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Eigentlich hatten wir vor, mehrere Tage in Rovaniemi zu verbringen. Nach so viel Zeit in der unberührten Natur und den tiefen Wäldern sehnten wir uns nach städtischem Leben. Doch nach unserem desaströsen Besuch im Weihnachtsmann-Dorf und einem zauberhaften Tag im Arktikum merken wir schnell: Das reicht uns erst einmal. Vielleicht ist «reichen» nicht das treffendste Wort, aber nachdem wir durch die Stadt geschlendert waren und feststellen mussten, dass unsere Drohne nicht repariert werden konnte, wussten wir: Wir müssen nicht länger verweilen.

Klar ist: Wir wollen weiterziehen, das Land erkunden und Richtung Kemi fahren, gen Süden. Dort scheint uns ein wenig Sonnenschein zu erwarten.
Kemi liegt tatsächlich an der Ostsee, oder wie die Finnen und Schweden es wohl nennen würden: der Südsee. Denn für sie liegt es südlich von Lappland. Genauer gesagt ist es Teil der Ostsee, die hier Bottnischer Meerbusen heisst. Kemi liegt fast an der Grenze zu Schweden und ist bekannt als Wintersportort. Menschen kommen hierher, um von hier aus ihre Abenteuer in Lappland zu starten.
Ausserdem ist Kemi eine der wenigen lappländischen Städte am Meer. Und wir wussten, dass wir uns nach Kemi wahrscheinlich auch langsam von Lappland verabschieden würden. Das Städtchen selbst ist eher klein und unscheinbar, und im Sommer herrscht hier oft gähnende Leere. Doch der Hafen soll schön sein, und die Region insgesamt recht reizvoll.
Nach einer gemütlichen Nacht an einem Flussufer fahren wir also nach Kemi. Wir geniessen tatsächlich die Sonne und den kleinen, alten Hafen. Unser Felix parken wir direkt am Wasser mit einem herrlichen Blick aufs Meer. Im kleinen Hafencafé trinken wir Kaffee, holen dann aber doch unsere eigenen Tassen aus dem Auto – diese Pappbecher nervten uns einfach.
Dort entdecken wir auch Panari, eine Art Pfannkuchen-Reibekuchen-Gemisch mit Erdbeermarmelade und Schlagsahne. Sehr lecker, und alle um uns herum bestellen es ebenfalls. Also probieren wir es unbedingt. Es sei eine lokale Spezialität, und so wird das Frühstück wirklich ein Highlight.
Wir entdecken kleine Boots-Rundfahrten. Man nennt das hier «Cruise», was für uns einfach eine gemütliche Bötchenfahrt bedeutete. Wir entschieden uns für eine zweistündige Tour. Zum Glück haben wir dicke Pullover und Schals dabei, denn die Sonne versteckt sich immer mehr und es wird frisch, als der Wind über die Ostsee weht.
Wir sitzen zusammen mit drei anderen Frauen auf der MS Leila. Die Frauen haben Feuerholz und ein Picknick mit an Bord und erzählen uns, dass sie auf eine Insel fahren wollen, die wir noch gar nicht auf dem Schirm haben, um dort ein Lagerfeuer zu machen und zu picknicken. Für uns jedoch bleibt es bei der normalen Rundfahrt, eine kleine Pause jedoch ist drin, auf der Insel Laitakari.
Laitakari ist Teil der Schärenlandschaft des Bottnischen Meerbusens. Der Name bedeutet wohl so viel wie «flacher Boden». Die Insel ist berühmt für ihren felsigen Untergrund und die winzigen Sandstrände. Heute ist sie fast komplett mit Wald bedeckt und ein Paradies für Vogel-Liebhaber.
Früher war Laitakari ein wichtiger Industriestandort mit einer Sägemühle, die von 1862 bis 1939 in Betrieb war. Bis zu 400 Menschen lebten damals hier, und die Insel hatte eine Schule, ein Geschäft und sogar ein Restaurant. Heute sind nur noch wenige Ruinen übrig – was für uns kaum vorstellbar ist, wenn wir über die zugewachsene Insel spazieren.
Der Kapitän erzählt uns, dass man nur in den wärmeren Monaten mit dem Schiff dorthin kommt, denn im Winter friert die Ostsee zu. Dann geht’s auf die Insel nur mit Ski, Schlittschuhen oder sogar einem Skibob. Nach der Bootsfahrt sind wir angenehm müde und bereit für unseren Mittagsschlaf. Da wir nachts oft nicht so gut schlafen wegen der Mitternachtssonne, haben wir uns angewöhnt, am Nachmittag ein wenig zu schlummern.
Das ist auch gut so, denn am Abend wartet noch ein Highlight: Neben unserem Stellplatz gipt es eine Bar, in der an diesem Samstagabend ein kleines Konzert stattfindet. Die Musik beginnt gegen acht, und wir setzen uns dazu. Die überdachte Outdoor-Terrasse füllt sich langsam, und die Stimmung ist zum richtig toll.
Ein Sänger spielt Gitarre und singt viele bekannte finnische Lieder, und alle singen mit. Wir werden sogar eingeladen, uns zu den Einheimischen zu setzen – sonst sind Finnen ja eher zurückhaltend und sitzen nicht so nah zusammen. Doch als es anfing zu regnen, rückten alle zusammen unter die Überdachung und so kamen sogar wir richtig ins Gespräch.
Wir sind tatsächlich fast die einzigen ausländischen Gäste hier. Man sieht sonst kaum ausländische Nummernschilder, was zeigt, dass der Tourismus hier oben im Sommer eher ruhig ist.
Der Abend wird richtig schön. Nach dem ersten Musiker kommt eine Sängerin, die richtig einheizt. Die meisten Finnen springen von den Stühlen, tanzen, singen und feiern. Wir sind ganz begeistert von der Stimmung, hätten das nach vier Wochen hier gar nicht erwartet. Wir tanzen sogar bei einem Lied mit, hui, was für ein Highlight.
Voll und ganz beglückt ziehen wir uns irgendwann in den Felix und nur wenig später ins Bett zurück. Zum Glück wohnen wir direkt neben der Bar und können den letzten Klängen aus dem Bett heraus lauschen. Draussen wird es langsam kühl durch den Regen, wir machen die Heizung nochmal kurz an und wir freuen uns, wie uns dieses kleine Fleckchen Erde verzaubert konnte.


























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