Finnland – Beobachtungen, Teil 6

Finnland – Beobachtungen, Teil 6
Dieser Beitrag ist Teil der Serie Finnland
Lesedauer etwa 6 Minuten.

Geräuschverschmutzungsfrei 

In Finnland scheint es, als ob Ruhe ein ungeschriebenes Gesetz ist. Ob es offiziell geregelt ist, weiss ich nicht, aber das Gefühl der Stille ist allgegenwärtig. In Cafés wird kaum gesprochen, und wenn, dann nur im Flüsterton. Musik, die in anderen Ländern allgegenwärtig ist, sucht man hier vergeblich. Selbst auf Stellplätzen, tief im Wald, wo man vielleicht zu zweit oder zu dritt steht, herrscht eine fast unheimliche Stille. Kinder, die angeschrien werden? Fehlanzeige. Kinder, die laut miteinander rufen? Auch das haben wir nie erlebt. 

Wenn wir in einem Restaurant oder Café sitzen, sprechen die Finnen so leise miteinander, dass es fast wie ein Flüstern wirkt. Dieser Kontrast zu den Deutschen und Franzosen, die oft laut und lebhaft kommunizieren, ist unübernichthörbar. Auch in den Städten bleibt es ruhig. Die Kommunikation erfolgt in gedämpften Tönen, was ich als äusserst angenehm empfinde, da ich sehr geräuschempfindlich bin und laute Autos oder Maschinen nicht ausstehen kann. 

Im Wald ist die Stille fast greifbar, nur unterbrochen vom gelegentlichen Zwitschern der Vögel. Wir haben keine Metal-Konzerte besucht, aber selbst bei anderen Konzerten, die wir geniessen durften, war die Musik nie so laut, dass wir Gehörschutz gebraucht hätten. Alles in allem ist Finnland genau das richtige Land für uns.

Elche. Wer’s glaubt!

Ein faszinierendes Thema, das uns tief in die finnischen Wälder geführt hat. Laut den Finnen gibt es hier eine beeindruckende Anzahl dieser majestätischen Tiere. Doch glaubt uns, wir haben Zweifel. Trotz intensiver Suche blieb uns der Anblick eines einzigen Elchs verwehrt. 

Natürlich konfrontierten wir die Einheimischen mit unserer Skepsis. Mit einem verschmitzten Lächeln erklärten sie uns: «Die Schilder, die ihr auf den Strassen seht, sind nicht für uns Menschen gedacht, sondern für die Elche. Sie sollen den Tieren zeigen, wo die Strassen verlaufen, damit sie nicht auf die Fahrbahn geraten.» Wenn das stimmt, dann sind die Elche in Finnland nicht nur zahlreich, sondern auch äusserst clever. Sie lesen die Schilder und bleiben unsichtbar. 

Doch hier meine Recherchen, für diejenigen, die es glauben möchten: In Finnland leben schätzungsweise 100.000 bis 120.000 Elche. Diese Zahl variiert je nach Region und Umweltbedingungen, doch sie wird in verschiedenen Quellen als typische Schätzung angegeben. Elche sind ein häufiger Anblick in den nördlichen und östlichen Wäldern Finnlands, wo sie als bedeutender Teil der Wildtierpopulation gelten. 

Obwohl wir keinen Elch zu Gesicht bekamen, bleibt die Vorstellung dieser scheuen Riesen, die sich geschickt in den dichten Wäldern verbergen, eine faszinierende Möglichkeit.

Reisen kann so unkompliziert sein. 

Finnland entpuppt sich als ein wahres Paradies für Reisende, ein Land, das sich mühelos erkunden lässt. Die Strassen sind fast menschenleer, und die Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzungen ist hier die Regel. Waghalsige Überholmanöver? Fehlanzeige. Überall findet man Mülltonnen, und es ist ein Leichtes, einfach rechts ran zu fahren und eine Pause einzulegen. Supermärkte und Frischwasserstellen sind reichlich vorhanden, und das Freistehen ist nahezu überall für 24 Stunden erlaubt. 

Die Finnen selbst sind ein freundliches Volk, das fast durchweg ausgezeichnet Englisch spricht. Ein Gespräch zu beginnen, ist daher kein Problem, auch wenn die Einheimischen eher zurückhaltend und ruhig sind. Die Campingplätze, sollte man einen aufsuchen wollen oder müssen, sind schlicht, aber geräumig und bieten viel Privatsphäre. Die Beschilderung erfolgt meist in Finnisch und Schwedisch, weshalb ein gutes Navigationssystem unerlässlich ist. Bevor man die langen, komplizierten finnischen Wörter entziffert hat, ist man oft schon vorbeigefahren. 

