Nachhaltigkeit im Vanlife – Hygiene und Körperpflege

Nachhaltigkeit im Vanlife – Hygiene und Körperpflege

Zunächst einmal: Sauberkeit ist auch im Wohnmobil möglich. Der Mythos, dass man nach einem zweiwöchigen Campingurlaub automatisch stinkt, stimmt nun wirklich nicht mehr.

Schauen wir genauer hin.

Was ist eigentlich Nachhaltigkeit?

Den Grundstein für nachhaltiges Denken legte der Freiberger Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz (1645-1714), der oft als «Vater» der Nachhaltigkeit bezeichnet wird. Er übertrug das Konzept der Nachhaltigkeit auf die Forstwirtschaft, indem er empfahl, nur so viel Holz zu schlagen, wie auf natürliche Weise nachwachsen kann. Ziel dieses Prinzips war es, natürliche Systeme langfristig zu erhalten.

Die Vereinten Nationen formulieren: «Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die gewährleistet, dass künftige Generationen nicht schlechter gestellt sind, ihre Bedürfnisse zu befriedigen, als gegenwärtig lebende Generationen».

Diese Definition führt aufgrund ihres Interpretationsspielraums häufig zu Diskussionen. Herman Daly, ehemaliger Senior Economist in der Umweltabteilung der Weltbank, präzisierte die Kernelemente der Nachhaltigkeit unter Berücksichtigung ökologischer Aspekte. Er stellte fest:

  1. Die Abbaurate erneuerbarer Ressourcen darf deren Regenerationsrate nicht übersteigen.
  2. Die Emissionen dürfen die Assimilationskapazität nicht überschreiten.
  3. Der Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen muss durch den Zuwachs regenerierbarer Ressourcen ausgeglichen werden.

Kurz: Wir müssen innerhalb der planetarischen Grenzen leben. Nicht darüber hinaus.

Diese Perspektive betont den Schutz der natürlichen Ressourcen und berücksichtigt die begrenzten Kapazitäten von Mensch und Natur, wobei die Natur im Mittelpunkt steht.

Ich persönlich spreche immer von ökologischer Nachhaltigkeit. Denn es gibt auch die soziale und die ökonomische Nachhaltigkeit. Auch wichtige Themen, absolut! Hier soll es um die ökologische gehen.

Okay, verstanden. Aber was machen wir als Vanlifer? Haben wir überhaupt Einfluss?

Ja, haben wir. Wir können zum Beispiel schauen,

  • wie wir mit Ressourcen umgehen
  • wie viel Müll wir produzieren
  • was wir in die Natur bringen oder richtig entsorgen
  • wie viel wir überhaupt verbrauchen
  • und was wir wirklich brauchen

Schauen wir uns zuerst an, was anders ist als in einem festen Haus:
Wir haben meist weniger Platz und müssen auf das Gewicht achten. Wir haben selten dieselben Läden, in denen wir das Gewohnte einkaufen können. Und wenn wir zu zweit wohnen, haben wir vielleicht unterschiedliche Vorlieben und Ansprüche.

All diese Gründe sprechen für eine Reduktion. Also schauen wir genau hin, was wir brauchen.

Was wir persönlich nutzen (vielleicht zum Vergleich, vielleicht zur Inspirieration?)

