Längerer Beitrag – schneller Überblick:
Unsere Reise führt uns zu Freunden in die Lausitz. Stephan, ein langjähriger Freund aus unserer Publishing-Bubble, hat uns um einem Vortrag gebeten. Das Kulturzentrum Zeißig stellt die Räumlichkeiten zur Verfügung, und wir dürfen erneut interessierte Menschen in die Magie Persiens entführen. Es ist unser Lieblingsvortrag, und das spüren wir jedes Mal aufs Neue.
Obwohl wir viele verschiedene Vorträge halten, bleibt der über Persien unser absoluter Favorit. Vielleicht, bis wir einen Vortrag über England, Irland und Schottland machen, denn auch dort waren wir begeistert, oder über Marokko oder Skandinavien. Türkei, Griechenland? Es gibt so viele wunderschöne Orte auf dieser Welt, und wenn es nicht so viel Arbeit wäre, würden wir von jedem Land einen Vortrag vorbereiten.
Nun geht es also schnurstracks nach Zeißig.
Zeißig, ein Ortsteil von Hoyerswerda, liegt tief im Osten. Die Region hat nicht den besten Ruf, doch wir erleben hier nur wunderbare Menschen und lassen uns von der Gegend verzaubern. Und werden herzlich empfangen.
Zuallererst dürfen wir auf dem Vierseitenhof von Stephans Familie stehen. In der Lausitz sind die Grundstücke noch riesig, und manchmal, wenn ich Gewürze oder Kräuter vergesse, weil ich für die Familie marokkanische Harira koche, brauche ich eine Weile, um zu unserem Felix zu gelangen und Nachschub zu holen. Man lacht über mich und sagt: «Ja, da stünde ja auch ein Fahrrad.»
Wir sitzen gemütlich zusammen, werden in die Kaffeemaschine und die Tassenvorräte eingewiesen und freuen uns, am Familienleben teilzuhaben. Tagsüber umrunden wir das Dorf Zeißig. In relativ kurzer Zeit, ich sage mal zehn Minuten, sind wir fertig. Das Ganze wird nur dadurch hinausgezögert, dass wir Carlos, den griechischen Hirtenhund, durch das Dorf führen und er überall schnuppern und andere Dinge tun muss.
Am nächsten Morgen stossen unsere Reisefreunde Sabine und Jens zu uns. Die beiden sind auch Dauerreisende. Sie leben in einem Camper, und wann immer es möglich ist, treffen wir sie für ein, zwei Tage irgendwo unterwegs.
Auch sie stellen sich hinten auf das Grundstück, und schon haben wir aus der Wiese einen kleinen Campingplatz gemacht. Gemeinsam sitzen wir im etwas grösseren Camper von Sabine und Jens, lassen uns mit frisch gebrühtem Kaffee und ihren letzten Keksen aus Frankreich verwöhnen. Wir erzählen uns die neuesten Reiseanekdoten und freuen uns schon auf den Vortrag, den wir heute Abend halten werden. Und ja, wir sind jedes Mal sehr aufgeregt. Allerdings sorgt das Wetter sorgt für Stimmungsschwankungen.
Auch sie stellen sich hinten auf das Grundstück, und schon haben wir aus der Wiese einen kleinen Campingplatz gemacht. Gemeinsam sitzen wir im etwas grösseren Camper von Sabine und Jens, lassen uns mit frisch gebrühtem Kaffee und ihren letzten Keksen aus Frankreich verwöhnen. Wir erzählen uns die neuesten Reiseanekdoten und freuen uns schon auf den Vortrag, den wir heute Abend halten werden. Und ja, wir sind jedes Mal sehr aufgeregt. Allerdings sorgt das Wetter sorgt für Stimmungsschwankungen.









Die Magie Persiens bei Tee und Glühwein
Es regnet, es ist bewölkt, die Sonne scheint, es ist windig, es regnet. Und wir wissen nicht, dass wir den Vortrag im Innenhof des Zeißig-Hofs halten werden. Also draussen. Bis um sieben hoffen wir, dass sich das Wetter an die Vorhersage hält. Denn ab 7 Uhr soll es trocken bleiben. Wir räumen die Stühle dreimal rein und dreimal wieder raus, sichern die Kissen vor Regennässe, und am Ende kommen die Leute auf die Idee, grosse Sonnenschirme aufzustellen, falls es während des Vortrags noch einmal regnen sollte.
Punkt sieben hört der Regen auf. Und die vielen Stühle, die wir voller Euphorie hingestellt haben, sind tatsächlich alle besetzt. Wir hatten keine Anmeldungen für diesen Vortrag, wissen also nicht, wie viele Leute kommen würden, und sind überrascht, dass über dreissig Menschen Interesse zeigen. Wir sind begeistert.
Besonders freuen wir uns über mehrere Reisefreunde. Zwei wollten wir eigentlich im Iran treffen, es hatte jedoch nie geklappt, weil das Land riesig ist und wir immer wieder unterschiedliche Routen nahmen. Dennoch blieben wir per WhatsApp in Kontakt.
Ausserdem überraschen uns unsere wunderbaren Maroggo-Freunde, die wir erst vor kurzem in der Wüste von Merzouga verabschiedet haben. Sie haben sich einfach, ohne Bescheid zu sagen, ins Publikum gemischt. Als wir sie entdecken muss ich laut aufschreien, sie in die Arme nehmen. Wir sind überglücklich, danke ihr Lieben!
Eingemummelt in dicke Jacken, dicke Schals und einem geleihendem marokkanische Wüstenmantel, geht es dann los. Der Vortrag hat uns wieder einmal total viel Spass gemacht, und die Frauen vom Zeißighof schenken statt kühler Getränke einfach Tee und Glühwein aus. Spontanität ist alles.




