Marokko – Mit der Fähre viele Stunden unterwegs: von Genua (Italien) nach Tanger Méditerranée

Marokko – Mit der Fähre viele Stunden unterwegs: von Genua (Italien) nach Tanger Méditerranée Lesedauer etwa 8 Minuten.

Endlich ist es so weit: Wir fahren mit unserem treuen Begleiter, Felix, auf die Fähre nach Marokko, genauer gesagt nach Tanger Méditerranée. Dieser Hafen liegt am nördlichen Zipfel Westafrikas, direkt an der Meerenge von Gibraltar, wo Europa und Afrika dank tektonischer Verschiebungen (dauert aber noch!) immer näher zusammenrücken. 

Mittlerweile sind wir erfahrene Fährreisende. Fünf Stunden vor Abfahrt sind wir am Hafen, was bedeutet, dass der Wecker bereits um halb sieben klingelt. Irgendwo eine Stunde vor Genua, in einem kleinen Städtchen, wachen wir auf. Ich koche mir rasch einen kleinen Kaffee und wir machen uns auf den Weg. Gestern noch in Stresa am Lago Maggiore bei strahlendem Sonnenschein – wir haben unseren ersten Kaffee draussen in der Sonne genossen – regnet es heute wie aus Eimern. Eine Stunde kurvenreiche und durch die Berge schlängelnde Autobahn liegt hinter uns. In Genua angekommen, hört der Regen auf. Wir reihen uns in die Warteschlangen ein, umgeben von etlichen Campern und vor allem rappelvoll bepackten PKWs und Kleintransportern. 

Während ich noch ein wenig arbeite, stellt sich Gerd in die Grenzkontrollschlange im Hafengebäude. Eine Stunde später sind auch die Stempelangelegenheiten (denken wir) erledigt. Wir kochen ein wenig vor, schliesslich liegen 53 Stunden Fährfahrt vor uns. Und wir kennen die Küchen der GNV, der Fährgesellschaft. Das Schiff hat den Charme einer abgerockten Autobahnraststätte. Es gibt Schoggi-Gipfeli aus der Plastiktüte und Kaffee (allerdings ziemlich guten) in Pappbechern. 

So packe ich unsere Kühltasche mit allerlei Dingen, die uns schmecken und guttun. Und dann warten wir. Unser Schiff liegt seit dem frühen Morgen am Kai, doch es tut sich nichts. Gar nichts. Wir stehen in etwa 20 Reihen hintereinander und warten. Manche bummeln durch die Reihen, manche nicht. Um 13 Uhr sollten wir ablegen, gegen 13:30 Uhr kommt jedoch erst ein wenig Bewegung ins Spiel. Zuerst die vielen Marokkaner mit ihren vollbeladenen PKWs. Dann die Reisenden mit weniger grossen Fahrzeugen. Fast zum Schluss wir. Nur eine Gruppe kommt noch nach uns: diejenigen, die das Schiff schon auf halber Strecke in Barcelona verlassen werden. Eigentlich klar: Zuletzt rauf aufs Schiff, zuerst wieder runter. 

Wir beziehen unsere Kabine, diesmal mit Fenster und Meerblick, und erkunden das Schiff. Wir kommen gleich mit einem anderen Reisepärchen ins Gespräch und schon wenig später sind wir auf wundersame Weise sogar drei Pärchen, die die nächsten Tage gemeinsam verbringen werden. Wir sitzen zusammen, trinken den einen oder anderen Kaffee und essen gemeinsam zu Abend. Genau so hatte ich mir das vorgestellt: die doch sehr langsam vergehende Zeit auf dem Schiff wird sehr unterhaltsam. 

Normalerweise ist der Januar bekannt für seine stürmische See. Doch diesmal, ich hatte das bei Petrus bestellt, gibt es fast keinen Wellengang. Nur kurz, ganz zu Beginn, knallen die Wellen an den Bug und ich mache mir kurz Gedanken, ob so ein Boot auseinanderbrechen kann. Ich verfluche wie immer in solchen Situationen meine blühende Fantasie. Doch ich schlafe tief und fest ein, die Vibration des Bootes lullt uns wie in einem schaukelnden Kinderwagen ein. 

