
Längerer Beitrag – schneller Überblick:
Zurück zur Ruhe
Nach der wilden Ehefrauen-Trag-Weltmeisterschaft zieht es uns bewusst wieder in die Natur. Wir geniessen diesen Kontrast: Zunächst lachen wir laut über die absurden Situationen der WM-Teilnahme, dann wird es still und es geht ab in den Wald, eine Rückkehr zum Sommerurlaub.
Seit Mai arbeiten wir ja jetzt wieder 60 %, was für Aussenstehende wenig scheint – doch für uns bedeutet jeder Arbeitstag: weniger Reise, weniger Entdecken. Vielleicht ist das gut so: Unsere künftige Wohnung verlangt nach Dauer, nach Verweilen und vor allem nach etwas mehr Geld, klar, oder?
Und hier im Wald, an einem der tausenden Seen ist es ruhig. Kein Drängen, kein stetes Sightseeing wie im Iran, in Marokko oder der Türkei, keine oder kaum Nachrichten – sondern das einfache Glück. Auch schön. Und für diesen Sommer irgendwie passend.
Strasse der sieben, nein, winzigen Brücken
Wir entscheiden uns, die Sonnenroute zu fahren, also die Küstenstrasse, zu nehmen. Die offizielle Route allerdings führt nicht direkt an der Küste entlang, sondern ist eher ne Autobahn-Landstrasse. Wir nehmen die ganz, ganz kleinen Strassen, die durch die kleinen Orte führen. Ich habe extra eine Route ausgesucht: die sogenannte «Strasse der sieben Brücken». Aber: Wo sind die Brücken? Die ersten Übergänge sind mehr Deich als spektakuläre Brücke – Schatten werfen Schilfhalme, kaum zehn Meter lang, schlanke Bögen über schmale Kanäle. Erst nach der vierten «Brücke» merken wir: Wir sind schon drüber gewesen.
Enttäuschung? Unspektakulär? Nein! Es ist unser Alltag hier in dieser Region, die die Marketingprofis als grosse Brückenrundfahrt anpreisen. Und genauso charmant ist es: kleine, unscheinbare Übergänge mit Schilf, Vogelgezwitscher – und das Wissen, dass das klassische «Erlebnis» ganz anders aussieht als es klingt.
Jakobstad: Hübsch, hölzern – und fast menschenleer
Angekommen in Jakobstad, freuen wir uns auf einen gemütlichen Bummel durch die historische Altstadt. Doch die Realität holt uns schnell ein: Fast alles ist geschlossen. Die malerischen Holzhäuser säumen verlassene Strassen, die Marktplatzcafés existieren nur in unserer Vorstellung, und kein Geschäft hat seine Türen geöffnet. Eine seltsam entrückte Stimmung.
Etwas enttäuscht, aber dennoch neugierig, schlendern wir in Richtung Holzkirche. Das alte, helle Holzgebäude, umgeben von ehrwürdigen Bäumen und verwitterten Grabsteinen, strahlt eine eigentümliche Ruhe aus. Auf dem Friedhof entdecken wir schliesslich das Grab der Eltern von Zacharias Topelius, dem berühmten finnlandschwedischen Dichter und Geschichtenerzähler. Ein Moment tiefer Besinnung überkommt uns, als wir an die alten Geschichten denken, die hier ihren Ursprung haben.
Der anschliessende Rundgang durch die Altstadt Skata tut uns gut. Zwischen den bunten, schiefen Holzhäusern blühen Blumen in den Vorgärten, ein Fahrrad lehnt lässig an einem weissen Lattenzaun, und ein paar Katzen schleichen neugierig um die Ecken. Unser eigenes Echo hallt durch die leeren Strassen. Ist es vielleicht genau diese Leere, die diesen Ort so magisch macht?
Doch als ich plötzlich dringend eine Toilette brauche, wird klar: Wir müssen zurück zum Felix. Und dann fahren wir auch gleich weiter – warum auch nicht?
Kaum setzen wir unsere Fahrt fort, kommt mir eine neue grossartige Idee in den Sinn. Es gibt ein kleines Museum, das tatsächlich geöffnet hat. Und laut Google Maps soll das dazugehörige Café nicht nur entzückend, sondern auch geöffnet sein. Also nichts wie hin!
Als wir ankommen, stellen wir fest, dass wir die einzigen Gäste sind – ein Umstand, an den wir uns mittlerweile gewöhnt haben. Wir lassen uns in dem charmanten Café nieder und kommen prompt mit dem Kellner / der Kellnerin ins Gespräch. Schnell wird uns klar, dass die Person non-binär ist. Wir sprechen darüber und sind dankbar für die Offenheit von Selma.
Es ist immer wieder bereichernd, mit Menschen zu sprechen, die so gar nicht dem entsprechen, was der Mainstream als «normal» definiert. Unser Gespräch ist wunderschön und tiefgründig. Wir unterhalten uns über den Songcontest in Basel, der grossartig gewesen sein soll, über non-binäre Personen in Finnland und über die deutsche Sprache, die zwischen männlich, weiblich und sächlich unterscheidet, während die finnische Sprache solche Differenzierungen gar nicht kennt. Eine ziemlich einfache Sache, die den Finnen auch die Diskussion um das Gendern erspart (was im Wortsinn eigentlich ent-gendern heissen sollte!).
Selma, so stellt sich unsere Gesprächsperson vor, gibt uns einen wunderbaren Tipp: ein süsses Café in einem Hafen, das deutlich mehr Gäste anzieht als dieses hübsche Museums-Café. Na, wenn das mal kein Tipp ist! Vielen Dank dafür, Selma!
Nach dieser wirklich gemütlichen Pause setzen wir (nach dem Besuch des zweiten Cafés, klar, oder?) unsere Reise fort: auf das Archipel Kvarken.




















Merci fürs «Mitreisen»
Du denkst, unsere Reiseerlebnisse könnten auch andere interessieren? Dann kannst du den Beitrag ruhig teilen. Per E-Mail oder wie du das auch immer möchtest.
Ausserdem kannst du, falls du es noch nicht getan hast, unseren Newsletter abonnieren. Hier bekommst du immer, wenn wir etwas Neues veröffentlichen oder einmal die Woche freitags alle unsere Erlebnisse in deine Mailbox: leben-pur.ch/newsletter
Wir freuen uns auch sehr über deine Ansichten, deine Tipps oder deine Fragen. Kommentiere doch einfach auf den Beitrag!Vortrag Kamele, Kulturen & viele Kontraste Leben-pur reisen mit dem Camper durchs geheimnisvolle Persien
05.06.26; 20.30 Uhr Beim Sahara-Club-Treffen in Westhofen / Rheinland-Pfalz Sowie man sich anmelden kann, teilen wir den Link hier.
