
Seit unserer Ankunft in Finnland begegnen uns immer wieder die zahlreichen öffentlichen Teppichwaschstationen, die an den unterschiedlichsten Orten zu finden sind – am Meer, an Seen und in Städten. Überall, wo wir hinkommen, sehen wir Menschen, die ihre Teppiche an grossen Becken oder an riesigen Tischen schrubben, spülen, mangeln und zum Trocknen aufhängen. Für uns war das anfangs eine kleine Überraschung, denn so etwas haben wir vorher kaum gesehen.
Diese Waschstationen sind ein echter Klassiker in Finnland, besonders in den Sommermonaten. Man nennt sie «Mattolaituri» und sie sind oft direkt an der Küste oder an Seen gelegen. Die Finnen nutzen diese Plätze nicht nur, um ihre Teppiche gründlich zu reinigen, sondern es wird daraus auch ein kleines Gemeinschaftserlebnis. Oft treffen sich hier Nachbarn, plaudern, waschen gemeinsam ihre Teppiche und geniessen dabei die frische Luft und Sonne.
Ein Moment, den wir nicht vergessen: Wir standen neben einer älteren Dame in Porvoo, die uns mit einem warmen Lächeln erzählte, dass sie jedes Frühjahr (es ist Juni, für uns schon fast Sommer, aber hier gerade erst Frühling) zum Teppichwaschen kommt. Für sie sei das fast so etwas wie ein Fest, das den Frühling einläutet – und gleichzeitig ein Moment, um sich mit den Nachbarn auszutauschen. Zudem sagt sie, dass das Wasser hier von bester Qualität sei, ja, wir könnten es sogar trinken.
An manchen Stellen sind Wasserleitungen kaum zu sehen. Stattdessen befinden sich die Waschstationen direkt auf dem Meer oder an den Seen. Das wirft die beunruhigende Frage auf, ob die Reinigungsmittel tatsächlich in die Gewässer gelangen. Doch da die Finnen ein sehr zurückhaltendes Volk sind, wagen wir es nicht, sie direkt darauf anzusprechen.
Wir recherchieren und finden Folgendes heraus:
In Finnland gibt es zwei Arten von «Teppichwaschstationen» (matonpesupaikka): Zum einen die traditionellen Holzstege direkt am Wasser – einfache Laituri-Konstruktionen, an denen seit Jahrzehnten gewaschen wird. Zum anderen moderne Waschplätze an Land, die über einen Anschluss an die Kanalisation verfügen. Das finnische Wort dafür lautet viemäröidyt, was wörtlich übersetzt «an die Kanalisation angeschlossen» oder «mit Abwasseranschluss versehen» bedeutet. Hier fliesst das Schmutzwasser nicht in die Natur, sondern wird umweltgerecht abgeleitet.
Es hat durchaus etwas Meditatives, diesem alten Ritual zuzusehen – wie Menschen bei Sonnenschein ihre Flickenteppiche mit Mäntysuopa (einer Seifenlauge aus Kiefernharz) schrubben, das Wasser leise plätschert und der Wind die frisch gewaschenen Teppiche auf langen Holzstangen trocknet.
Doch so idyllisch es aussieht, ist es aus ökologischer Sicht leider nicht ganz unbedenklich. An den traditionellen Waschplätzen direkt am Wasser gelangt das Waschwasser ungefiltert in Flüsse, Seen oder die Ostsee – mitsamt Seifenrückständen, Mikrofasern und Schmutzpartikeln. Gerade empfindliche Binnengewässer wie Seen können dadurch belastet werden.
Viele finnische Kommunen haben das Problem erkannt und stellen inzwischen moderne, umweltschonende Waschplätze auf dem Trockenen bereit – ausgestattet mit Waschbecken, Ablageflächen und einem Abfluss, der das Wasser direkt in die Kanalisation leitet.
Wir sind mittlerweile richtig fasziniert von diesem Detail der finnischen Kultur – fast täglich entdecken wir irgendwo eine solche Station und beobachten das geschäftige Treiben. Es wirkt fast so, als wäre das Teppichwaschen im Sommer hier ein kleines Fest, das zur Ruhe, zur Pflege des Zuhauses und zur Gemeinschaft beiträgt.
PS.: ich habe versucht, keine Menschen direkt, also erkennbar, zu fotografieren. Was gar nicht so einfach ist.
PPS.: Ich hab dann gleich mal die Gelegenheit genutzt, unsere Wäsche dort zu waschen.
PPPS.: Aber es ist doch biologisch abbaubar? Nur bedingt gut.
Biologisch abbaubar heisst: Mikroorganismen zersetzen den Stoff – es entstehen Wasser, Mineralsalze und CO₂. Doch das sagt nichts über Umweltfreundlichkeit. Entscheidend ist, wie schnell und wo der Abbau passiert – und ob dabei Schadstoffe entstehen.
Laut Detergenzienverordnung gelten Tenside in Reinigungsmitteln als biologisch abbaubar, wenn sie sich im Labor in 28 Tagen zu 80 % abbauen. Der Rest bleibt – und das nur bei idealen Bedingungen in der Kläranlage.
Heisst: Wer draussen duscht, sollte wissen, dass das Abwasser nicht gereinigt wird. Auch der Gully ist keine Lösung – er leitet meist ungefiltert in Flüsse oder Seen. Nur Regenwasser gehört dort hinein. Alles andere belastet die Umwelt – biologisch abbaubar hin oder her.
Quellen:
- https://yle.fi/a/3-12534981
- https://www.hel.fi/en/culture-and-leisure/outdoor-activities-parks-and-nature-destinations/parks/carpet-washing-piers
- https://www.tampere.fi/en/leisure-and-hobbies/rug-washing-sites
- https://www.atlasobscura.com/articles/helsinki-carpet-cleaning-piers
- https://www.rauma.fi/en/housing-and-construction/environment/carpet-washing-points/
- https://www.jyvaskyla.fi/en/living-and-environment/housing/carpet-washing-jetties
- https://kajaani.fi/en/housing-and-environment/living-in-kajaani/rug-washing-places/
- https://www.sipoo.fi/en/service/rug-washing/
- https://yle.fi/a/3-5288960
- https://www.mtvuutiset.fi/artikkeli/ethan-saastuta-vesistoa-mattoja-pestessasi/3201222#gs.69o1f6
- https://www.leben-pur.ch/nachhaltigkeit-im-vanlife-hygiene-und-koerperpflege/#Aber_es_ist_doch_biologisch_abbaubar_Ist_nur_bedingt_gut






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