Maibaumwerfen in Zeißig
Den Abend verbringen wir dann noch am Lagerfeuer des Maibaum-Werfens (oder Maibaum-Fällens?). Zeißig ist nämlich auch bekannt für eine sorbische Tradition, die Tradition des Maibaum-Werfens.
Die Sorben, eine westslawische Minderheit in Deutschland, leben vor allem in der Lausitz – einer Region, die Teile Sachsens und Brandenburgs umfasst. Sie sprechen eine eigene Sprache, pflegen eine eigenständige Kultur und bewahren jahrhundertealte Traditionen.
Trotz jahrzehntelanger Bemühungen, sie zu assimilieren, und politischer Umbrüche haben die Sorben ihre Identität bewahrt. Trachten, Osterreiten und das kunstvolle Verzieren von Ostereiern in Wachstechnik spiegeln ihr reiches Brauchtum wider. Heute fördern Schulen, Medien und kulturelle Institutionen die sorbische Kultur aktiv, die unter dem besonderen Schutz des deutschen Staates steht.
Das Maibaumwerfen in Zeißig ist ein einzigartiges sorbisches Frühlingsbrauchtum mit tief verwurzelter Tradition. Anders als in vielen anderen Regionen, wo der Maibaum feierlich aufgerichtet wird, steht in Zeißig das spektakuläre Werfen des Maibaums im Mittelpunkt. Die Dorfjugend und zahlreiche Zuschauer versammeln sich auf der Festwiese, um das farbenfrohe Spektakel zu erleben. Der bunt geschmückte Maibaum wird, begleitet von Blasmusik und in traditionelle Tracht gekleideten Teilnehmern, symbolisch zu Boden geworfen. Dieses lebendige Ritual stärkt das Gemeinschaftsgefühl und den Zusammenhalt im Ort. In Zeißig wird so ein lebendiges Stück sorbischer Kultur bewahrt und auf fröhliche Weise an die nächste Generation weitergegeben.
Am Morgen überrascht mich Stephans Schwiegermama: Ich darf ihr zuschauen, wie sie einer jungen Dame die sorbische Tracht anzieht. Wenn ich ehrlich bin, dachte ich, das sei kein grosses Ding. Rock an, Kleid an, Bluse drüber, fertig.
Doch ich stelle fest, dass es eine ganz schöne Sache ist, und ich bin einmal mehr dankbar, dass ich eingeladen wurde, diese ganze Prozedur anzuschauen. Es ist nämlich gar nicht so einfach, das Tuch mit dem Muster richtig zu platzieren, die vier Röcke so zu arrangieren, dass nur ein kleiner Teil vorschaut beim Tanzen und Drehen. Am Ende stecken in der Tracht etliche Stecknadeln. Also ich will nicht unbedingt so tanzen.
Ganz unten drunter ist ein Unterrock, der mich eher an eine DDR-Steppdecke erinnert, und alles in allem sind die Röcke, die Kostüme, die Trachten auch nicht wirklich figurumschmeichelnd, aber das ist ja jetzt auch egal. Schön muss es aussehen! Danke dir, liebe Bruni, dass ich dabei sein durfte.
Die sorbische Jugend oder die Jugend von Zeißig, die sich der sorbischen Tradition verpflichtet hat, tanzt am Morgen durchs Dorf, begleitet von einer Blaskapelle. Am Dorfplatz wird ein riesengrosser Maibaum, der zwei Wochen zuvor aufgestellt und nachts von der Jugend bewacht wurde, unter grossem Jubeln der gesamten anwesenden Dorfbevölkerung gefällt.
Die Mädels stehen in ihrer wunderschönen Tracht um den Maibaum herum, und die Jungs fangen an zu buddeln. Irgendwie wird der Maibaum dann in die richtige Richtung gezogen. (Gott sei dank, denn das ganze Dorf ist auf den Beinen und keiner will den Baum abbekommen!) Er fällt mit einem riesigen Krach, und der junge Mann, der zuerst oben von dem kleinen bisschen Birke ein Stück Grün abgerissen hat, ist der diesjährige Maibaumkönig. Zu guter Letzt darf er sogar noch die Getränkerechnungen aller Tänzer und Tänzerinnen bezahlen. Wenn das mal kein toller Preis ist.
Der Baum liegt. Der Maibaumkönig ist gekürt. Das Volk jubelt.
Die 14 sorbisch gekleideten Paare machen noch ein Gemeinschaftsfoto, und alle, uns eingeschlossen, tänzeln dann zurück zur Dorfaue.















