Kesra, das höchstgelegene Dorf Tunesiens, ist ein geschichtsträchtiger Ort. Mit seinen 1200 Metern Höhe bietet es einen atemberaubenden Blick auf die umliegenden Berge und Täler.
Das Dorf ist berühmt für seine traditionellen, eng aneinander gebauten Häuser. Eine Attraktion soll der Wasserfall sein, der sich durch die Berge ergiesst und einen wunderschönen Anblick bietet. Doch wir versuchen vergeblich, die Schönheit des Wasserfalls zu erkennen. Da waren die Marketingtexter wohl etwas übermotiviert.
Eine echte Sehenswürdigkeit ist dagegen die byzantinische Zitadelle, die auf einem Hügel thront und einen atemberaubenden Blick auf die Stadt und ihre Umgebung bietet. Wir spazieren einmal durch die noch bewohnte Zitadelle, kaufen bei einer Berberin leckeres Kräuterbrot und überlegen, ob wir hier nicht ein paar Tage Pause machen und arbeiten wollen.
Über eine farbenfrohe Berbertreppe führt uns der Weg hinauf zur Felskante mit beeindruckender Aussicht und wir wissen: Ja, wir bleiben.
Während die Sonne den Horizont langsam orange färbt, fahren wir unseren Felix über abenteuerliche Serpentinen hinauf (und vermuten, dass diese Strassen eigentlich nur für 4×4 und die überall üblichen Motorroller gebaut wurden).
Oben angekommen, stellen wir uns schützend an eine Friedhofsmauer mit Blick in die Weite. Und das, das merken wir spät in der Nacht, ist eine gute Idee. Denn der Wind ist hier oben nicht zu unterschätzen!
Kaum haben wir angehalten, ruft es neben uns auf Bärndeutsch: «Hallo, was machen denn Berner hier?» Und weiter: «Willkommen in meiner Heimat.»
Ein Tunesier heisst uns willkommen, erzählt stolz von seiner Stadt und gleichzeitig, dass er hier nur auf Urlaub ist, eigentlich wohnt und arbeitet er in Bern. Ob wir genug zu essen hätten, ob wir etwas bräuchten, ob wir Hilfe bräuchten. Schnell werden Telefonnummern ausgetauscht und wir sind wieder einmal fassungslos über so viel Gastfreundschaft.
Aber das ist noch nicht alles, wie wir wenig später feststellen. Sein Bruder kommt eine halbe Stunde später mit einer Tasche voller Essen: frisches Brot, eine riesige Schüssel Couscous mit Gemüse und Fleisch, Harissa und gegrillten Peperoni (Paprika, für uns Deutsche).
Als wir die Tüte auspacken, denken wir, dass wohl noch 5 bis 10 Leute kommen werden, so viel wurde uns gebracht, aber das sind wohl tunesische Mengen, an die wir uns wohl nie gewöhnen werden.
Am nächsten Tag arbeiten wir fleissig bei bester Aussicht und viel Besuch von Truthähnen, Schafen, Ziegen und Hühnern, abends bringt Gerd das saubere Geschirr runter in die Stadt zu unserem Gönner. Vor der Tür wird er schon erwartet: Die Männer tauschen nur die Taschen: leeres Geschirr gegen volles. Heute gibt es gegrillten Fisch, Gemüse, eine andere Form von Berberbrot und Pommes frites. Und Harissa, klar, oder?
Ich decke den Tisch, wir essen unser Geschenk (unsere eigenen Sachen im Kühlschrank müssen warten!) und lachen inklusive Freudentränen. So schön!
Da klopft es an der Tür, es ist wieder der Bruder, er bringt uns ein Kilo Berghonig. Gerne würden wir ihm etwas dafür geben, aber das lässt er nicht zu. «Bienvenue en Tunisie», sagt er lächelnd und knattert auf seinem Roller davon.
Kann uns mal jemand kneifen? Kann das alles wahr sein? Wir sitzen in unserem Felix, bei schönstem Sonnenuntergang in einem Land voller Überraschungen und gerade heute denken wir wieder: Gute Entscheidung, das mit dem Reisen!
