 Lesedauer etwa  8 Minuten.
		
			
		Lesedauer etwa  8 Minuten. 
Unser letzter Reisetag in Finnland startet früh in Helsinki. Kaum angekommen, überlegen wir, die Stadt einfach auf eigene Faust zu erkunden. Doch schon während der ersten Eindrücke merken wir: Helsinki steckt voller spannender Sehenswürdigkeiten, und unsere Ahnung, was wir sehen wollen, ist knapp. Ausserdem haben wir diesmal keine genaue Planung – typisch für uns! Also entschliessen wir uns instinktiv, wieder das zu machen, was wir am besten können: Wir nehmen an einer Free Walking Tour teil.
Da die Tour erst gegen elf Uhr beginnt, verbringen wir die Wartezeit entspannt am zentralen Hauptplatz Helsinkis mit einem gemütlichen Cappuccino. Die Atmosphäre dort gefällt uns sofort – lebendig und zugleich entspannt. Weil ich es nicht lassen kann, probiere ich noch einmal diese wunderbaren kleinen Karjalanpiirakat: knusprige Roggenfladen, gefüllt mit einer warmen Reispaste, obenauf selbstgemachte Eierbutter. Die Butter schmilzt leicht auf der warmen Füllung, und das Ganze schmeckt einfach himmlisch. Für uns der perfekte Start in den Tag.
Der Guide der Tour ist fantastisch. Er erzählt humorvoll und mit einem Augenzwinkern, nicht nur über die Stadtgeschichte, sondern auch viel über Finnland selbst – etwa über das Bildungssystem, warum Finnen oft so zurückhaltend sind, und die Besonderheiten des finnischen Sozialsystems. Besonders spannend finden wir die Erklärungen zur Begegnung von Stadt und Land, und zwischendurch lernen wir ein paar finnische Wörter. Je länger wir zuhören, desto mehr spüren wir: Diese Tour hätten wir viel früher in unserer Reise machen sollen! Deshalb unser Tipp an alle Finnland-Reisenden: Gönnt euch in Helsinki unbedingt so eine Free Walking Tour.
Wir laufen vorbei am imposanten Dom von Helsinki, einem echten Wahrzeichen (der allerdings eingerüstet und eingepackt ist), und dann zur grössten russisch-orthodoxen Kirche der Stadt. Spannend zu erfahren, dass die orthodoxe Kirche ursprünglich zu gross geplant wurde – so wurde kurzerhand ein noch grösseres (in unseren Augen hässliches, von Alvar Alto designtes) Gebäude direkt davor gebaut, um die Sicht auf die Kirche vom Hafen aus erst nach dem Durchgang durchs andere Gebäude freizugeben. Eine raffinierte städtebauliche Entscheidung, die zeigt, wie Architektur hier Geschichten erzählt.
Weiter geht es zum Hauptbahnhof, der mit seiner alten, aber prächtigen Architektur beeindruckt. Wir bewundern die Details des Bahnhofsgebäudes, müssen aber die Besichtigung kurz halten – Zeit für weitere Programmpunkte ist knapp. Auch die botanischen Gärten müssen diesmal leider warten, dafür wandert die Besichtigung ganz sicher auf unsere Wunschliste für die nächste Finnlandreise, die definitiv kommen wird.
Ein weiteres Highlight des Tages ist die beeindruckende Oodi-Bibliothek. Dieses architektonische Meisterwerk, eröffnet 2018, hat uns tief beeindruckt. Die Zentralbibliothek im Herzen Helsinkis ist längst mehr als eine blosse Büchersammlung – sie ist ein lebendiges kulturelles Zentrum und Treffpunkt für Jung und Alt. Das dreistöckige Gebäude, entworfen vom renommierten Architekturbüro ALA Architects, besticht durch seine markante Holzfassade, geschwungene Formen und lichtdurchflutete Innenräume, die eine warme und einladende Atmosphäre schaffen.