Kuchenbasar & Grilladen
Hier stehen Zelte aufgebaut, und hier sind Grillstände und wunderbare Kuchenbasare. Und hier erfreue ich mich mal wieder so richtig an den zu Hause gebackenen ostdeutschen Kuchen und Torten.
Manchmal vermisse ich das doch ganz schön auf der Welt: diese wunderbaren Mandarinen-Schmand-, Rhabarber-Streusel-, Butter-Zucker-Hefeteig- oder den russischen Zupfkuchen.
Wir beobachten die Jugend beim Tanz – wirklich schön! – und bei ihren regelmässigen Trinksprüchen, die von mal zu mal lauter und für uns irgendwie verstörender werden. Ach, warum wird der Alkohol überall auf der Welt so gefeiert?
Da schaue ich mir lieber den Tanz an. Leider ist das Ganze heute sehr verregnet. Die armen jungen Leute sind pitschnass, und die Trachten leiden. Aber Stephan hat eine tolle Idee. Wir setzen uns einfach bei ihm zu Hause an den Kamin, wärmen uns auf, trocknen die Socken und plaudern über Vergangenes, Zukünftiges und vor allem über gute Bücher. Am Abend müssen wir noch einmal raus, weil wir Lose gekauft haben. Ich hatte ganz übersehen, was es eigentlich zu gewinnen gab.







Die grosse Lotterie
Also, wir hätten einen, ich würde sagen, 15 Meter hohen Maibaum gewinnen können. Oder ein Fleischpaket von der Fleischerei im Dorf. Tolle Idee, da wir ja vegetarisch leben. Auch hätten wir 50 Liter Fassbier oder zwei lebende Gänse gewinnen können. Scheinbar alles so richtige Lausitzer Dorfpreise. Am Ende sind wir froh, dass der Gewinner-Zug an uns vorbei gefahren ist.
Wir sind aber sicher, dass wir mit unserem Los-Einsatz auf jeden Fall der Dorfjugend etwas in die Kasse gespült haben.
Auf unserem neu erstellten Campingplatz schläft es sich ganz wunderbar. Wir haben lange nicht mehr so lange geschlafen. Den Sonntag verbringen wir mit der Familie und retten dabei gleich in langen Gesprächen (zumindest theoretisch) noch mal die Welt.
Es ist immer wieder schön, Menschen zu treffen, mit denen wir über Geschichte, Politik, Natur, ja, über die Welt sprechen können. Gleichzeitig dürfen wir neue Einsichten kennenlernen, aber auch unsere Sicht der Dinge hat Platz.
Wir sind dankbar für Freunde, mit denen wir tiefgehende Gespräche führen können. Und gleichzeitig sehr viel lachen können. Denn als ich die marokkanische Harira für alle kochte, stellte ich zu meinem Entsetzen fest, dass hier ein heilloses Durcheinander im Gewürzregal herrscht. Na ja, Durcheinander ist relativ. Ich sage mal so: Für meine eigenen Befindlichkeiten müssen Gewürze nach dem Alphabet sortiert sein. Man muss sich vorher nur über die Sprache einigen. Kommt jetzt Zimt zu Z, weil es in der deutschen Sprache sortiert wird, oder habe ich noch einen Cinnamon mit englischer Beschriftung und ordne ihn unter C ein?
Wenn das einmal klar ist, dann macht das Sortieren der Gewürze einfach Spass.
Als ich wenig später dann noch das Bücherregal sortieren musste – möglicherweise macht sich hier gerade bemerkbar, dass ich kein eigenes richtiges Zuhause habe und woanders sortieren muss – meinte dann Stephan nur kopfschüttelnd, dass ich da schon so kleine Zwangsmüsterchen entwickelt hätte.
Aber toll war, dass ich das alles bei ihm machen durfte. Und er, zumindest in meinem Beisein, konnte nur darüber milde lächeln.
Quarkbällchen par excellence
Den Abschluss dieses wunderbaren Wochenendes in Zeißig bescherte uns dann aber die Oma des Hauses. Sie hat noch einmal alle Register gezogen und uns mit einer riesengrossen Schüssel Quarkbällchen verwöhnt. Meine Güte, waren die lecker, und meine Güte, waren wir danach satt!
- Danke an alle, die dieses Wochenende so traumhaft schön gemacht haben.
- Danke an all die Geschenke, die ihr uns mitgebracht habt.
- Danke für den Bautzener Senf, für den Senftenberger Eierlikör, für die Wolle, für das Mücken-Tötolin, das wir vermutlich in Finnland brauchen.
- Danke für die traumhaft schönen gestrickten Socken, die wir bekommen haben.
- Danke für den wunderschönen Stellplatz.
- Danke für die ganze Güte und Grosszügigkeit.
- Danke für den Brötchen-Service und die Quarkbällchen.
- Danke, Zeißig, dass ihr euch für uns hübsch gemacht habt!
Vielen lieben Dank!

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