Längerer Beitrag – schneller Überblick:
Wir verbringen den verregneten Pfingstmontag nicht im Felix, sondern tauchen im Maritimen Zentrum Vellamo in Kotka ein. Spannung, Spiel und Süssigkeiten – drei Dinge unter einem Dach. Bei Regenwetter zeigt sich das wellenförmige Gebäude von Architekt Ilmari Lahdelma von seiner besten Seite: innen ist es nämlich prachtvoll, voller Geschichten und vor allem: trocken.
Schon der erste Eindruck überwältigt uns: Das von Lahdelma & Mahlamäki Architects entworfene Gebäude liegt wie eine mächtige Welle am Hafen von Kotka. Seine geschwungene Dachform und die Metallfassade schimmern je nach Licht wie Wasser. Heute schimmert alles, denn es regnet den ganzen Tag in Strömen. Das Gebäude symbolisiert das Meer, den Wind und den Wandel und fügt sich in die raue Uferlandschaft ein.
Innen ist es warm und offen: Holz, Licht und klare Sichtachsen geben Orientierung und Ruhe. Die grossen Flächen sind bewusst zurückhaltend gestaltet und lassen den Exponaten Raum. Besonders markant ist die breite Eingangshalle mit einer langen Rampe, die sich wie ein Deck durch das Zentrum zieht. Hatte ich erwähnt, dass ich diese modernen Bauten einfach nur toll finde? Wenn dann die Ausstellungsnavigation und Typografie auch noch toll sind, ist mir fast egal, was gezeigt wird. (Ja, so einfach bin ich zu begeistern.)
Hier in der Einganghshalle beginnt unsere Entdeckungstour. Eigentlich. Wenn da nicht das wunderschöne Restaurant Laakonki wäre. Es liegt am Rand des Gebäudes, mit Blick aufs Wasser – fast wie eine Schiffsmesse. Ein idealer Ort für einen Kaffee oder Lunch. Unseren Kaffee trinken wir aus echten Porzellantassen im Blümchenlook, die Pfannkuchen, die hier anders heissen und wir natürlich nicht aussprechen können, verspeisen wir von ebenso geblümten Tellern. Es ist gemütlich und gar nicht kantinenartig.
«Fateful Svensksund» – Was uns die Ostseeschlacht von 1790 heute noch erzählt
Die Ausstellung «Fateful Svensksund» führt uns mitten hinein in eine der grössten Seeschlachten der Ostsee – das Jahr 1790, als schwedische und russische Flotten vor den Küsten Kotkas aufeinandertrafen. Doch anstatt nur militärische Taktiken oder Schiffsmodelle zu zeigen, erzählt die Schau vor allem vom menschlichen Erleben: von jungen Männern, die eingezogen wurden, von Familien, die zurückblieben, von Überlebenden und Gefallenen. In beeindruckender Gestaltung – mit Licht, Ton, Originalzitaten und Figuren in Lebensgrösse – wird der Krieg greifbar, aber nie verherrlicht. Die Ausstellung ist in Finnisch, Schwedisch, Englisch und Russisch beschriftet und endet mit einer klaren Botschaft: Im Krieg gibt es keine Gewinner – nur Geschichten von Verlust.
Vom Sägewerk zum Kartonriesen: Die Industriegeschichte Kotkas
Im Centre Vellamo entdecken wir die Industriegeschichte Kotkas – beginnend 1872 mit Hans Gutzeits Sägewerk. Ab 1907 produziert das Werk Zellstoff, später Kraftpapier und das spezielle Absorbex®, das weltweit unter Laminatböden verwendet wird. Die Ausstellung zeigt Maschinen, Produkte und das Leben der Arbeiter: Schichtbetrieb, Werkswohnungen, Gewerkschaften und die Rolle der Frauen. Wir erleben, wie eng das Werk mit der Stadt verbunden ist und sich stetig modernisiert – von einem Sägewerk zum globalen Kartonunternehmen mit Fokus auf Umwelt. Industriegeschichte zum Anfassen und Nachdenken.
«Never Never Town» – Unser Lieblingsplatz zum Spielen und Staunen
Die interaktive Ausstellung «Never Never Town» entführt uns in eine fantasievolle Miniaturwelt, in der Kinder und Familien spielend die Identität und Kultur von Kotka erkunden können. Die Ausstellung basiert auf der Philosophie des Permission to play: Hier darf angefasst, ausprobiert und mit anderen agiert werden – von bunten Bausteinen bis zu interaktiven Aktivitäten wie dem Flaggen- und Knotenspiel auf dem Boot. Der liebevoll markierte Ship-Dog-Vellu-Spot bietet Kindern Orientierung und macht das Museumsabenteuer lebendig. «Never Never Town» wird zu unserem Lieblingsort. Wenn es etwas zum Mitmachen gibt, sind wir dabei. Und egal wo, wenn es in Museen Kinderführungen gibt, machen wir diese! Sie sind besser als jede intellektuelle Wissensvermittlung.
In the Shadows – We Still Dream
Im Centre Vellamo stossen wir auf die bewegende Ausstellung «In the Shadows – We Still Dream» von Anni Laukka. Die Künstlerin verarbeitet darin Spielzeuge aus zerstörten ukrainischen Städten, die den Krieg aus der Perspektive der Kinder erzählen. Besonders beeindruckt uns, wie Laukka mit Schatten spielt, um die Unschuld der Kindheit und die Grausamkeit des Krieges zugleich sichtbar zu machen. Eine begleitende Animation gibt weitere Einblicke in das Leben der betroffenen Familien. Die Ausstellung berührt uns tief und regt zum Nachdenken über Krieg und seine Folgen an – ganz anders, als wir es von einem typischen Museum erwarten würden.
Gegen Nachmittag – wir haben wirklich einige Stunden im Vellamo verbracht – zieht es uns an einen weiteren Stellplatz am See. Der verregnete Blick durch verregnete Fensterscheiben ist uns gerade mal egal. Wir backen Kuchen, kuscheln uns in unseren Felix, essen den Kuchen noch warm (weil wir wieder mal nicht abwarten können) und machen heute nichts weiter. Und das Beste daran: Das ist wunderbar.
Zitat des Tages: «Wer bummelt, hat mehr vom Leben.»
Quellen:
- https://www.merikeskusvellamo.fi/en/information/
- https://www.merikeskusvellamo.fi/en/exhibitions
- https://www.merikeskusvellamo.fi/en/maritime-centre-vellamo/
- https://www.merikeskusvellamo.fi/en/vellamo-for-families/
- https://www.merikeskusvellamo.fi/en/in-the-shadows-we-still-dream/
- https://annilaukka.com/we-still-dream



























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