  • Bio-Haarseife zum Haarewaschen und Duschen (was die Haare wäscht, kann auch die Haut reinigen)
  • Deodorant, das wir aus überwiegend biologischen Zutaten selbst mischen (Rezept unten)
  • Alltags-Salbe, falls das Wasser mal sehr chlorhaltig ist und sich die Haut ausgetrocknet anfühlt (ich mache meine eigene Creme aus Olivenöl, gesammelten Ringelblumenblüten und Bienen- oder Cadellilawachs, Rezept unten).
  • Zahnbürsten & Zahnputztabletten (hier verwenden wir die fluoridfreien Zahnputztabletten, die fast keinen Abfall verursachen und genauso gut putzen wie Zahnpasta, aber mit einem Minimum an Inhaltsstoffen wie Konservierungsstoffen, Parabenen, Aluminium, Bleichmitteln und künstlichen Farbstoffen, bedenklichen Tensiden zur Schaumbildung, erdölbasierten Polyethylenglykolen (PEG) und Titandioxid.
  • Rasierer & Haarschneider (hier haben wir uns für eine elektrische Variante entschieden, die wir im Van aufladen können. Keine Einwegrasierer (viel Müll) und keine Rasierchemikalien. Alternativ Rasierhobel und Rasierseife (haben wir auch dabei, nutzen es aber nicht, tja).
  • Menstruationstasse. Ein Null-Abfall-Menstruationsprodukt. Mindestens zwei Jahre verwendbar, kein Wegwerfartikel. Ohne Duft- und Farbstoffe. Keine hormonelle Behandlung der Oberfläche (wie bei manchen Tampons und Binden). Und kein Müll. (Fast 50 Milliarden Menstruationsprodukte werden jährlich allein in der EU verbraucht und weggeworfen oder anders ausgedrückt: jede menstruierende Person verbraucht im Laufe ihres Lebens durchschnittlich rund 14.000 Einwegtampons und -binden)
  • Q-Tips oder Ohrenstäbchen: Haben wir auch. Jaja, braucht man nicht, wir schon. Wir haben welche aus Papier mit Watte, ganz ohne mittigen Plastikstab. Gibt es in allen grösseren Drogeriemärkten.
  • Waschlappen statt täglicher Dusche. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
  • Und mein Guilty Pleasure für die Haare: Schutzöl zum besseren Kämmen aus einem renommierten Coiffeur-Salon. Kein Bio, kein gut abbaubar. Die kleine Flasche hält ein bis eineinhalb Jahre, also minimaler Verbrauch. Sorry, wir sind alle keine Heiligen…

Das ist nicht viel, zugegeben. Aber seit fast drei Jahren brauchen wir wirklich nicht mehr.

Dieser Minimalismus im Bad hat für uns drei klare Vorteile:

  • Wir leben ökologisch nachhaltiger (weniger Verbrauch, weniger Verpackung, weniger Transportwege der Produkte etc.).
  • Wir führen unserem Körper deutlich weniger chemisch und hormonell hergestellte Stoffe zu.
  • Wir leben sehr sparsam.

Denn: Jedes Produkt, das wir kaufen, muss hergestellt, verpackt, gelagert, transportiert und die Verpackung entsorgt werden. Die nachhaltigsten Produkte sind die, die wir gar nicht erst kaufen!

Schauen wir genauer hin!

Dazu nutzen wir ab und zu die Webseite oder die App Codecheck. Hier können wir wunderbar scannen, wie gesund und nachhaltig die Inhaltsstoffe sind. In vielen Seifen, Shampoos, Cremes und anderen «Hygiene»-Produkten stecken krebserregende Stoffe, Mikroplastik oder Hormoncocktails, die weder auf unsere Haut noch ins Abwasser gehören, oder?

Aber es ist doch biologisch abbaubar! Ist nur bedingt gut.

Wenn etwas biologisch abbaubar ist, bedeutet das, dass es von kleinen Organismen, sogenannten Mikroorganismen, zersetzt werden kann. Dabei entstehen Wasser, Mineralsalze und Kohlendioxid. Das heisst aber nicht, dass es immer gut für die Umwelt ist. Man muss auch darauf achten, wo und wie schnell etwas abgebaut wird und ob dabei schädliche Stoffe entstehen. Nicht alles, was als biologisch abbaubar gilt, ist auch wirklich umweltfreundlich.

Die Detergenzienverordnung ist ein Regelwerk, das festlegt, wie und wann waschaktive Substanzen (Tenside) in Detergenzien als biologisch abbaubar gelten. Diese Tenside müssen sich unter Laborbedingungen innerhalb von 28 Tagen zu 80 Prozent abbauen. Wenn sie das schaffen, können sie auch in Kläranlagen gut abgebaut werden.

Bleiben also 20 % übrig. Und das nur, wenn das Ganze in die Kläranlage gelangt. Garten, See, Wiese: tabu!

Wenn man also draussen duscht und biologisch abbaubare Produkte benutzt, ist das nicht unbedingt gut. Denn das Wasser fliesst nicht in eine Kläranlage, wo es gereinigt werden könnte. Ausserdem darf das Abwasser aus Dusche und Waschbecken nicht einfach in den Gully fliessen, denn dort wird es oft nur gefiltert und dann in Flüsse oder Seen geleitet. Nur Regenwasser sollte in die Gullys fliessen. Was sonst noch hineingelangt, zum Beispiel Mikroplastik oder Öl von den Autos, ist ein anderes Thema und ein weiteres Problem.