Touristisch ist Finnland, abgesehen vom Juli, wenn die Finnen selbst Ferien machen, nahezu unberührt. Es ist wirklich erstaunlich, wie einfach es ist, dieses Land zu bereisen.

Fun Facts und Kuriositäten 

Wir wussten nicht, dass Finnland den weltweit höchsten Pro-Kopf-Kaffee- und Milchkonsum verzeichnet. Im Durchschnitt trinkt ein Finne etwa 12 Kilogramm Kaffee pro Jahr – ein Getränk, das quasi den ganzen Tag über genossen wird, oft mit einem Schuss Milch. Dies ist umso bemerkenswerter, da 17% der Finnen laktoseintolerant sind. 

Doch nicht nur in Sachen Kaffee setzt Finnland Massstäbe. Das Land hat die höchste Dichte an Heavy Metal Bands weltweit, mit beeindruckenden 53,2 Bands pro 100.000 Einwohner. Berühmte Gruppen wie Nightwish und Children of Bodom haben hier ihre Wurzeln und tragen den finnischen Metal-Sound in die Welt hinaus. 

Ein weiteres faszinierendes Kapitel der finnischen Innovationsgeschichte schrieb Matti Makkonen, der Erfinder der SMS. 1984 brachte er die Idee auf, und 1992 wurde die erste SMS von einem Computer aus verschickt. Das legendäre finnische Unternehmen Nokia war es, das das erste Handy mit SMS-Funktion auf den Markt brachte und damit die Kommunikation revolutionierte. 

Finnland ist auch bekannt für seine skurrilen Sportarten und Wettbewerbe. Ob Frauentragen, Gummistiefel-Weitwurf oder Moorfussball – diese ungewöhnlichen Disziplinen ziehen sogar Weltmeisterschaften an und sorgen für jede Menge Spass und Unterhaltung. 

Ein weiteres erstaunliches Detail: In Finnland gibt es mehr Saunen als Autos. Mit über 3 Millionen Saunen für eine Bevölkerung von etwa 5,6 Millionen Menschen ist die Sauna ein fester Bestandteil des finnischen Lebensstils. 

Am 13. Oktober feiern die Finnen den «Nationalen Tag des Scheiterns». An diesem Tag ist es erlaubt, Fehler zu machen und daraus zu lernen – eine erfrischende Einstellung, die den Druck des Perfektionismus mindert und Raum für Kreativität schafft. Ich glaube allerdings, dass es an allen tagen erlaubt ist. Nur am 13. Oktober wird es gefeiert!

Helsinki, die Hauptstadt, rühmt sich eines der saubersten Leitungswässer unter den grossen Städten weltweit. Und Lappland, die nördlichste Region Finnlands, gilt als eine der Regionen mit der saubersten Luft Europas – ein Paradies für Naturliebhaber und Erholungssuchende. Ach, nochwas zu Helsinki: Helsinki hat ein Jahr lang keinen einzigen Verkehrstoten zu beklagen. Dieser Erfolg ist vor allem auf die konsequente Umsetzung von Tempo-30-Zonen und die Verbesserung der Bedingungen für Fussgänger und Radfahrer zurückzuführen. Die finnische Hauptstadt hat damit einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur «Vision Zero» erreicht, dem Ziel, keine Verkehrstoten mehr zu verzeichnen. 

Die finnische Sprache, die zur uralischen Sprachfamilie gehört, zählt zu den schwersten Sprachen der Welt. Ein Beweis dafür sind die extrem langen zusammengesetzten Wörter, wie das längste Wort mit 61 Buchstaben, das eine spezifische Berufsbezeichnung beschreibt. Aber wir können schon bis drei zählen: yksi, kaksi, kolme. Wie wir das gelernt haben? Mit unserem Lieblingssong des Sommers: https://www.youtube.com/watch?v=WSh7U3m9KgA&list=RDWSh7U3m9KgA&start_radio=1

Mit 187.888 Seen trägt Finnland zu Recht den Spitznamen «Land der tausend Seen». Diese beeindruckende Zahl unterstreicht die natürliche Schönheit und Vielfalt des Landes. 

Und schliesslich: Finnland ist eines der glücklichsten Länder der Welt, wie der World Happiness Report 2025 bestätigt. Ein Land, das nicht nur durch seine atemberaubende Natur und seine kulturellen Eigenheiten besticht, sondern auch durch die Zufriedenheit und das Wohlbefinden seiner Bewohner.

Quellen:


Merci fürs «Mitreisen»

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