Längerer Beitrag – schneller Überblick:
Karelien. Für mich war Karelien immer ein Traumland, eine Wunschregion. Einmal nach Karelien. Doch was genau ist Karelien? Als ich es Gerd erklären will, merke ich, dass ich es gar nicht wirklich weiss. Karelien ist russisch, Karelien ist finnisch, Karelien entstand vor sehr, sehr langer Zeit und hat unglaublich viele Seen.
Karelien ist eine faszinierende Region im hohen Norden Europas, die sich über den Nordwesten Russlands und Teile Finnlands erstreckt. Sie ist mehr als nur ein geografischer Raum – sie ist eine Landschaft, in der Geschichte, Geologie, Natur und Mystik auf besondere Weise ineinandergreifen.
Wir blinzeln immer wieder auf die Schilder: noch 200 km bis Sankt Petersburg. Wie gern würden wir St. Petersburg besuchen und auch den russischen Teil Kareliens. Doch wir entscheiden uns dagegen. Es ist zwar jetzt möglich, ein Visum zu bekommen und über die Grenze zu fahren, aber wir beide merken, dass wir lieber in einer Gruppe fahren würden und uns allein nicht wirklich trauen. Vermutlich wäre alles gar nicht so dramatisch, aber in unseren Köpfen formt sich eine Art von Angst.
Grenzland und Kulturerbe
Karelien war über Jahrhunderte ein umkämpftes Grenzland zwischen Ost und West, zwischen Russland und Schweden bzw. später Finnland. Die Ursprünge der karelischen Bevölkerung reichen weit zurück; sie gehört zu den finno-ugrischen Völkern, die schon in vorchristlicher Zeit in dieser Gegend siedelten. Das erklärt auch die merkwürdige Sprache, die wir hier bis heute nicht verstehen.
Im Mittelalter war Karelien umkämpftes Grenzland zwischen Nowgorod und Schweden. Im 20. Jahrhundert verlor Finnland im Krieg grosse Teile an die Sowjetunion – Hunderttausende flohen, und die «verlorene Heimat» lebt bis heute im finnischen Gedächtnis fort.
Wiege der Erde
Karelien gehört zum Baltischen Schild, einem der ältesten Teile der europäischen Erdkruste – hier finden sich Gesteine, die über 2,3 Milliarden Jahre alt sind. Granite, Gneise und Schiefer prägen das Bild, und das Grundgebirge erzählt von einer Zeit, als die Erde noch ganz anders aussah als heute. Besonders spannend: Die Region war von der «Krustenalterslücke» betroffen, einer Phase, in der weltweit kaum neue magmatische Gesteine entstanden. Nach dieser Pause kam es wieder zu magmatischen Aktivitäten, die unter anderem die berühmten Rapakivi-Granite hervorgebracht haben.
Das alles verspricht eine wunderbare Gegend:
Land der tausend Seen
Karelien ist ein Naturparadies, das von Wäldern, Mooren, Flüssen und unzähligen Seen durchzogen ist. Die Natur erscheint dort oft noch unberührt: Elche, Bären, Wölfe und Luchse durchstreifen die Wälder. Wir sind gespannt. Elche und Bären würden wir gern mal sehen – aus der Ferne, einen direkten Kontakt bräuchten wir nicht unbedingt.
Auf der finnischen Seite, insbesondere in Nordkarelien, erwarten uns raue Hügel, dichte Wälder und wieder eine Vielzahl an Seen.
Zudem lebt hier die geschützte Ladoga- und Saimaa-Ringelrobbe. Oh, das wird noch interessant, dieses Karelien. Zahlreiche Nationalparks wie Wodloserski, Paanajärvi und Kalevalski bieten unberührte Natur und sind Rückzugsorte bedrohter Arten und vermutlich ebenso wird Karelien unser Rückzugsort sein.
Zwischen Nebel und Sage
Karelien gilt als Wiege des finnischen Nationalepos «Kalevala», das Elias Lönnrot im 19. Jahrhundert aus mündlich überlieferten Liedern sammelte. Auf mehreren Reisen durch abgelegene Regionen trug er die alten Runengesänge zusammen, die von Barden über Generationen weitergegeben wurden. Aus diesem reichen Material formte Lönnrot ein zusammenhängendes Epos über Götter, Helden und die Erschaffung der Welt – und schuf damit einen Grundpfeiler finnischer Identität.
Viele Orte in Karelien gelten als Sitz uralter Kräfte. Vermutlich kommt daher meine Vorliebe für diese Region. Felsformationen und heilige Quellen werden bis heute mit Respekt behandelt – sie galten den karelischen Heiden als Orte der Verbindung zwischen den Welten.
Die Natur selbst wird oft als beseelt erlebt: Jeder Baum, jeder Stein hat eine Geschichte. In den Mooren, die sich im Nebel verlieren, sollen einst «Hiisi», finstere Waldgeister, hausten. Und wer nachts allein durch die Wälder streift, hört nicht nur das Rauschen der Kiefern, sondern vielleicht auch das Flüstern der Ahnen.
Jetzt wird klar, dass wir unbedingt durch Karelien fahren müssen. In unserem Fall durch den finnischen Teil von Karelien. Wir freuen uns schon sehr darauf und sind gespannt. Und ja, Bilder haben wir noch nicht. Aber es gibt ja welche von anderen tollen FotografInnen, also füge ich mal hier eines an.
Also: wir freuen uns jetzt schon darauf, in den nächsten Beiträgen vermutlich eigene Bilder aus dieser wunderschönen Region zu zeigen.
Quellen:
- https://www.planet-wissen.de/kultur/nordeuropa/finnland/pwiekarelien100.html
- https://de.wikipedia.org/wiki/Karelien
- https://de.wikipedia.org/wiki/Krustenaltersl%C3%BCcke
- https://www.kareliaberyl.com/geschichte/2
- https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/0301926886900148
- https://visitlakelandfinland.com/de/nationalparks-in-nordkarelien/
- https://finland.fi/de/kunst-amp-kultur/kalevala-das-finnische-nationalepos
- https://de.wikipedia.org/wiki/Kalevala

Foto: adobe stock, Della_Liner
Merci fürs «Mitreisen»
Du denkst, unsere Reiseerlebnisse könnten auch andere interessieren? Dann kannst du den Beitrag ruhig teilen. Per E-Mail oder wie du das auch immer möchtest.
Ausserdem kannst du, falls du es noch nicht getan hast, unseren Newsletter abonnieren. Hier bekommst du immer, wenn wir etwas Neues veröffentlichen oder einmal die Woche freitags alle unsere Erlebnisse in deine Mailbox: leben-pur.ch/newsletter
Wir freuen uns auch sehr über deine Ansichten, deine Tipps oder deine Fragen. Kommentiere doch einfach auf den Beitrag!Vortrag Kamele, Kulturen & viele Kontraste Leben-pur reisen mit dem Camper durchs geheimnisvolle Persien
05.06.26; 20.30 Uhr Beim Sahara-Club-Treffen in Westhofen / Rheinland-Pfalz Sowie man sich anmelden kann, teilen wir den Link hier.