Marokko – Mehrfache Reise über den atemberaubenden Tizi n’Tichka-Pass

Marokko – Mehrfache Reise über den atemberaubenden Tizi n’Tichka-Pass Lesedauer etwa 7 Minuten.

Gleich vorweg: In den kommenden Tagen werden wir den Tizi n’Tichka-Pass viermal überqueren – hin und zurück, und dann noch einmal hin und zurück. Dieser Pass ist die Lebensader zwischen dem Süden Marokkos und Marrakesch. Natürlich könnte man auch die Autobahn nehmen, aber der Tizi n’Tichka ist ein wahres Juwel.

Von Aït Ben Haddou aus gibt es eine kleine Umwegstrasse, die wir ebenfalls zweimal befahren werden, einfach weil sie so bezaubernd ist. Der Tizi n’Tichka, oder wie wir Kenner sagen, der Tichka, ist nicht nur eine spektakuläre Gebirgsstrasse, sondern auch ein geologisch faszinierendes Gebiet. Der Pass liegt im Hohen Atlas, einer Gebirgskette, die sich über 2.500 Kilometer von Marokko bis Tunesien erstreckt und als eine der geologisch komplexesten Regionen Nordafrikas gilt.

Der Hohe Atlas entstand, als die afrikanische und die eurasische Kontinentalplatte vor etwa 80 bis 100 Millionen Jahren aufeinanderprallten. Durch diesen Zusammenstoss wurden die Gesteine gefaltet und nach oben gedrückt. Wind und Wasser haben die Landschaft über Millionen von Jahren weiter geformt, sodass die heutigen steilen Berge und tiefen Täler entstanden sind.

Wir passieren Millionen Jahre alte Felsen, deren Farben ein wahres Spektakel bieten. Manchmal sieht es aus, als ob wir durch Schinkenberge fahren – Fettschichten inklusive. Die roten und braunen Schichten enthalten viel Eisen und wurden vor etwa 145 bis 66 Millionen Jahren abgelagert, als das Gebiet noch ein anderes Klima hatte. Grüne und graue Felsen deuten darauf hin, dass es hier einmal Vulkane gab. Besonders faszinierend sind die hellen Kalk- und Dolomitsteine, in denen man manchmal versteinerte Muscheln oder andere Meerestiere findet, was wir natürlich nicht gefunden haben. Das zeigt, dass diese Region vor langer Zeit von einem flachen Meer bedeckt war.

Wegen der steilen Berge und der jungen Gesteine ist der Tizi n’Tichka oft von Erdrutschen betroffen, besonders nach starkem Regen. Deshalb muss die Strasse immer wieder repariert und umgebaut werden. Zudem sorgen Wind und Wasser dafür, dass die Felsen ständig verändert werden und neue, ungewöhnliche Formen entstehen. Heute und in den nächsten Tagen sind wir jedoch guter Dinge: Weder Wind noch Regen sind angesagt. Dennoch sehen wir viele Baustellen, wo gerade wieder einmal ein Bergrutsch repariert wird. Alles in allem ist die Strasse mehrspurig und in ausgezeichnetem Zustand. Die Dörfer entlang der Strecke bieten immer wieder Gelegenheit für ein Kaffeepäuschen, und wir müssen ständig anhalten, um zu fotografieren. Hier sind wir ein bisschen traurig, dass wir die Drohne nicht dabei haben.

Und weil die Strecke von Aït Ben Haddou bis nach Marrakesch so lang ist (wir brauchen jeweils 4 bis 5 Stunden), habe ich ein paar Anekdoten gesammelt:

Die Strasse der Legenden

Als die Franzosen in den 1920er Jahren den Tizi n’Tichka-Pass ausbauten, mussten sich die Arbeiter durch schroffes Gelände und extreme Wetterbedingungen kämpfen. Es wird erzählt, dass manche Abschnitte der Strasse erst nach mehreren Fehlversuchen stabilisiert werden konnten, da starke Regenfälle und Erdrutsche immer wieder Teile der Strecke zerstörten. Die Einheimischen sahen darin ein Zeichen der Natur, dass der Pass nicht gezähmt werden wollte.

Das verlorene Dorf

Unweit des Passes liegt das kleine Dorf Telouet, einst ein bedeutender Stützpunkt der mächtigen Glaoui-Familie. Die Kasbah von Telouet, einst prächtig mit Zellij-Fliesen und aufwendigen Holzarbeiten verziert, ist heute eine halbverfallene Ruine. Wir haben uns die Besichtigung gespart. Eine Anekdote besagt, dass ein Händler, der einst mit Karawanen die Route über den Tizi n’Tichka nahm, in Telouet Halt machte und dort seine wertvolle Warenkiste vergass. Jahrzehnte später kehrte sein Enkel zurück, fand das Dorf fast verlassen – aber die Kiste stand unberührt in einer Ecke der Ruine. Hätten wir doch mal schauen gehen sollen?

Der alte Mercedes

Viele Marokko-Reisende haben Geschichten über alte, überladene Mercedes-Taxis, die sich mit brüllenden Motoren den Tizi n’Tichka hinaufschieben. Eine bekannte Anekdote erzählt von einem Taxifahrer, der sein Auto mit 12 Passagieren und unzähligen Säcken beladen hatte. (So ungefähr sieht es heute noch teilweise aus, also nix mit Anekdote) Als er einen Touristen fragte, ob er sich wegen der schmalen Strasse und der tiefen Abgründe Sorgen mache, antwortete dieser zögerlich: «Ein bisschen.» Der Fahrer lachte und sagte: «Mach dir keine Sorgen! Mein Auto kennt den Weg besser als ich.»

Der Geist in der Nebelnacht

Die Einheimischen erzählen sich, dass in besonders nebligen Nächten ein einsamer Wanderer auf der Passstrasse gesehen wurde. Autofahrer berichten, dass sie ihn aus der Ferne erkennen konnten, aber als sie sich näherten, war niemand mehr da. Manche sagen, es sei der Geist eines alten Karawanenführers, der einst in einem Schneesturm umkam und noch immer seinen Weg sucht.

Das Rennen der Lastwagen

Obwohl der Pass oft mit Serpentinen und steilen Abhängen Respekt einflösst, gibt es Lkw-Fahrer, die eine Art inoffizielles Rennen veranstalten. In den 1980er Jahren, als viele Fernfahrer regelmäßig zwischen Marrakesch und Ouarzazate pendelten, hiess es, dass es eine geheime Wette gab: Wer als Erster den Pass überquert, bekommt sein Mittagessen umsonst. Die Regeln? Keine. Nur Mut, Geschick und ein paar kräftige Bremsen! Ob das heute immer noch so ist? Keine Ahnung, aber ein LKW im Strassengraben incl. der Ambulanz und Rettungsteam haben wir gesehen. Be blessed! Hoffentlich ist nichts wirklich Schlimmes passiert.

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