Längerer Beitrag – schneller Überblick:
Finnisch: Buchstabensalat für uns
Zuerst einmal: Wir können gar nichts mehr lesen. Ja, wir reihen die Buchstaben aneinander, aber wir haben keinen blassen Schimmer, was die gelesenen Wörter bedeuten könnten. Finnisch ist neben Ungarisch einfach eine nicht herleitbare Sprache für uns.
Kein einziges Wort kommt uns bekannt vor, nichts liest sich so, dass wir es irgendwie übersetzen könnten. Zudem scheinen die Finnen auch sehr viel mehr Buchstaben zu benutzen: Auf Schildern lesen wir endlos lange Wörter.
Es fällt sofort auf, dass viele Strassenschilder zweisprachig sind – auf Finnisch und Schwedisch. Das hat einen guten Grund: Beide Sprachen sind offiziell gleichberechtigt, denn etwa fünf Prozent der Bevölkerung gehören zur schwedischsprachigen Minderheit, den sogenannten Finnlandschweden. Vor allem an der Küste und auf den Åland-Inseln ist Schwedisch bis heute stark vertreten. Das zweisprachige Schilderwesen ist mehr als nur eine Formsache – es zeigt, wie ernst Finnland den Schutz seiner kulturellen Vielfalt nimmt und wie selbstverständlich Minderheitensprachen im Alltag präsent sein können.
Beim Nachsinnen über die Sprache denken wir an all jene, die aus ihren Ländern flüchten müssen und an den neuen Orten zuerst einmal hilflos der neuen Sprache gegenüberstehen. Nur: Wir reisen hier freiwillig hin, die Geflüchteten tun das nicht. Und wir müssen nichts verstehen, wir suchen uns das heraus, was wir verstehen wollen. Jene müssen sich im Dschungel der Behörden irgendwie durchfinden. Wir haben wieder einmal grosse Hochachtung vor Menschen, die neben der Flucht, des Verlassens der Heimat nun auch noch ihr neues Leben in einer fremden Sprache bestreiten müssen.

Der sanfte Einstieg in Finnland: Porvoo
Wir verspüren einen richtigen Drang nach Ruhe. Zu viele Möglichkeiten hier in Finnland, zu viele Eindrücke der letzten Tage – wir wissen gar nicht mehr, wohin mit uns. Es fühlt sich an, als stünden wir vor einem 20 Meter langen Joghurtregal: Alles ist da, aber wir haben keine Ahnung, was wir wählen sollen. Also treffen wir eine einfache Entscheidung und fahren direkt nach der Ankunft mit der Fähre aus Helsinki hinaus – unser Ziel ist Porvoo.
Porvoo empfängt uns mit einem ruhigen, gemütlichen Start in Finnland. Die Stadt zählt zu den ältesten des Landes, und bei meiner kleinen Recherche lese ich sogar, dass sie als eine der schönsten gilt. Enge Gassen, alte Holzhäuser – ein richtig malerischer Ort, der uns sofort anspricht. Es heisst ja, Finnland beeindruckt eher durch seine Natur als durch seine Städte. Wenn wir also mit der schönsten Stadt beginnen, kann es ab jetzt nur noch naturverbundener werden. Vielleicht überraschen uns ja noch ein paar besonders schöne Dörfer – wir sind gespannt.
Porvoo ist eine der ältesten Städte Finnlands – gegründet im Mittelalter, mit einer Geschichte, die bis ins 14. Jahrhundert zurückreicht. Besonders bekannt ist die Altstadt mit ihren schmalen Kopfsteinpflastergassen, den farbenfrohen Holzhäusern und dem kleinen Dom, der über der Stadt thront. Alles wirkt ein wenig aus der Zeit gefallen, auf angenehm entschleunigte Weise. Trotz ihrer Beliebtheit bei Tagesausflüglern aus Helsinki – ja, das merken wir sehr! – strahlt die Stadt etwas sehr Ruhiges und Charmantes aus.
