Finnland – Beobachtungen, Teil 3

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This entry is part 4 of 7 in the series Finnland
Lesedauer etwa 7 Minuten.

Musik auf Finnisch

Es ist faszinierend, dass selbst die grössten Schlager, die bekanntesten Hits und die unvergesslichsten Songs der Weltmusik hier in Finnland auf Finnisch gesungen werden. Diese Lieder wurden alle übersetzt, was zunächst irritierend sein kann. Oft denken wir: «Ah, jetzt können wir mitsingen», nur um dann festzustellen, dass wir den Text doch nicht beherrschen. Doch gerade das macht es irgendwie spannend. Fast jedes Lied, das im finnischen Radio gespielt wird – zumindest das, was uns im Autoradio begegnet – ist auf Finnisch, und das fühlt sich überraschend gut an. Auch wenn wir ausser «Kiitos» (Danke) kein einziges Wort Finnisch verstehen, hat es seinen ganz eigenen Charme.

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Achtung, Schönheitsmeter statt Höhenmeter beim Wandern

Finnland ist ein wahres Paradies für Outdoor-Enthusiasten und bietet eine Vielzahl an Wanderwegen. Besonders amüsant fand ich die Warnung auf einem dieser Wege: Man müsse sehr sportlich sein, da es Höhenmeter zu bewältigen gäbe – ganze 15 Höhenmeter. Diese «wahnsinnig anspruchsvolle» Wanderung haben wir dann in Angriff genommen. Natürlich sind diese 15 Höhenmeter nicht am Stück zu bewältigen, sondern verteilen sich auf ein ständiges Auf und Ab. Der Grund dafür ist, dass man immer wieder über Felsen klettern muss. An diesen Felsen sind sogar Seile befestigt, an denen man sich festhalten kann, wenn man hinauf- oder hinunterklettern muss.

Wir sprechen jetzt nicht mehr von Höhenmetern bei unseren Wanderungen, sondern von «Schönheitsmetern». Denn hinter jeder kleinen Kurve, hinter jedem Felsen und hinter jedem Baum verbirgt sich eine noch schönere Ecke der finnischen Natur.

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Das glücklichste Land der Welt und unsere Gedanken dazu.

Laut dem Happiness Index sind die Finnen die glücklichsten Menschen der Welt. Ich verlinke mal den Happiness Index, der mehrere Aspekte enthält. Und dennoch fragen wir uns ab und zu, ob die Finnen wirklich die glücklichsten Menschen sind.

Denn wenn wir den Menschen in die Augen schauen – und das können wir gar nicht so oft, weil sie tatsächlich selten Augenkontakt suchen –, sehen wir eher eine Traurigkeit, eine Ruhe, vielleicht eine Gelassenheit. Aber so eine richtige Zufriedenheit fühlen wir nicht.

Doch wir merken auch, dass die Finnen sehr wenig reden, während wir im deutschsprachigen Raum sehr viel reden. Und wir vermuten, dass wir auch sehr viel zerreden und unser Glücksmass (Anspruch?) sehr viel höher ist. Wenn ein Finne in sein Mökki fahren, in der Natur sein, aufs Meer blicken, am Nachmittag in die Sauna gehen und am Abend noch ein bisschen Holz zersägen kann für sein Feuer, ist er vielleicht schon glücklich?

Vielleicht sollten wir Mitteleuropäer tatsächlich mal über unser eigenes Glücksmass nachdenken. Und vielleicht ist auch so ein Happiness Index einfach gar nicht so wahnsinnig wichtig. Zudem muss ich ganz ehrlich sagen, dass das Wort Glück vielleicht ein bisschen unglücklich gewählt ist, weil Glück ja so eine Momentaufnahme ist. Ich würde eher das übersetzen mit Zufriedenheit. Aber egal wie, unser eigener Happiness Index in Finnland hat auch 100 Punkte.

Quelle:

https://www.worldhappiness.report/
Finnland wurde im World Happiness Report 2025 zum achten Mal in Folge als das glücklichste Land der Welt gekürt. Diese jährliche Rangliste basiert auf Umfragen, bei denen Menschen ihre eigene Lebenszufriedenheit auf einer Skala von 0 bis 10 bewerten. Finnland erreicht dabei regelmäßig Spitzenwerte, was vor allem auf eine stabile Gesellschaft, hohe soziale Unterstützung, tiefes Vertrauen in Institutionen und eine herausragende Lebensqualität zurückzuführen ist. Auch andere nordische Länder wie Dänemark, Island und Schweden rangieren unter den Spitzenplätzen. Während Glück in Finnland oft als eine Mischung aus Gelassenheit und Zufriedenheit verstanden wird, gilt das Land international als Vorbild für gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die das Wohlbefinden der Menschen fördern.

