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Wir fahren die Landstrasse 5 in Richtung Suomussalmi, als wir plötzlich langsamer werden. Direkt neben der Strasse erstreckt sich ein riesiges Feld – übersät mit hunderten Figuren. Sie stehen einfach da, in bunter Kleidung, schweigend, unbewegt. Wir halten an, steigen aus und finden uns mitten in einer Szene wieder, die gleichzeitig seltsam, witzig und auch ein wenig berührend wirkt.
Die Figuren erinnern an Vogelscheuchen. Ihre Körper bestehen aus Holzgestellen, ihre Köpfe aus Torf. Sie tragen echte Kleidung – Hemden, Röcke, Jacken, Hüte. Und obwohl sich keiner bewegt, scheint es, als würde dieses stille Volk auf uns reagieren. Manche schauen uns an, andere wenden sich ab, manche wirken fröhlich, andere melancholisch. Der Wind bewegt die Ärmel, als würden sie winken.
Unsere Neugier ist geweckt, und wir recherchieren ein wenig. Das, was wir hier sehen, ist ein Kunstprojekt. Es heisst «Hiljainen kansa» – das Stille Volk – und stammt von Reijo Kela, einem Tänzer und Choreografen aus Suomussalmi. Schon 1988 stellte er die Figuren zum ersten Mal bei einer Tanzperformance auf ein Feld. Später reisten sie sogar nach Helsinki und wurden dort 1994 auf dem Senatsplatz gezeigt. Und dann fanden sie im selben Jahr hier ihren heutigen Platz.
Die Figuren haben sich seither immer wieder verändert. Zweimal im Jahr kleidet sie eine lokale Jugendgruppe neu ein. Im Sommer tragen sie leichte Kleidung, im Winter bekommen sie Mäntel und Mützen. Auch ihre Torfköpfe werden regelmässig ersetzt – direkt mit Material von der Wiese, auf der sie stehen. Es ist ein Projekt, das nicht nur Kunst ist, sondern auch Teil der Gemeinschaft geworden ist.
Was genau das stille Volk bedeutet, lässt der Künstler bewusst offen. Manche sehen in den Figuren eine Mahnung, andere fühlen sich an die Gefallenen des Winterkriegs erinnert. Vielleicht erzählen sie auch von Einsamkeit, vom Verstummen oder von Gemeinschaft. Wir selbst spüren einfach eine besondere Atmosphäre.
Die Stille auf dem Feld ist dicht, aber nicht bedrückend. Es ist ein Ort, an dem wir uns nur wundern möchten. Direkt daneben liegt ein kleines Wiesencafé, in dem man Crêpes geniessen und Kesselkaffee trinken könnte, wenn man nicht, wie wir, schon wieder viel zu spät dran wäre und immer das Gefühl hätte, wegen der lang anhaltenden Helligkeit sei es noch Nachmittag. Dort, im Café, lesen wir auch, dass man den Figuren sogar neue Kleidung anziehen darf – wer mag, bringt etwas mit, hängt einen Schal um oder setzt einen Hut auf.
Wir laufen noch ein bisschen durch das Feld, machen Fotos, lachen über eine besonders schiefe Brille, die jemand einer Figur aufgesetzt hat, und lassen uns Zeit. Als wir wieder ins Auto steigen, schauen uns die stillen Gestalten noch einmal hinterher. Merkwürdig, das Ganze. Aber es passt irgendwie zu den skurrilen Finnen.
Quellen:
- https://niittykahvila.fi/de/stille-volk/
- https://tarjasblog.de/Finnland/das-stille-volk/
- https://www.herumkommer.de/stilles-volk/
- https://www.nordisch.info/finnland/das-stille-volk-vor-der-malerischen-kulisse/












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