Marokko – Von schlaflosen Nächten, magischen Sonnenaufgängen und der atemberaubenden Todra-Schlucht

Marokko – Von schlaflosen Nächten, magischen Sonnenaufgängen und der atemberaubenden Todra-Schlucht Lesedauer etwa 7 Minuten.

Die Nacht war alles andere als erholsam. War es der übermässige Kaffeekonsum am Vortag? Die dünne Höhenluft, die den Sauerstoff knapp werden liess? Oder vielleicht die ungewohnte Stille? Oder schlichtweg die Kälte? Die Heizung lief zwar die ganze Nacht, doch Gerd hatte den Sparmodus aktiviert. (Wir können ja in Marokko kein Gas nachtanken, das ist unser einziges Dilemma hier.)

Eines ist sicher: Wenn es eine doofe Nacht ist, dann ist sie es eben. Statt mich hin und her zu wälzen und mich zu ärgern, stehe ich auf, koche mir ein Heissgetränk – ja, einen Kaffee – lasse die Stricknadeln klappern und warte auf den Morgen. Kaum habe ich das Wasser aufgesetzt, es ist kurz vor halb sieben, steht mein Mann auf (was für eine Überraschung!), zieht sich an und verkündet: «Wir fahren hoch auf den Pass, um den Sonnenaufgang zu sehen!» Ich bin sprachlos. Solche Ideen hat Gerd normalerweise nie. Und schon gar nicht setzt er sie spontan um. 

Da kann ich unmöglich nein sagen. Keine Minute später sitze ich im Pyjama und in eine Kuscheldecke gehüllt, auf dem Beifahrersitz während Gerd das Eis von der Frontscheibe kratzt und lasse mich wenig später ein weiteres Mal auf den Pass fahren. Hoch oben bleiben wir einfach auf der Strasse stehen. Es kommt ohnehin kein Auto vorbei, warum also einen Parkplatz unter dem Schnee suchen? 

Langsam schleicht sich die Sonne über die Bergspitzen und taucht die schneebedeckten Gipfel in ein romantisches Licht. Wir sitzen eingemummelt bei laufender Heizung an der weit geöffneten Tür unseres Campers (ist es sinnvoll, zu heizen und gleichzeitig die Tür sperrangelweit offenzulassen?) und bewundern die ersten Sonnenstrahlen, die magisch wirken. In diesem Augenblick scheint die Zeit stillzustehen. Alles atmet Ruhe, die Luft ist klar und frisch. 

Und, auch wenn es hier vor Romantik knistert: Das Beste ist, dass die Sonne unseren Camper wärmt und wir nicht mehr frieren müssen. Wir bereiten uns ein köstliches Frühstück zu und sitzen, mittlerweile hinter geschlossenen, aber sonnenbestrahlten Fenstern und Türen, und lesen ein wenig. Trotz der Berge (oder gerade wegen ihnen?) müssen wir erst einmal unsere Systeme hochfahren. So eine morgendliche Überraschung von meinem Mann muss ich als (normalerweise) Ideengeberin erst einmal verarbeiten. 

leben pur

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Marokko – Von schlaflosen Nächten, magischen Sonnenaufgängen und der atemberaubenden Todra-Schlucht

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Doch wie der Tag beginnt, so setzt er sich fort. Unser Ziel ist die Todra-Schlucht. Die Todra-Schlucht war seit jeher eine wichtige Passage für Karawanen und Nomadenstämme, die zwischen der Sahara und den fruchtbaren Gebieten Marokkos unterwegs waren. Die Berber, die hier seit Jahrhunderten leben, haben sich den Gegebenheiten angepasst und nutzen die fruchtbaren Flussauen für die Landwirtschaft, insbesondere für Dattelpalmen und Getreideanbau. 

Die Schlucht ist ein Paradebeispiel für die Kraft der Erosion. Der Todra-Fluss hat sich über Millionen von Jahren seinen Weg durch das weiche Kalkgestein gebahnt und dabei eine bis zu 300 Meter tiefe Schlucht mit stellenweise nur 10 Meter breiten Engstellen geschaffen. Die steilen Felswände bestehen hauptsächlich aus rötlichem Kalkstein, der je nach Lichteinfall in verschiedenen Farben leuchtet – von sanftem Ocker bis zu tiefem Rot. 

Wir kommen «von oben», also von Norden, von Agoudal, in die Schlucht. Bevor es jedoch zu den spektakulären Felswänden geht, passieren wir eine grandiose Hochebene und einige Dörfer. In einem von ihnen trinken wir unseren obligatorischen Tee in einem Tee-Stübchen und beobachten das Treiben auf dem Marktplatz. Die Schulbusse bringen gerade etliche Schüler und Schülerinnen aus den Dörfern, auf dem Basar wird gefeilscht, und Frauen wie Männer tragen tütenweise Gemüse, frisches Brot und Fleisch davon. Ein ganz normaler Vormittag, und wir sind mittendrin. 

Ein paar Kilometer weiter fahren wir durch Tamtatouche, einen kleinen Ort, der in den kommenden Jahren leider dem aufgestauten See durch den 2022 in Betrieb genommenen Staudamm zum Opfer fallen wird. Zumindest lesen wir das in einigen Quellen. Andere sagen wiederum, dass das Dorf vom Stausee profitieren würde. Was auch immer stimmt, der Stausee, noch nicht ganz gefüllt, ist riesig und beeindruckend. 

Kaum an der Staumauer vorbei, klettern wir Kehre um Kehre tiefer in die Schlucht. Und wahrlich: eine Schönheit ist sie, die Schlucht! Kaum einen Schlenker weiter und schon müssen wir wieder anhalten, um zu geniessen. Wir lassen unsere Augen diesmal schauen, schauen und nochmals schauen. Ja, auch die Kamera darf ihre Eindrücke festhalten, und Berge, Täler und Flüsse sind einfach jedes Mal Balsam für unsere Seelen. 

Irgendwo in einer dieser vielen Kurven öffnet sich kurz das Tal, eine Oase kommt zum Vorschein und in ihr ein traumhaft schönes, kasbah-ähnliches Hotel. Ob es wohl für uns eine Kleinigkeit zum Pausieren hat? Kurzerhand sitzen wir auf der Terrasse, blicken in die Felsen gegenüber und werden mit marokkanischem Salat und frisch gepresstem Orangensaft verwöhnt. Zum Abschluss gibt es dann noch den typischen Minztee und nur ein, zwei Stunden später geht es weiter. 

Das Schönste am Reisen ohne Zeitplan ist doch, dort zu halten, wo es uns gefällt. Und weiterzufahren, wo wir uns nicht ganz so wohlfühlen. Denn der Moment kommt sogleich: die «eigentliche» Todra-Schlucht, wo die vielen Touristen mit Klein- und Grossbussen hingekarrt werden, liegt nur wenige Kilometer von Tinghir entfernt. Auch wir müssen nun durch diese Schlucht fahren, vor uns drängeln sich riesige Reisebusse durch eine Schlucht, die eigentlich schön wäre, wären da nicht Hunderte von Menschen, zig bunte Stände mit allerlei Krimskrams und überall «Kaufen, Kaufen!» Rufe. 

Es passiert nicht oft, aber hier schliessen wir unsere Fenster, machen uns unsichtbar und denken liebevoll an die Schlucht-Schönheit kurz vor dem Gewimmel. 

Was für wunderschöne Tage in den beiden Schluchten. Ja, viel Fahrerei. Viel Guckerei. Viele Eindrücke. Aber auch: so viel Schönheit, so viel gute Energie und so viel Seelenheil.

leben pur

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