Restaurants und der Service in Finnland.

Hierzulande gehen wir nicht allzu oft in Restaurants, und das aus verschiedenen Gründen. Zum einen gibt es schlichtweg nicht so viele Restaurants. Zum anderen befinden sich diese selten in der Nähe unserer idyllischen Stellplätze in der Natur. Ausserdem kochen wir leidenschaftlich gern selbst. Hinzu kommt, dass ich mich kürzlich entschieden habe, eine Weile auf Weizen und Zucker zu verzichten, was die Auswahl in Restaurants stark einschränkt. Ein weiterer Punkt ist, dass wir die Restaurantpreise hier anders eingeschätzt haben – sie sind ziemlich hoch. Wenn wir also doch einmal essen gehen, möchten wir es auch wirklich geniessen. Das ist anders als in der Türkei oder in Marokko, wo wir über ein schlechtes Essen hinwegsehen können, weil es nicht so viel kostet.

Interessant ist jedoch, dass die Restaurants hier ganz anders funktionieren. Man sucht sich einen Platz – zumindest glauben wir das – nimmt sich die Speisekarte, wählt ein Gericht aus, geht zum Tresen, bestellt, bezahlt und wartet dann auf die Getränke. Man erhält eine Nummer und irgendwann wird das warme Essen an den Tisch gebracht. Das Problem dabei ist, dass alle am Tresen anstehen und warten. Das bedeutet, dass wir oft getrennt sitzen: Einer sitzt am Tisch, während der andere eine Viertelstunde in der Schlange steht. Das finde ich schon in Deutschland und der Schweiz lästig. Es gibt auch dort Restaurants, wo man sich anstellen und das Essen selbst holen muss. Wenn ich in ein Restaurant gehe, möchte ich bedient werden. Sonst könnte ich das Essen auch zu Hause selbst kochen. Aber: unsere Einstellung. Kann jede und jeder ja finden wir sie oder er mag.

Wir dachten zunächst, dass dies nur in günstigen Restaurants der Fall sei, aber auch in teuren Hafenrestaurants läuft es ähnlich ab. Irgendwann haben wir gemerkt, dass dies hier in Finnland wohl die Norm ist. Man muss es einfach wissen.

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Die Finnen und der Alkohol

Für unsere langjährigen Leser ist es keine Überraschung: Wir trinken kaum Alkohol. Wenn überhaupt, dann gönnen wir uns im Frühling ein paar Becher Eierlikör. Unser Verzicht auf Alkohol hat nichts mit einem eigenen Problem zu tun, sondern vielmehr damit, dass uns Alkohol weder schmeckt noch etwas gibt. Zudem sind uns die negativen Folgen von Alkoholmissbrauch nur allzu gut bekannt. Diese Erkenntnisse führten dazu, dass wir irgendwann feststellten, dass wir Alkohol schlichtweg nicht brauchen.

Warum erzähle ich das? Wenn wir mit Finnen und Finninnen in Kontakt kommen, geschieht dies meist, wenn sie betrunken sind. Und ich spreche hier nicht von einem Glas Wein, sondern von glasigen Augen und einem Blick, der durch uns hindurchgeht. Erst in diesem Zustand suchen sie das Gespräch mit uns. Natürlich könnten wir selbstkritisch annehmen, dass sie erst Alkohol brauchen, um uns anzusprechen. Doch irgendwie glauben wir das nicht ganz.

Also habe ich ein wenig recherchiert, unabhängig davon, wie wir in Kontakt kommen:

Finnland hat eine lange Geschichte des Alkoholkonsums und zählt traditionell zu den Ländern mit einem hohen Pro-Kopf-Verbrauch, besonders im nordischen Vergleich. Auch heute sind alkoholbedingte Probleme weit verbreitet: Rund 11 Prozent der erwachsenen Bevölkerung gelten als gefährdet oder alkoholkrank, was etwa 450.000 Menschen entspricht. Besonders auffällig ist das riskante Trinkverhalten, vor allem unter Männern, das sich in einer vergleichsweise hohen Rate alkoholverursachter Gewaltverbrechen niederschlägt.

Zwar ist der Alkoholkonsum insgesamt seit mehreren Jahren rückläufig und der Konsum unter Jugendlichen erfreulicherweise deutlich gesunken – Jugendliche greifen heute wesentlich seltener zu Alkohol als noch vor 20 Jahren –, doch bleibt Alkohol ein wichtiges gesellschaftliches Thema. Der Verkauf ist strikt staatlich reguliert: Das Monopolunternehmen Alko betreibt sämtliche Läden für hochprozentigen Alkohol, und starke Präventionsarbeit durch Behörden wie das nationale Gesundheitsinstitut THL versucht, Missbrauch und Folgeschäden weiter zu verringern.

Quellen:


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