Wir bedanken uns wie so oft per WhatsApp, zurückkommt eine Sprachnachricht mit etwa folgendem Inhalt: «Ihr seid immer willkommen, auch mit Freunden und Familie, sehr gerne! Und wenn irgendwas ist, auch wenn ich dann schon wieder in der Schweiz bin, meldet euch, meine Familie wird sich kümmern und euch helfen!». Gute Reise und «Schön, sid dir da gsi!»
Danke Tunesien, danke dem unbekannten tunesischen Bärner, den wir, wenn wir wieder einmal in Bern sind, so gerne treffen würden, um ihm noch einmal persönlich zu danken.
Wir werden uns immer an Kesra erinnern. Wegen der Zitadelle? Hm, vielleicht. Wegen der bunten Treppe, ja, das ist möglich. Wegen der Menschen? Auf jeden Fall!
Merci fürs «Mitreisen»
Hier findet ihr unsere künftigen Vorträge:
Termin: 24. November 2024 16 Uhr (Türöffnung 15 Uhr)
Ort: Deutschland, Landgasthof zum Mühlenteich 15345 Eggersdorf bei Berlin
Anmeldung: https://forms.gle/5XFgSz31NKzmCzmT8
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Liebe Heike, lieber Gerd,
DANKE!
Jeden Morgen freue ich mich über eure Berichte, über euer positives Denken!
Heute denke ich, wie behandeln wir Ausländer???? Das ist oft so traurig.
Tunesien ist ein wunderschönes Land, 1981(!) reisten wir auch eine Woche lang durchs Land, zu den Oasen, zu römischen Stätten wie Sbeitla und Dougga; in späteren Jahren haben wir dann Ausflüge zB nach Tunis (Bardomuseum solltet ihr nicht versäumen), El Djem oder Kairuon von Hammamet gemacht.
Aber zuletzt, in Zarzis, waren wir nur in der schönen Hotelanlage, mal richtig entspannen, verwöhnen – 3 Wochen ist ok für „Rentiere“, aber das reicht.
Euch danke nochmals für was Schönes jeden Morgen und liebe Grüße aus dem kühlen Berlin… ach ja, was ich sagen wollte…die niedrigen Temperaturen nachts/morgens in Felix würde ich nicht mögen!
Liebe Sabine!
Ganz lieben Dank für deine Zeilen, die uns immer wieder sehr erfreuen! ❣️
Rentiere im Zusammenhang mit dir tönt irgendwie schräg, aber ja, auch Erholung muss mal sein!
Und ja, dieses Tunesien ist einfach toll, wir selbst haben nicht so viel vom Land gewusst und sind nun dankbar für die schöne Zeit hier.
Und das mit den Ausländern, ja, das ist ein Ding. Diese Gedanken gehen mir immer wieder durch den Kopf. Und wir versprechen uns, Gästen und Besuchern stets herzlich und willkommen heissend zu begegnen.
Ganz liebe Grüsse!
Gerd & Heike
Hmmmm, das sieht sehr lecker aus! 😋
Aber esst ihr eigentlich kein Fleisch?
Ja, die Menschen im Ausland sind anders irgendwie.
Freundlich, hilfsbereit, offen und nicht so egoistisch wie die Deutschen.
Gut, dass nicht alle so mies drauf sind in meiner Heimat.
Sonst wär ich längst geflüchtet. 😉
Liebe Grüße
vom Racheli
Liebe Rachel
Ja, das war sehr lecker. Nein, ich esse kein Fleisch, Gerd schon.
Also hat das gut gepasst.
Das mit der anderen Mentalität empfinden wir auch überall auf der Welt. Und ja, leider ist das in Deutschland und in der Schweiz anders. Innerhalb der Familie und von Freunden absolut identisch, aber zu Fremden?
Wir nehmen uns fest vor, dass wir auch den Besuchern unserer Heimat Gutes tun werden. haben wir ja auch, aber wenn wir mal wieder eine Base haben werden (who knows?) dann auf jeden Fall!
Ganz liebe Grüsse «von da unten»!