Finnland – Vom Zwischenstopp zum Lieblingsort: der klingende Wald in Suomussalmi

Finnland – Vom Zwischenstopp zum Lieblingsort: der klingende Wald in Suomussalmi Lesedauer etwa 6 Minuten.

In Suomussalmi wollen wir eigentlich nur Organisatorisches erledigen: ein bisschen arbeiten, Wasser auffüllen, unser Schmutzwasser ablassen und endlich mal wieder einkaufen. Wir lesen, dass wir nun in der Region Arctic Lakeland angekommen sind. Das war uns vorher gar nicht so bewusst. 

Dieses Städtchen hat eher einen industriellen Charme. Es wirkt ein bisschen wie eine Kreuzung mit ein paar Geschäften. Eigentlich planen wir nur einen kurzen Halt ein, um dann weiter Richtung Norden zu fahren. 

Doch irgendwie reizt uns die Idee, den Polarkreis und die Mitternachtssonne noch ein wenig intensiver zu erleben. Beim Blick auf unsere Route entdecke ich ein kleines Symbol, das vom „klingenden Wald“ spricht. Was genau das ist, weiss ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Ich finde auch keine genauere Beschreibung. 

Also biegen wir spontan ab – und stehen plötzlich in einer fantastischen Landschaft. Rundherum Wälder, Seen, kleine Berge. Ein Open-Air-Theater liegt direkt in der Nähe. Momentan finden dort keine Aufführungen statt, aber das stört uns nicht im Geringsten. 

Hinter dem Theater entdecken wir ein Schild, das uns zum „klingenden Wald“ führt. Das Wetter ist noch schön, und unsere App zeigt, dass das wohl der letzte schöne Tag für eine Weile ist. Es soll bald regnen. Also überlegen wir, ob wir in dieser Region einfach noch ein wenig bleiben. An den nächsten Tagen wollen wir sowieso arbeiten, und dann könnten wir genauso gut hierbleiben. 

Es fühlt sich gerade nach einem perfekten Ort zum Bleiben an. Also machen wir uns auf den Weg in den klingenden Wald. Der Pfad ist etwa anderthalb bis zweieinhalb Kilometer lang. Wir wandern los, und bald schon stehen wir mitten im Wald – umgeben von riesigen, überdimensionalen Klangobjekten. 

Diese Instrumente sind wirklich beeindruckend. Einige von ihnen erzeugen tiefe, schwingende Töne. Andere klingen hell und freundlich. Es gibt Glocken, es gibt Summtöne, die ganz besonders durch den Wald tragen. Eines der Instrumente ist ein Regenrohr – allerdings ohne Regen. Vermutlich ist es mit Sand oder kleinen Steinen gefüllt. Wenn man es bewegt, entsteht ein sanftes Trommeln, das sich ganz harmonisch in die Geräuschkulisse des Waldes einfügt. 

Es ist spannend, wie der Wald auf all diese Klänge reagiert. Die Luft trägt die Töne, die Bäume wirken wie Verstärker. Immer wieder öffnet sich der Blick auf den idyllischen Hietajärvi-See. Es ist eine wunderschöne Verbindung von Natur und Klang. 

Das Besondere daran ist, dass wir hier nicht einfach nur durchlaufen und schauen. Wir dürfen selbst aktiv werden. Wir schwingen Klangobjekte an, wir trommeln, wir lauschen. Wir spüren, dass wir ein Teil dieses Ortes werden. 

Es sind kaum andere Menschen unterwegs. Vielleicht noch zwei Familien. In der Ferne hören wir das Trommeln anderer Besucher. Gleichzeitig klimpert bei uns ein Klangkörper, und irgendwo raschelt und summt es. Der ganze Wald ist erfüllt von diesen leisen, achtsamen Geräuschen. Es entsteht eine ganz besondere Energie. 

Wir lesen später, dass der Wald je nach Jahreszeit ganz unterschiedlich klingt. Mal tief und dröhnend, mal hell und leicht. Im Sommer sind die Klänge eher gedämpft. Vielleicht schluckt das viele Laub einen Teil der Töne. 

Ich stelle mir vor, wie es im Winter wäre. Wenn alles gefroren ist und der Schnee liegt. Wie klingen die Instrumente dann? Wahrscheinlich noch viel klarer, vielleicht fast metallisch. 

Uns wird wieder bewusst, dass wir uns bereits in der Arktis befinden. Wir haben den Polarkreis überquert. Es ist Sommer, die Kinder haben Ferien – und trotzdem ist es ruhig. 

Wir stellen uns vor, dass an so einem Ort viele Menschen sein müssten. Ein voller Parkplatz, Pommesbuden, vielleicht ein kleines Café. Aber nichts davon. Nur zwei andere Familien, genauso still und zurückhaltend wie wir. 

Wir überlegen, ob wir in der Nähe übernachten. Und es ist überhaupt kein Problem. Es gibt unzählige kleine Buchten an den Seen. Immer findet sich ein Platz, an dem man ganz für sich sein kann. Falls doch jemand dazukommt, stört man sich nicht. Jeder respektiert den Raum des anderen. 

Während wir also den Tag im klingenden Wald verbringen, kommen noch ein, zwei andere Camper. Vielleicht in Sichtweite, aber nie in Rufweite. Es ist so ruhig, so angenehm, dass wir fast vergessen, dass andere auch hier sind. 

Ich gehe sogar zwei- oder dreimal in den See baden. Ich weiss, dass es bald kälter wird, und will diesen Moment auskosten. Der See hat vielleicht 16 oder 17 Grad – und ist damit wärmer als die Luft. Ich friere also erst, wenn ich wieder draussen bin. 

Aber ich will das erlebt haben. In einem arktischen See zu baden – das klingt nicht nur besonders, das fühlt sich auch so an. 

Alles in allem ist dieser Ort ein kleines Geschenk. Wenn nicht so viel Regen angekündigt wäre und wir nicht schon wieder leicht der Sonne hinterherfahren würden, würden wir wahrscheinlich noch eine Woche bleiben. Es ist wirklich ein wunderschöner Ort – still, inspirierend und voller sanfter Klänge.

leben pur

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