Oodi ist nicht nur eine klassische Bibliothek mit rund 100.000 Medien, sondern bietet auch coole Angebote wie Coworking-Spaces, 3D-Drucker, Musikstudios, Bastelwerkstätten und sogar ein Kino. Der offene Erdgeschossbereich lädt zu Begegnungen und Veranstaltungen ein, während die oberen Etagen Raum für konzentriertes Arbeiten und Lernen bieten. Besonders gefallen hat uns der sogenannte «Bürgerbalkon», der einen weiten Blick auf die Stadt freigibt – hier spürt man wirklich, dass Oodi ein modernes Wohnzimmer für die Stadtgesellschaft ist. Ein schönes Symbol für Finnlands hohe Wertschätzung von Bildung, Kultur und demokratischer Teilhabe.
Nach soviel Kultur und Architektur zieht es uns zum Café Kappeli, einer der berühmtesten Adressen Helsinkis im Esplanadi-Park. Das historische Gebäude verströmt mit seiner eleganten Architektur und den grossen Glasfronten gleich eine besondere Atmosphäre. Das Café hat eine lange Tradition als cultural hotspot, wo sich schon im 19. Jahrhundert Literaten (passt ja, vielleicht schreibe ich doch noch mal ein Buch?), Künstler und Geschäftsleute begegnet sind. Heute ist Kappeli ein lebendiger Treffpunkt, der Tradition und Modernität wunderbar verbindet. Wir geniessen hier nicht nur einen hervorragenden Kaffee, sondern auch das Flair, dem Stadtleben entspannt zuzuschauen, besonders auf der schönen Aussenterrasse.
Doch dann entscheidet das Wetter für uns: Ein plötzlicher, kräftiger Regen setzt ein. Schnell ziehen wir uns von der Terrasse zurück und machen uns auf in die nahegelegene Vanha Kauppahalli – die alte Markthalle am Südhafen Helsinkis. Die erste Markt- und Kaufhalle der Stadt, eröffnet 1888, ist ein wunderbarer Ort voller Leben.
In der Markthalle bieten rund 120 Stände regionale Spezialitäten an – von frischem Fisch über Rentierschinken, Lachs und Käse aus Lappland bis hin zu Obst, Gemüse und handgemachten Pralinen. Für uns ist es ein kulinarisches Erlebnis, hier zu stöbern und zu probieren. Wir nippen an einem letzten Mal dieser kleinen warmen Piroggen mit Eierbutter – ein wunderbarer, fast schon heimischer Geschmack.
Im Gespräch mit einem freundlichen Gastwirt, der ursprünglich aus Syrien stammt, erfahren wir viel über das Leben von Geflüchteten und Migranten in Helsinki. Diese Begegnungen, die meist ganz unerwartet auf Reisen entstehen, sind es, die uns am meisten bereichern. Sie zeigen die Menschlichkeit hinter den Sehenswürdigkeiten und machen die Reise unvergesslich.
Zum Abschluss unseres Tages kehren wir noch einmal ins Café Kappeli zurück. Der Regen hat aufgehört, und diesmal sitzen wir gemütlich drinnen. Bei einer exzellenten Lachssuppe lassen wir die wunderschöne Finnland-Rundreise Revue passieren. Wenig später bringen wir unsere Freundin zum Bahnhof, von wo aus sie den Zug zum Flughafen nimmt.
Dann machen auch wir uns auf den Weg zurück zu unserem Felix. Die Vorfreude auf die morgige Fährüberfahrt ist gross, doch ein Blick auf die Wetter-App zeigt auch ein banges Hoffen. Windiges Wetter und Seegang mögen wir nicht so besonders – seekrank werden möchten wir auf der Ostsee wirklich nicht. Aber wir bleiben zuversichtlich und freuen uns auf die nächste Etappe unserer Reise: das Baltikum.
PS.: Aber ganz ehrlich, in uns ist auch ein ganz grosser Teil traurig, Finnland jetzt zu verlassen.
Quellen:
- https://oodihelsinki.fi/en
- https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnhof_Helsinki
- https://www.essen-und-trinken.de/kulinarische-staedtereisen/caf%C3%A9-kappeli-im-esplanade-park_11891936-12023118.html
- https://www.raflaamo.fi/en/restaurant/helsinki/kappeli
- https://vanhakauppahalli.fi/
































Merci fürs «Mitreisen»
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