Baltikum – Estlands Ostseeküste: Findlinge, Sowjet-Charme-Luxus-Hotel und viele Mücken

Baltikum – Estlands Ostseeküste: Findlinge, Sowjet-Charme-Luxus-Hotel und viele Mücken

Längerer Beitrag – schneller Überblick:

Lesedauer etwa 6 Minuten.

Nach unserem malerischen Folk-Festival bemerken wir am Morgen, dass wir in unmittelbarer Nähe zum Strand campen. Die verlockenden ersten Sonnenstrahlen des Tages ziehen uns magisch an, und so beschliessen wir, einen Spaziergang am menschenleeren Strand zu unternehmen. Schnell sind unsere Kleider abgestreift, und wir stürzen uns in die kühle Ostsee. (Wir haben das Gefühl, Eisbaden zu praktizieren!) Was wir völlig unterschätzt haben, ist die flache Bucht, die uns zwingt, hunderte Meter ins knietiefe Wasser zu waten, bevor wir tatsächlich schwimmen können. Unsere Vorstellung, rasch ins tiefe Wasser zu gelangen, löst sich in Luft auf. Nun ja, wir sind wohl keine Experten im morgendlichen Ostseeschwimmen.

Der Parkplatz bietet eine charmante Stranddusche, die wir ebenfalls nutzen wollen. Zwar hätten wir in unserem Felix warm duschen können, aber die Idee, uns hier eiskalt abzuduschen, hat ihren eigenen Reiz. (Ehrlicherweise: nur ein einziges Mal!) Langsam beginnt die Sonne, uns zu wärmen, und wir schmieden Pläne für die kommenden Tage. Unser nächstes Ziel ist Narva, an der russischen Grenze im Osten. Und ich habe eine Idee: Warum nicht im luxuriösen Toila Spa Hotel frühstücken, mit einem atemberaubenden Blick aufs Meer?

Toila Spa Hotel

Das Hotel thront auf einer Anhöhe an der Ostseeküste, direkt neben dem berühmten Oru-Park. Vor dem Zweiten Weltkrieg stand hier das legendäre Oru-Schloss, erbaut in den 1930er Jahren vom russischen Geschäftsmann Grigori Jelissejev und später als Sommerresidenz des estnischen Präsidenten genutzt. Während der sowjetischen Ära wurde das mondäne Kurleben verstaatlicht – aus den eleganten Sommerresidenzen wurden Sanatorien, in denen Arbeiter und Parteifunktionäre Erholung und Kuren verordnet bekamen. Das heutige Spa-Hotel knüpft an diese osteuropäische Kurtradition an, soll jedoch modernen Wellnessurlaub anbieten.

Das neunstöckige Hotelgebäude aus der Sowjetzeit dominiert das Ortsbild. Es ist ein typischer Funktionsbau mit grosszügigen Spa- und Freizeitbereichen, konzipiert für Praktikabilität, Erholung und die Aufnahme grosser Gästezahlen. Das Innere ist kurios, nach-wende-stylisch modernisiert, mit Details wie dem römisch inspirierten Saunazentrum (Toila Termid) und zahlreichen Behandlungsräumen, die internationale Wellness-Trends aufgreifen, aber dem grosszügigen Kommunismus-Kurhaus-Charakter treu bleiben. Auf dem Parkplatz vor dem Hotel kommen ständig Reisebusse voll pensionierter Leute an. Alles fühlt sich eher wie Reha, denn Luxus-Hotel an.

Eine Besonderheit ist der hohe Anteil russisch sprechender Gäste, was an der Nähe zur Grenze, den historischen Wurzeln und der Tatsache liegt, dass viele Russen weiterhin in der Region leben und urlauben. Es erfreut mich, Russisch zu hören. Ich liebe diese Sprache und habe sie einst in der Schule gelernt. Leider verstehe ich sie weniger gut, als ich nach neun Jahren Unterricht sollte. Aber so ist das nun mal, wenn man eine Sprache lernt, ohne Freude daran zu haben. Heute ärgere ich mich darüber, aber die Schule hat auch ihren Teil dazu beigetragen.

Wir kommen zu spät zum gemütlichen Frühstück und zu früh für etwas anderes. Da das Hotel noch immer ein Hauch von kommunistischem Kurhausregime ausstrahlt, ist das Ganze eher ungemütlich. So sitzen wir in unserem Felix und löffeln unser Müsli, ganz allein, aber nicht weniger schön.

Weiter geht‘s entlang der Küste. Wir wählen kleine Strassen, die durch malerische Dörfer führen. Einfach nur schön. Wir stossen auf einen wunderschönen Wanderweg, halten an und wandern eine ganze Weile an der Küste entlang und sehr viel später durch den Wald zurück. (https://maps.app.goo.gl/GnbAhVqLncg3imTj8)

leben pur

Findlinge

Die Küste Estlands ist übersät mit Findlingen. Ich habe keine Ahnung, warum, also habe ich recherchiert.

Findlinge sind grosse Felsbrocken, die während der Eiszeiten von Gletschern über weite Strecken transportiert und an neuen Orten abgelagert wurden. Durch die Kraft der wandernden Eismassen lösten sich massive Steine aus ihrem Ursprungsgebiet und wurden im Inneren oder an der Unterseite des Gletschers eingeschlossen. Als das Eis schliesslich schmolz, blieben diese steinernen „Reisenden“ in der Landschaft zurück – oft deutlich erkennbar, weil sie nicht zum heimischen Gestein passen.

Gerade an der estnischen Ostseeküste ist die Dichte und Grösse der Findlinge besonders beeindruckend. Hier haben Gletscher aus Skandinavien während der letzten Eiszeit zahllose Blöcke aus Granit und anderen Gesteinsarten herantransportiert. Bis heute prägen diese Findlinge Strände, Wälder und Küsten – viele gelten als Wahrzeichen in der Natur Estlands und erzählen von den gewaltigen Kräften vergangener Jahrtausende.

Auf unserer Wanderung entdecken wir sie dann endlich, die Mücken. Wir streifen durchs Unterholz und wollen Blaubeeren pflücken. Der Wald ist voll davon, aber sie werden von Heerscharen von Mücken bewacht.

Kaum greifen wir in einen Blaubeerstrauch, stieben hunderte Mücken auf und stürzen sich auf uns. Innerhalb von Minuten sind meine Arme, mein Hals und mein Gesicht zerstochen. Wir schaffen es nicht mehr, die Mückenstiche zu zählen. Wir ziehen die Kapuzen eng zu und die Wanderung wird keine Blaubeer-Sammel-Tour, denn wir lassen die Beeren dort, wo sie sind, um die Mücken nicht weiter zu stören.

Hastig wandern wir zurück durch den wunderschönen, aber mückenverseuchten Wald. Wir ärgern uns, dass unser Mückenspray, das wirklich hilft, natürlich im Felix liegt. Notiz an uns selbst: Mückenspray gehört in den Wanderrucksack.

Quellen:

leben pur

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