Der einzige wirklich nennenswerte Teil der Reise ist dann die Visums- und Zoll-Anmeldung. Diese findet schon auf dem Schiff statt, was ziemlich praktisch ist, da wir nicht am Hafen in Marokko von Tür zu Tür watscheln müssen. Diese ganze Zollgeschichte geht sehr afrikanisch: Es gibt einen riesigen Ballsaal mit gemütlichen Sofa-Ecken. Dort setzt man sich an den letzten Tisch links und rutscht Platz für Platz weiter nach vorn. Die Marokkaner wissen Bescheid und helfen uns. Nach vielleicht einer Stunde haben wir auf der linken Ballsaal-Seite einmal alle Sessel durch. Reise nach Jerusalem oder Stuhltanz beschreibt es ziemlich gut. Vorn an der «Sitzschlange» angekommen, bekommen wir unseren Stempel, also unser Visa on Arrival, mit dem freundlichen Satz «Welcome to Morocco!», mitten auf dem Mittelmeer direkt vor der spanischen Küste. 

Mit diesem Stempel wandern wir weiter zur rechten Ballsaal-Seite und auch hier das gleiche Spiel: Stuhl-Reihen-Warteschlange für den Zoll. Hier müssen wir unseren Felix für die temporäre Einfuhr nach Marokko anmelden. Das Warten zieht sich. Aber wir sind fast dran, da macht der Zöllner Mittagspause. Sei ihm gegönnt, wir sind auch hungrig. Aber er hätte schon noch zwei, drei Leute abfertigen können, dann wären wir durch. Doch wir sagen uns mantraartig: Wir haben ja Zeit. Ob wir nun in der Bar sitzen oder hier im uncharmantesten Ballsaal der Welt: egal. Irgendwann ist der Zöllner gesättigt und krabbelt zurück in sein kleines Kabäuschen. Wir werden sehr freundlich abgefertigt und haben jedoch alles erledigt. 

Es ist sofort Zeit für weitere ruhige Stunden in den weichen Sesseln der Bar. Mit unseren neuen Reisefreunden und weiteren Bechern Kaffee. Der frisch gepresste Orangensaft schmeckt einfach grandios, wir bekommen schon einen Vorgeschmack auf Sonne, Wärme und intensive Fruchtgeschmäcker. 

Apropos Reisefreunde: Natürlich erkennt man sich, die europäischen, meist Paare, nicken sich zu. Man weiss: Wir sind Reisende. So lernen wir gleich zu Beginn Marianne und Wolf kennen, zwei Camper, wie sich herausstellt. Nur wenig später gesellen sich noch Mario und Katrin dazu, und schon ist unsere kleine Reisegruppe perfekt. Es matcht, wie man so schön sagt. Wir lachen zusammen, erzählen von vergangenen Reisen, träumen von künftigen. Wir essen zusammen und verbringen die Zeit – insgesamt sind wir etwa 53 Stunden auf der Fähre – in den tiefen Sesseln der Bar Centrale. 

Irgendwann taucht Afrika vor uns auf, beinahe hätte ich «Land in Sicht!» gerufen. Hier, in der Seeenge von Gibraltar, fängt unser Boot heftig an zu schaukeln – ich bin übrigens sehr froh, dass wir so eine ruhige See hatten und ich nicht seekrank wurde – und der Wind und die Wellen lassen meinen Magen sich für ein paar Minuten merkwürdig drehen. Aber nur kurz, denn schon sind wir im Hafen, die schützenden Molen rechts und links, äh, Steuer- und Backbord. Die raschelnde, knisternde und völlig unverständliche Durchsage scheint uns aufzufordern: Alle sollen zu ihren Fahrzeugen. Wir packen unsere Siebensachen, steigen Treppen um Treppen in den vollgefüllten Bauch der Fähre und finden unseren Felix wunderbar wartend vor. Schnell sind die Klamotten wieder verstaut und wir rollen raus. Für uns das zweite Mal Afrika. 

Weit kommen wir nicht: Schon nach der wirklich einfachen Pass- und Zollkontrolle ist ein grosser Parkplatz, auf dem wir uns mit unserer kleinen Truppe verabredet haben. Hier ziehen wir das erste marokkanische Geld aus dem Automaten und kaufen noch rasch eine SIM-Karte mit unlimitiertem Datenvolumen. Nun sind wir ready für unser neues Abenteuer. 

Der Abend wird kurz: ein rasches Abendessen, ein paar gestrickte Reihen meines Winterpullovers (ich müsste mich wohl nicht beeilen, wir haben hier 19 Grad!) und schon liegen wir erschöpft vom vielen Nichtstun im Bett.

leben pur

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2 Kommentare
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Mario grüßt
Mario grüßt
10 Monate zuvor

Ein wunderbarer Bericht 😊

Heike Burch
Heike Burch
10 Monate zuvor
Antwort auf  Mario grüßt

Danke dir, lieber «Nachbar»!