Unser Fazit

  • Weniger ist mehr! Bei Produkten und Wasch- & Duschgewohnheiten
  • Bio-Produkte sind konventionellen Produkten für Körper und Umwelt vorzuziehen
  • Biologisch abbaubar heisst nur, dass es in Kläranlagen mit eigens dafür gezüchteten Kulturen abgebaut werden kann. Also kein Haarewaschen am Strand!
  • Wegwerfprodukte (Zahnseide, Feuchttücher, Windeln, Binden, Tampons, Einwegwaschlappen, Zewa-Tücher, Einwegrasierer etc.) sind eine ökologische Katastrophe und gehören nicht in einen ökologisch nachhaltig geführten Camper.
  • Die Antibabypille hinterlässt nach der Einnahme Stoffe im Urin, wie es bei übrigens allen Medikamenten der Fall ist. Kläranlagen können diese Verunreinigungen nicht vollständig aus dem Abwasser entfernen. Daher gelangen die chemischen Rückstände letztendlich in Flüsse, Seen, Meere und sogar ins Grundwasser.
  • Alles, was du jetzt noch hast, bitte aufbrauchen. Und erst dann neu entscheiden. Wegwerfen wäre ja noch blöder!

Transparenz

Wir sind keine Chemiker, keine Nachhaltigkeitsexperten und sehen die Dinge eher mit «gesundem Menschenverstand & Liebe zur Natur». Wenn sich also Fehler eingeschlichen haben, lass es uns wissen, wenn etwas fehlt, lass es uns wissen. Wenn du Fragen hast: nur zu, dafür ist die Kommentarspalte da!

Quellen, abgerufen letztmalig am 08. Juni 2023

https://www.ikw.org/haushaltspflege/wissen/tenside-waschaktive-substanzen-in-reinigungsmitteln-waschmitteln-und-spuelmitteln

https://leise-reise.de/koerperpflege-im-camper/

https://www.vulvani.com/menstruation-in-zahlen-wegwerfprodukte-kosten-und-muell

https://www.brigitte.de/aktuell/gesellschaft/so-viel-muell-entsteht-durch-tampons-und-binden-11102124.html

https://erdbeerwoche.com/meine-umwelt/muellproblem/

https://www.careelite.de/nachhaltige-koerperpflege-tipps-badezimmer/

https://www.smarticular.net/themen/koerperpflege/

https://shop.mhp-verlag.de/themen/hygiene/hygiene-plus/gruene-hygiene.-nachhaltige-sanitaerraumausstattung

https://www.codecheck.info/news/Gewusst-Die-Antibabypille-schadet-auch-der-Umwelt-148188

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Das ganze geht auch mit Candellila-Wachs! Dann ist es vegan und tierleidfrei.

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Danke fürs Lesen unserer Nachhaltigkeits-Gedanken. Alle zwei bis drei Wochen montags schreiben wir etwas über die Möglichkeit, zukunftsorientiert im Van zu leben. Wir versuchen, verschiedene Bereiche zu beleuchten und hoffen, ohne erhobenen Zeigefinger auszukommen.

Im Fokus steht bei uns die Freude am Vanlife und die vielen Möglichkeiten. Die überall übliche Weltuntergangs- und Verzichtskommunikation wollen wir vermeiden.

Alle Nachhaltigkeitsposts findest du gesammelt in der Kategorie Zukunft.

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Liebe Grüsse – Heike & Gerd

 

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3 Kommentare
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Rachel
Rachel
10 Monate zuvor

Zahnputztabletten…..das schau ich mir an! ☝️
Und Waschlappen finde ich toll. 🥰
Ist auch gleich noch Massage für die Haut.
Ich verwende Natron pur als Deo.
Kleine Dose, Pulver rein, 2 Finger anfeuchten, einreiben.
Im übrigen geht mit Natron noch viel mehr. 👍
Ich bin jetzt fast 64 und kaufe möglichst nix mehr.
Klamotten und Schuhe (ohnehin nicht viel) werden aufgebraucht.
Was nicht mehr passt, wird mit Freundinnen getauscht.
Manchmal habe ich 2 verschiedene Socken an.😂
Wen interessiert das ? 🤷

Alles liebe euch beiden…..
Rachel

Rachel
Rachel
10 Monate zuvor
Reply to  Heike Burch

Gute Idee mit den identischen Socken. 👍😁
Zu spät für mich. 😂
Aber egal.
Ich mag die irritierten Blicke. 😇
Zahnputztabletten gekauft und für gut befunden. 👍
Dankeschön für den Tip.
Wird das Motorradgepäck wieder ein wenig leichter.

Herzliche Grüße vom Racheli

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