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Als wir uns entschliessen, nach Finnland zu reisen, haben wir nur wenige Bilder im Kopf. Natürlich wissen wir, dass es im Winter in Lappland eisig kalt ist – aber wir sind ja im Sommer unterwegs. Und wir haben gehört, dass es hier Millionen von Mücken geben soll. Diese wollen wir einfach ignorieren. Wir ahnen auch, dass uns viel Natur erwartet, aber wie weit und gleichzeitig leer dieses Land wirklich ist – das überrascht uns dann doch.
Finnland gehört zu den am dünnsten besiedelten Ländern Europas. Hier leben rund 18 Menschen pro Quadratkilometer. In Deutschland sind es etwa 240. Es gibt ein paar grössere Städte – allen voran Helsinki mit etwa 670.000 Einwohnern – aber ansonsten lebt man eher im ländlichen Raum. Und scheinbar sehr zurückgezogen.
Wir fahren stundenlang durch endlose Wälder, ohne einer Menschenseele zu begegnen. Die Schnellstrassen, auf denen wir unterwegs sind, gleichen eher gemütlichen Landstrassen. Autobahnen? Gibt es hier im Norden gar nicht. Und wenn uns mal ein Auto entgegenkommt, dann vielleicht alle 15 Minuten.
Was wir also mit Gewissheit sagen können: Es ist leer. Sehr leer. Und genau das ist vielleicht einer der grössten Reize Finnlands: Man ist für sich. Wir sind für uns. Das muss man mögen – und auch aushalten können. Aber wenn man sich darauf einlässt, ist es einfach nur schön.
Oft werden wir gefragt: Wie haltet ihr es aus, so eng zusammenzuleben, so abgeschieden? Wir finden das gar nicht schlimm. Im Gegenteil: Die Ruhe tut uns gut. Natürlich suchen wir auch Unterhaltung – gehen ins Museum, zu Konzerten oder treffen Menschen. Aber genauso lieben wir es, morgens mit einer Tasse Kaffee am See zu sitzen, in die Landschaft zu schauen, den Vögeln beim Zwitschern zuzuhören – einfach nur da zu sein.
Und genau das wollen wir heute wieder tun. Wir fahren östlich von Lieksa zu den Stromschnellen von Ruunaa. In Broschüren ist hier von abenteuerlichem River Rafting die Rede – für uns klingt das allerdings mehr nach schöner Natur. Rafting ist nicht so unser Ding.
Im Freilichtmuseum erinnert uns die Dame im Café noch freundlich daran, dass wir dort vermutlich kein Netz haben werden – ein guter Hinweis. Also laden wir uns schon mal die Karte und die Infos offline herunter.
Die Fahrt dorthin führt uns etwa 30–45 Minuten durch die typischen Wälder Nordkareliens. Es erstrecken sich hier in der Region unermessliche Kiefern- und Fichtenwälder, durchzogen von geheimnisvollen Moorlandschaften, in denen zierliche Zwergkiefern, samtige Moose und im Spätsommer vermutlich saftige Beeren gedeihen.
Angekommen, stellen wir unseren Felix ab und merken: Wir sind total müde. Die kurzen Nächte mit viel Licht und wenig Schlaf, dazu der Besuch im Museum – das reicht. Es regnet leicht, also kein ideales Wanderwetter. Aber unsere Wetter-App prognostiziert: Am Abend wird es schön.
Wir machen eine Pause, legen uns hin und halten unseren typischen Finnland-Mittagsschlaf. Denn wir wissen: Die Abende sind lang. Hier geht die Sonne erst gegen 23 oder 23:30 Uhr unter – und gegen 2 Uhr morgens wieder auf.
So wandern wir im Abendlicht – bei strahlendem Sonnenschein. Die Wege sind toll ausgeschildert, es gibt kleine Runden mit 2–4 Kilometern, mittlere mit bis zu 10 und längere Touren. Ein Teil der Wege gehört zum berühmten Karelien-Wanderweg, auch «Bärenpfad» genannt. Man kann einfach irgendwo in den Trail einsteigen, eine Runde drehen und am Felix wieder ankommen.
Auch das ist typisch Finnland: viel Platz, viel Freiheit. Man darf fast überall stehen und übernachten. An vielen Plätzen gibt es Mülleimer, Toiletten und Feuerstellen – alles gepflegt und unkompliziert.
An den «ach so wilden» Stromschnellen merken wir mal wieder, wie verwöhnt wir landschaftlich sind. Das Plätschern ist nett, aber kein Spektakel. Was uns wirklich begeistert, ist die Natur drumherum – die Ruhe, die Weite, das Alleinsein.
Die Ruunaa-Stromschnellen sind etwas touristischer – es gibt sogar einen kleinen Campingplatz, ein paar Wohnmobile, zwei Angler, eine Wanderin. Für finnische Verhältnisse ist das viel. Und doch merken wir: Uns ist es hier zu voll. Also fahren wir ein Stück weiter – zu einem ruhigeren Abschnitt am Fluss. Dort stehen wir dann allein.
Was uns in Finnland aber wirklich herausfordert: das Internet. Wir reisen (resp. arbeiten) mit Starlink – dafür braucht es freie Sicht zum Himmel, genauer: nach Norden. Und das, was wir so lieben – die hohen, dichten Wälder – stehen uns da manchmal im Weg. An unseren Arbeitstagen suchen wir also immer wieder Stellplätze, die sowohl naturnah als auch «internetfreundlich» sind. Gar nicht so einfach. Aber irgendwie klappt es immer. Und wenn nicht: Ärgern lohnt sich eh nicht, dann fahren wir einfach ein kleines bisschen weiter.
An unserem neuen Platz gibt es – natürlich – wieder eine Feuerstelle. Wir grillen, wir sitzen draussen, wir geniessen. Und wieder mal wundern wir uns: Wo sind eigentlich die ganzen Mücken, vor denen überall gewarnt wird?
Drei Tage bleiben wir an diesem wunderschönen Flusslauf, der sich in eleganten S-Kurven durch die Landschaft zieht. Die Wanderwege am Ufer sind traumhaft. Spannend ist auch der Gedanke an den «Bärenpfad». Wir sind nur noch rund zehn Kilometer von der russischen Grenze entfernt – und stellen uns vor, wie plötzlich ein Bär auftaucht. Schilder gibt es keine – also fühlen wir uns sicher. Vielleicht sind wir auch einfach ein bisschen naiv.
So oder so: Es fällt uns schwer, diesen Ort zu verlassen. Aber nach Tagen der Stille wollen wir weiter. Es ist Mittsommer – die Nacht vom 20. auf den 21. Juni. Und den wollen wir nicht ganz allein im Wald verbringen. Wir sind gespannt, wie die Finnen dieses Fest feiern – und dafür suchen wir uns eine Stadt oder zumindest ein belebteres Fleckchen.
Quellen: https://www.koli.fi/en/love/8690-2/





















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