer Mitte ist, dass sie den Müll gar nicht mehr registriert. Und denke mir: Vielleicht sollte ich auch wieder mit Yoga anfangen.
Wir ziehen weiter, immer der kleinen, einspurigen Küstenstrasse entlang. Tausendmal müssen wir anhalten: hier die Esel, dort der zauberhafte Strand und wieder und wieder zum Ausweichen für den Gegenverkehr. Hier hätten wir hellhörig werden sollen: Das Karma klopfte schon leise an: Fahrt lieber auf der N1. Aber wir hörten den Ruf nicht, wir waren Touristen auf der Suche nach dem schönsten Fotospot.
«Noch 30 Minuten, dann kommen wir an einem schönen Strand an zum Einsam-Stehen.» Aus den 30 wurden dann knapp 2 Stunden, denn die einspurige Strasse löste sich auf, wir fuhren erst auf Schotter, dann auf Sand-Schotter. Die Strasse wurde zur Gasse und irgendwann winkte uns eine Frau im Kopftuch zu, hier gehe es nicht weiter. Die kleinen Mauern der Grundstücksbegrenzungen kamen auch rechts und links gefährlich nahe, wir sind in ein Dorf-Labyrinth geraten, die Strassen, wenn man sie so nennen will, sind nur noch eselsbreit.
Gerd muss nun unseren Felix in 27 Zügen wenden, er zirkelt und zirkelt, mittlerweile sind mehr Frauen aus dem Dorf zum Zuschauen gekommen. Sie aufgeregt, ich tiefenentspannt. Schliesslich kenne ich seine Fahrkünste.
Irgendwann kommen wir raus aus der Falle. Nur um in die nächste zu geraten: Eine Serpentine führt steil hinunter zum Strand. Schotter und knöcheltiefer Zuckersand obendrüber. Und Bodenlöcher in Kindskopftiefe. Felix schaukelt, Gerd ist genervt. Hier kommen wir nie wieder hoch. Ich denke dasselbe und sage: «Ach, das ist nix, das schaffen wir locker!» Nach zwei Sand-Kehren reicht es ihm. Er will zurück. So wird also wieder gewendet und mit einer Mischung aus Vollgas, vorsichtigem Loch-Umzirkeln und lauthals Bitte-Bitte- und Scheisse-Rufen schaffen wir es tatsächlich raus.
Wir schauen uns an und sind glücklich: Wieder mal ein kleines Abenteuer geschafft. Und beide müssen wir lachen: Was das doch kickt! Und beide merken wir, dass das zwar cool ist, aber wir es eigentlich nicht hätten haben müssen. Denn hier schräg in der Serpentine steckenzubleiben, kurz vor Einbruch der Dunkelheit, wäre jetzt nicht so cool gewesen. Aber wir haben es geschafft und suchen uns jetzt mal lieber etwas Ruhiges.





































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