Finnland – Unikeonpäivä. Schlafmützen-Festival im schönsten aller Städtchen – Naantali

Finnland – Unikeonpäivä. Schlafmützen-Festival im schönster aller Städtchen – Naantali Lesedauer etwa 7 Minuten.

«Immer mal etwas, was ich noch nie getan habe. Oder schon sehr lange nicht mehr.» So begann unser Abenteuer, das eigentlich gar nicht so geplant war. Ursprünglich sollten Regula und ich im Camper schlafen, während Gerd das Zelt beziehen wollte. Doch kaum hatten wir das Zelt aufgebaut, war Regula auch schon darin verschwunden. Unser Zelt, das nun wohl ihres ist.

Dieses Zelt hat eine besondere Bedeutung für uns. Vor fünf Jahren, als wir mit unseren Motorrädern aufbrachen, hielten wir uns für grosse Abenteurer, die jede Nacht im Zelt verbringen würden. Deshalb kauften wir ein Zelt, das sich unglaublich leicht aufbauen liess und uns sehr gefiel. Doch in Wahrheit haben wir es, ebenso wie die Luftmatratzen und Schlafsäcke, kaum genutzt. Im ersten Jahr genau dreimal. Wir könnten die Schuld auf COVID schieben, aber die Wahrheit ist, dass wir doch ein wenig verwöhnte Luxusmäuse sind und gerne in Hotels übernachten.

Als wir erfuhren, dass Regi uns in Finnland besuchen würde, packten wir unser Zelt, die Schlafsäcke und Isomatten ein. Und nun, in Naantali, und bauen ihr ein kleines, gemütliches Outdoor-Hotel. Schnell kochen wir einen Kaffee, machen eine Pause und uns dann zu Fuss auf den Weg in die wunderschöne Stadt Naantali. Diesmal verbringen wir ein, zwei Tage auf einem Campingplatz.

Naantali, eine historische Küstenstadt im Südwesten Finnlands, liegt nur 14 Kilometer westlich von Turku. Mit rund 20.100 Einwohnern ist sie besonders für ihre malerische Altstadt, ihre Inselwelt und ihr kulturelles Angebot bekannt. Naantali wurde 1443 um das Brigittinenkloster Vallis gratiae («Tal der Gnade») gegründet, als König Christoph von Bayern die Stadtrechtsurkunde unterzeichnete. Der Name leitet sich vom schwedischen Nådendal her, was direkt aus dem lateinischen Ursprungsnamen übersetzt ist. Nach der Auflösung des Klosters im Zuge der Reformation geriet die Stadt in Vergessenheit, erlebte jedoch im 19. Jahrhundert mit Kur- und Spa-Angeboten einen Aufschwung. Heute erinnern die gut erhaltene Altstadt und zahlreiche Museen an die bewegte Geschichte.

Aber warum sind wir hier? Wegen Unikeonpäivä, dem Tag des Siebenschläfers. Am 27. Juli wird ein «Langschläfer» öffentlich ins Meer geworfen – eine der originellsten Stadttraditionen. Die Finnen sind schon manchmal verrückt. Wir freuen uns riesig, an diesem originellen Fest teilzunehmen.

Der Ursprung der Tradition reicht bis ins Mittelalter zurück und ist eng mit der Legende der Sieben Schläfer von Ephesus verbunden. Der Legende nach versteckten sich sieben junge Christen zur Zeit der Christenverfolgung im 3. Jahrhundert in einer Höhle und schliefen dort wundersamerweise über 200 Jahre, bis sie wieder entdeckt wurden. Im Mittelalter glaubte man in Finnland, die letzte Person, die am 27. Juli aufstand, würde für den Rest des Jahres faul und unproduktiv bleiben. Die Feier wurde erstmals im 19. Jahrhundert zum spassigen Spektakel, als das Kurleben und die Sommerfrische in Naantali florierten. Schon im alten Hausbrauch wurde am Unikeonpäivä der «Langschläfer» als Letzter geweckt – oft durch einen kleinen Wasserguss oder indem man ihn in einen See oder ins Meer warf.

In Naantali entwickelte sich daraus ein öffentliches Stadtfest mit besonderem Ritual: Frühmorgens, meist um 7 Uhr, wird jedes Jahr eine prominente, bis dahin geheim gehaltene Persönlichkeit («Unikeko») ausgewählt, die sich für die Stadt verdient gemacht hat. Diese Person wird feierlich aus dem Bett an den Hafen getragen – oft noch in Schlafkleidung oder eingewickelt in Laken – und vor den Augen vieler Zuschauer ins Meer geworfen. Wer der Unikeko ist, bleibt bis zum grossen Moment geheim. Nach dem berühmten Wassersturz folgen den ganzen Tag über verschiedene Feierlichkeiten, Musik, Spiele und Veranstaltungen für Gross und Klein. Jeder Bürgermeister musste bereits einmal ins Wasser, aber auch Künstler, Wissenschaftler, Unternehmer oder bekannte Ehrenamtliche wurden schon als Unikeko gewürdigt.

Neben dem offiziellen Teil wird auch in vielen finnischen Familien die Person, die am längsten schläft, traditionell mit Wasser geweckt – als scherzhafte Mahnung zu Fleiss und Tatendrang. Ursprünglich zur Ehrung des Fleisses und als Warnung vor Faulheit gedacht, wird heute eher der Humor, die Gemeinschaft und das Miteinander gefeiert. Es ist ein grosses Sommerfest, das die Stadt belebt und Menschen zusammenbringt. Die Tradition ist mittlerweile zu einem Symbol für Lebensfreude, Zusammenhalt und lokale Identität geworden. In Naantali gilt der Unikeonpäivä mittlerweile als eine der buntesten und beliebtesten lokalen Traditionen Finnlands.

Wir jedenfalls haben uns in dieses zauberhafte Städtchen sofort verliebt. Am Vorabend des Unikeko bummeln wir der Promenade entlang, geniessen den Sommerabend und haben das Gefühl, wir seien irgendwo in Süditalien. Am Morgen stehen wir Punkt 7 Uhr am Pier und schauen der Prozession der Schlafmützen entgegen. Den ganzen Tag über bewundern wir dieses lustige Treiben, das auf den ersten Blick völlig schräg wirkt, aber auch ein richtig tolles Familienfest ist. Hier kommen alle zusammen, und es ist wirklich sehr, sehr gemütlich. Den Abend lassen wir dann wieder in einem der wunderschönen Restaurants am Hafen ausklingen und wandern ein drittes oder viertes Mal zurück zum Campingplatz. Todmüde, glücklich und mit einem kopfschüttelnden Lächeln auf den Lippen fallen wir schliesslich ins Bett oder auf unsere doppelt gestapelte Luftmatratzen.

Quellen:

leben pur

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