Schweiz – Warum hier gerade Sendepause ist

Schweiz – Warum hier gerade Sendepause ist Lesedauer etwa 6 Minuten.

Wir haben eine unserer treuesten Leserinnen verloren. Und noch dazu, was viel schwerer wiegt: ein liebes Familienmitglied. Hoch oben im Norden Deutschlands, zwischen St. Peter-Ording und Sylt, erreichte uns die Nachricht. «Wenn ihr sie noch besuchen wollt, dann wäre das jetzt der richtige Zeitpunkt», lesen wir. Es dauert nicht lange, da sind wir in anderthalb Tagen – Rekordtempo für unsere Verhältnisse – in Bern.

So verbringen wir die letzten Wochen in Bern – zwischen Felix, Arbeit, Baustelle und Palliativstation. Bis wir uns in der letzten Woche endgültig verabschieden müssen. Diese Endgültigkeit ist für uns das Traurigste.

Wir trauern. Und sind währenddessen voller Dankbarkeit. Dankbarkeit, dass wir nochmal da sein konnten. Dankbarkeit dafür, dass es in der Schweiz die Möglichkeit eines selbstbestimmten Abschieds gibt. Und Dankbarkeit dafür, dass alle Menschen ihres engeren Umfeldes sie liebevoll begleiten konnten.

In den letzten Tagen fror sie oft an ihren Füssen, und ich durfte ihr ein Paar selbstgestrickte Socken schenken. Eine Kleinigkeit, und doch hat sie mich sehr gefreut. Eigentlich hatte ich die Socken für uns gestrickt. Sie waren uns jedoch zu klein, ich hatte mich verstrickt. Umso glücklicher war ich, dass die Socken doch noch eine Aufgabe bekamen.

Nun sitzen wir in unserem Felix, sortieren die alten, vergilbten Bilder, die wir in den letzten Tagen aus dem Nachlass mitnehmen durften. Wir erzählen uns schöne Geschichten aus ihrem Leben. Wir zünden Kerzen an und freuen uns, dass wir ein paar Dinge aufbewahren dürfen, die in einem Jahr in unserer Wohnung stehen werden – Erinnerungsstücke eben.

Wir danken für die marokkanischen Lampen und über die Handtücher mit Gerds und ihrem Lieblings-Eishockey-Club-Logo. Wir freuen uns über die grosse Stehlampe mit Erinnerungswert und über die kleinen, bunt bemalten Schweizer Fussbänkchen. All diese Dinge – vielleicht klein, nicht immer von materiellem Wert – werden bei jedem Betrachten unsere Erinnerungen lebendig machen. Es sind eben doch immer die kleinen Dinge. Und es ist tröstlich zu wissen, dass wir Abschied nehmen und uns zugleich an ihnen freuen dürfen.

Trauer ist vor allem eines: Trauer um den Verlust in uns selbst. Die Verstorbenen – wir wissen es ja nicht genau, aber wir hoffen es – gehen ihren eigenen Weg. Traurig sind wir, weil wir sie nicht mehr um uns haben. Trauern ist wohl ein aktiver Prozess. Er braucht Zeit und folgt keinen festen Regeln. Trauerarbeit heisst, Wege zu finden, den Verlust ins eigene Leben zu integrieren.

In den unmöglichsten Momenten denken wir an sie, wir lachen – oder uns kommen die Tränen. Sie wollte gern als Buchfink wiederkommen. Wir haben ihr versprochen, jeden Buchfinken zu grüssen. Nur: Wir wissen gar nicht genau, wie Buchfinken aussehen. Ist sie ein Weibchen oder kommt sie als Männchen zurück? Also brauchen wir einen Vogelratgeber. Und wir fragen uns, ob die Buchfinken, die jetzt schon an uns vorbeifliegen, schon sie sein könnten – obwohl sie ja vor ihrem Tod schon geschlüpft sein müssen. Wir einigen uns darauf: Die Buchfinken, die wir im nächsten Jahr sehen, könnten vielleicht sie sein. Und trotzdem freuen wir uns über jeden Buchfinken, den wir jetzt sehen – wenn wir ihn denn erkennen.

Ach, du Liebe, du wirst uns fehlen. Du fehlst uns jetzt schon. Wir vermissen dein Lachen, deinen Witz, deine grosse Güte. Einer deiner liebsten Sätze war: «Ach, ich mag’s euch gönnen. »

Auch wer viel unterwegs ist wie wir, wer viele Menschen trifft und viel erlebt: Der Abschied von lieben Menschen gehört zum Leben – wie in jeder Familie. Ja, am liebsten würden wir uns nie verabschieden müssen. Aber das gehört nun einmal dazu. Lernen wir wieder einmal.

Wir sind sehr, sehr dankbar, dass wir uns beide haben; dass wir einander tragen. Und dass unsere Familie und unsere Freunde – in echt und in Gedanken – so viel bei uns waren und sind.

Klar, deshalb hatten wir hier im Blog gerade keine Lust zu schreiben. Doch jetzt, mitten im Abschied, schauen wir wieder auf unsere Bilder aus Estland, Lettland, Litauen, Polen, Deutschland. So vieles haben wir noch erlebt. Und vielleicht, je nachdem wie es mir ist, habe ich bald wieder Lust, aus der Erinnerung zu schreiben. Mal sehen, wie schnell das passiert.

Selbstbestimmt bis ans Lebensende: https://www.exit.ch/

Foto: Statt Abschiedsbildern einfach ein paar Fotos der letzten Wochen. Wir sind viel an der Aare, auf dem Gurten und am Murtensee unterwegs gewesen. Und eines meiner Lieblingsbilder von Gerd als Skisport-Schönheit vergangener Tage aus alten Fotoalben.

leben pur

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