Finnland – Ein Morgen in Langinkoski – Russland und dem Zaren ganz nah

Finnland – Ein Morgen in Langinkoski – Russland und dem Zaren ganz nah Lesedauer etwa 5 Minuten.

Es ist ein früher Morgen Mitte Juni. Der Himmel hängt tief, und ein feiner Nieselregen legt einen silbrigen Schleier über die Wipfel der Kiefern. Wir sind allein hier – der Parkplatz ist leer, nur die Vögel zwitschern um die Wette.

Das Murmeln des Flusses Langinkoski begleitet uns, als wir das Gelände betreten. Die Cafés haben noch geschlossen, keine heisse Schokolade in Sicht, nur der würzige Duft von nassem Waldboden und Harz. Dabei steht geschrieben, man solle sich im Café Dagmar etwas gönnen, als Gegenleistung und statt Eintrittsgebühren.

Langsam wandern wir die sanften Pfade entlang. Der Weg ist naturbelassen, aber gut begehbar – rechts ragen moosbedeckte Felsen auf, links glitzert das Wasser zwischen Erlen und Birken. Direkt im Wald und neben den berühmten Stromschnellen stehen wir vor der kaiserlichen Fischerhütte – aus massiven Blockbohlen gezimmert, schlicht, beinahe bäuerlich. Würdevoll.

Fischerhütte, ja, so kann man es auch sagen. Für uns würde es als Haus auch gut reichen. So unterschiedlich sind eben die Bedürfnisse. Doch unsere Gefolgschaft ist ja auch klein, oder besser: nicht vorhanden. Vielleicht sollten wir mal drüber nachdenken, also an eine Gefolgschaft. Doch wer käme da infrage?

Das Museum ist noch nicht geöffnet, aber das stört uns nicht. Wir schauen durchs Fenster – innen scheint alles wie damals. Man spürt förmlich, wie Zar Alexander III. hier einst am groben Holztisch sass, vielleicht mit nassen Stiefeln, eine frisch geangelte Forelle auf dem Tisch, ein Glas Wodka daneben. Kein höfischer Prunk, sondern einfache Gemütlichkeit – der Zar liebte diese Hütte. Und er, ein Mann mit Händen wie ein Schmied, soll seine Fische sogar selbst ausgenommen haben.

Ich merke gerade, dass hier meine Fantasie mit mir durchgeht. Vielleicht habe ich zu viel russische Geschichte in meiner DDR-Vergangenheit durchgenommen.

Für seine Gemahlin liess er dieses Blockhaus errichten – nicht in St. Petersburg, nicht in Livadia, sondern hier, mitten im Wald an einem finnischen Fluss. Es war ihr Rückzugsort – weit weg von Hofetikette, von Machtspielen.

Vielleicht sassen sie hier morgens gemeinsam auf der Veranda, schweigend, den Dampf aus dem Teesamowar beobachtend. Irgendeine Zofe flocht ihr das Haar, man sprach natürlich Französisch, die feine Sprache. Und Maria Feodorowna liess die süsse Konfitüre in den Tee gleiten, während sie gemütlich mit dem Silberlöffelchen umrührte.

Ja, so ungefähr war das wohl. Und wenn nicht, auch egal, ich hatte bei den Vorstellungen jedenfalls Freude.

Wir gehen weiter, umrunden die Hütte, finden eine kleine Kapelle und lauschen dem aufgeregten Rauschen der Stromschnellen. Die Natur scheint hier dieselbe geblieben zu sein: hohe Tannen, knorrige Kiefern auf Felsen, ein paar Vogelrufe in der Ferne. Man muss nicht viel tun – einfach stehen bleiben und atmen.

Langinkoski ist kein lautes Reiseziel. Es flüstert. Vom einfachen Leben. Vom Wunsch nach Ruhe. Und von einem Zaren, der inmitten imperialer Verantwortung das Glück im Fischen fand.

Nach nur einer knappen Stunde sitzen wir wieder in unserem fahrenden Häuschen, es nieselt und wir überlegen, ob es Zeit für ein Frühstück wäre. Und ja, das ist es. Und da wir ja gern traditionell leben, frühstücken wir nach dem Einkauf direkt auf dem Lidl-Parkplatz. Ja, das ist irgendwie unser Ritual. Erst einkaufen, dann zmörgelen. Grösser könnte der Kultur- und Naturschock nicht sein: erst Natur und russischer Zar, dann Parkplatz-Romantik und Lidl.

Quellen:

leben pur

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Jana
Jana
5 Monate zuvor

„Langinkoski ist kein lautes Reiseziel. Es flüstert. Vom einfachen Leben. Vom Wunsch nach Ruhe. Und von einem Zaren, der inmitten imperialer Verantwortung das Glück im Fischen fand.“ Wunderbar beschrieben und genauso wunderbar muss es dort sein. Geniesst es!