An den Ufern des Flusses Porvoonjoki reihen sich rote Lagerhäuser, die früher als Speicher für Waren aus fernen Ländern dienten – heute sind sie ein beliebtes Fotomotiv. Kleine Cafés, Handwerksläden und Galerien laden zum Verweilen ein, ohne aufdringlich zu wirken. Porvoo ist nicht gross, aber genau das macht es so angenehm. Es ist ein Ort, an dem man ankommt, durchatmet und sich einfach treiben lässt – ein perfekter Auftakt für eine Reise durch Finnland.
Vom Hafen, also unserem Stellplatz, ist es nicht weit bis in den Stadtkern, vielleicht 20 Minuten entlang des Flusses. Wir starten mit einem gemütlichen Frühstück in einem der süssen Cafés. Bummeln dann durch die Gassen mit noch erhaltenen Holzhäusern und drängeln uns wenig später an Touristenmassen vorbei: Scheinbar kommen hier Reisebus-Ladungen voller Interessierter an. An sich ja verständlich, und ja, es ist Pfingstwochenende, aber leerer wäre auch irgendwie schön. Wir wollen jedoch nicht jammern, schliesslich sind auch wir hier nur Besuch.
Weiter geht es zum Dom. Der Dom von Porvoo (Porvoon tuomiokirkko) thront ruhig in der oberen Altstadt – ein markanter Bau mit steinernen Mauern, einem freistehenden Glockenturm und einer Geschichte, die bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht. Wir stehen davor und sind beeindruckt von seiner schlichten, kraftvollen Ausstrahlung. Wie viele Generationen hier wohl schon eingetreten sind, zur Taufe, zur Trauer, zum Trost?
Leider können wir selbst nicht hineingehen – ein Gottesdienst findet gerade statt, und der Dom bleibt in dieser Zeit für Besucher geschlossen. Schade, denn wir hätten ihn gern von innen gesehen.
Ich habe später nachgelesen: Die Kirche wurde mehrfach zerstört und immer wieder aufgebaut – zuletzt nach einem Brand im Jahr 2006, bei dem das Dach komplett verloren ging. Trotzdem blieb der Innenraum weitgehend unversehrt, und viele der mittelalterlichen Elemente, wie Wandmalereien und ein kunstvoll geschnitzter Taufstein, sind erhalten geblieben. Es heisst, der erste finnische Reichstag sei hier 1809 abgehalten worden, ein bedeutsamer Moment für die nationale Identität Finnlands.
Wolle, Weben und Weiterziehen
Das Highlight in Porvoo war dann ein ganz anderes: der Wolleladen und der Workshop zum Weben im Garten des Museums. So, hier wird also auch gehäkelt und gestrickt, also ein sehr schönes Land. Ich bin auf jeden Fall schon mal angekommen!
Die Idee war eigentlich, hier ein paar Tage zu verbringen, um uns an Finnland zu gewöhnen. Doch wir merken schnell, dass es wohl besser wäre, etwas weiter in die Natur zu fahren. Hier sind uns zu viele Boots- und Reisebusbesucher unterwegs. Und wenn es eines gibt in Finnland: dann Ruhe und Natur. Also los geht es zu den tausenden Seen.
Finnland ist nicht nur das «Land der tausend Seen» – es ist ein Labyrinth aus fast 188.000 Seen, begleitet von endlosen Wäldern und unzähligen Inseln. Die Seen Finnlands entstanden während der Eiszeit, als Gletscher Schmelzwasser zurückliessen. Der Verlauf und das Zusammenspiel von Endmoränen und Landhebung formte dann die über 180.000 Einzelgewässer.
So finden auch wir unseren Platz an einem der tausenden Seen und nachmittagschlafen erst einmal ausgiebig. Da es hier so lange hell ist, ist es doch auch egal, wann man schläft, wir müssen eh immer alles verdunkeln. Und bisher haben wir auch nur eine Mücke angetroffen. Ein guter Schnitt, oder?
Quellen: https://de.wikipedia.org/wiki/Dom_von_Porvoo // https://www.uni-goettingen.de/de/690008.html





























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