
Nach sechs Kilometern staubiger, holpriger Piste erreichen wir endlich den Campingplatz ausserhalb der Stadt. Doch die Freude hält sich in Grenzen. Die endlosen Reihen von Wohnmobilen, das Gefühl der Enge und die lauten Gespräche, die über den Platz hallen, lassen uns die Freiheit des unbeschwerten Reisens vermissen. Man kennt sich hier, ruft sich lautstark zu – und ja, es ist eine bestimmte Nationalität, die sich besonders hervortut. Welche, bleibt unerwähnt. Und nein, es sind diesmal nicht die Deutschen.
Ein weiteres Phänomen fällt uns auf: die unterschiedlichen Hundehalter. Da gibt es jene, die ihre Hunde anleinen und dafür sorgen, dass sie auf ihrer Parzelle bleiben. Und dann gibt es die anderen, die ihre riesigen Hunde frei herumlaufen lassen. Jedes Mal, wenn einer dieser Hunde auf mich zurennt, erstarre ich vor Schreck, nur um dann in allerlei Sprachen zu hören: «Die tun nichts, die wollen nur spielen!» Oh, wie ich das hasse.
Ach, jetzt hab ich mich doch tatsächlich aufgeregt. Wo ich doch immer sage: «Aufregung ist Zeitverschwendung!» Na super. Also zurück zu Essauoira.
Die Stadt ist berühmt für ihre entspannte Atmosphäre, ihr reiches kulturelles Erbe und ihre gut erhaltene Medina, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Im 18. Jahrhundert von Sultan Mohammed III. als wichtiger Handelshafen gegründet, gilt sie heute als ideale «Marokko-Einsteiger-Stadt». Also nichts wie hin.
Unser Taxi bringt uns über die holprige Piste – zum Glück muss Felix das nicht ständig machen – direkt bis vor das Tor der Medina. Wir erkunden den Hafen, lauschen den rufenden Fischern beim Verkauf, glibbern fast auf der fischschmierigen Strasse aus und erklimmen die Hafenmauer, um das Meer gegen die Ufer peitschen zu sehen.
Weiter geht es in die wirklich hübsche Medina. Für einmal sind die Strassen geometrisch angeordnet, kein wildes Durcheinander. Sie wurde im 18. Jahrhundert von dem französischen Architekten Théodore Cornut im Auftrag von Sultan Mohammed III. entworfen. Die Stadtplanung kombiniert europäische Militärarchitektur mit traditionellen marokkanischen Elementen, was einzigartig ist.
Zum Mittag frühstücken wir gemütlich mit Blick auf die Gassen. In der ersten Reihe sitzend, pulsiert das Leben an uns vorbei. Mit einem Kaffee und Tee in der Hand sind wir jedoch mittendrin.
Bei ein paar Tüchern versuchen wir zu handeln, was uns überhaupt nicht gelingt. Wir sind wirklich jämmerliche Kunden. Aber das macht nichts, denn Tücher gibt es überall in Marokko. Irgendwann werden wir eines finden, das uns sowohl im Preis als auch im Muster gefällt.
Essaouira, ein multikulturelles Erbe, war ein wichtiger Knotenpunkt im transsaharischen Handel und zog Kaufleute und Bewohner aus der ganzen Welt an, darunter Berber, Araber, Europäer und Juden. Die Stadt hatte einst eine bedeutende jüdische Gemeinde, und Synagogen wie die Synagoge von Rabbi Chaim Pinto zeugen noch heute davon.
Essaouira ist auch ein Hotspot für Windsurfer und Kitesurfer, da der beständige Wind an den langen Sandstränden ideale Bedingungen bietet. Doch heute ist es windstill, warm – fast möchte ich sagen: heiss. Die Sonne brennt, und bei 22 Grad in den windgeschützten Gassen kommen echte Summervibes auf.
Anstatt uns in Museen herumzutreiben, zieht es uns auf eines der vielen Rooftops. Hier vertrödeln wir die Zeit auf bunten Kissen, verquatschen uns mit anderen Schweizern und geniessen Cocktails in marokkanischer Art: alkoholfrei. Ein Nachmittag, wie wir ihn immer und immer wieder haben könnten. Er erinnert uns an viele Nachmittage in der Türkei, im Iran, in Tunesien – einfach sein, die Energie aufsaugen und die Sonne unsere Gesichter bräunen lassen.
Alles in allem gefällt uns die Stadt sehr. Es ist ruhig, die Händler sind freundlich und lassen uns in Ruhe, und die Menschen grüssen. Ein paar Strassenkünstler runden das Ganze ab. Einzig, dass wir mit unserem Camper nicht in die Stadt fahren dürfen und jedes Mal ein Taxi nehmen müssen, ist etwas umständlich. Aber die kommenden Tage verbringen wir sowieso in unserem Büro und bleiben vermutlich auf dem Campingplatz. Der ist mehr als geeignet: ohne Strassenlärm, ohne hörbaren Muezzin, mit viel Sonne, wenig Wind und Waschmaschinen. Ja, auch das ist ab und zu relevant.
































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