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Immer mal was Neues, heisst es ja gern, wenn unsere Freundin uns besucht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie damit so Dinge meint wie neue Länder zu erkunden, vielleicht mal mit einem neuen Paddelboot zu fahren oder auch mal etwas Kulinarisches auszuprobieren. Ganz sicher jedoch bin ich, dass sie das, was wir heute machen, auf keinen Fall auf ihrem Plan hatte. Und ich ehrlicherweise auch nicht.
Während wir so durch die Lande fahren, sieht Gerd immer mal wieder Autos mit grossen Nummern auf den Seiten, was eigentlich nur dafür sprechen kann, dass es hier irgendwo eine Rallye gibt. Dummerweise recherchiere ich auch noch dazu und finde tatsächlich eine Rallye, die hier durch die Gegend fährt, rollt, heizt, bummert, lärmt und staubt. Und wie der Teufel es so will, ist die Rallye genau an diesem Tag in unserer Nähe an unserem Traum-Paradiesplatz unterwegs. Ja, was soll ich sagen? Wir werden eine Rallye besuchen. Juchhuu.
Hier ein paar kurze Infos dazu: Die Rallye Finnland 2025, auch bekannt als Secto Rally Finland 2025, fand vom 31. Juli bis 3. August 2025 statt. Es war der 74. Lauf der Rallye Finnland und zugleich der neunte Wertungslauf der FIA Rallye-Weltmeisterschaft 2025. Das Event wurde in Jyväskylä in Mittelfinnland ausgetragen und umfasste 20 Wertungsprüfungen über eine Gesamtdistanz von 307,22 Kilometern. Die Rallye Finnland ist bekannt für ihre hohen Durchschnittsgeschwindigkeiten, viele Sprungkuppen und die landschaftlich reizvollen Streckenabschnitte inmitten der finnischen Wälder und Seen. Der Servicepark sowie Start und Ziel der Rallye befinden sich traditionell in Jyväskylä. Insgesamt waren 65 Fahrzeuge in verschiedenen Klassen am Start, darunter die WRC-Klasse (Rally1), WRC2 (Rally2) und WRC3 sowie die Junior-WRC. Das Event zählt zu den spektakulärsten und beliebtesten Rallyes der Weltmeisterschaft und zieht jährlich Motorsportfans aus aller Welt an.
Also, was tun wir? Wir suchen uns einen Parkplatz in der Nähe der Strecke, schultern unseren kleinen Rucksack mit Picknick und wandern, wie ganz viele andere Menschen, den Wald entlang. Bis zur Rallye-Strecke.
Hier werden wir freundlich begrüsst, hinter Absperrbändern verbannt und beobachten, wie die Finnen und Finninnen – wobei wir hier wirklich sagen müssen, mehrheitlich die Finnen – sich einen gemütlichen Tag im Wald machen. Man sitzt bequem hinter der kleinen Absperrung in seinen mitgebrachten Klappstühlen, die vermutlich sonst eher fürs Angeln genutzt werden. Man trinkt die ein oder andere Büchse Bier, hat ein bisschen Grillgut dabei, vielleicht wird auch gegrillt, auf jeden Fall werden Würstchen gegessen.
Es gibt die ein oder andere verhaltene Fan-Bewegung, sprich leichtes Jubeln, und die wunderschöne, ruhige Natur, die wir hier in Finnland so unglaublich geniessen – ja, ich sag’s mal so – wird gestört durch unfassbar laute, ratternde Knattermaschinen. Im 2- oder 3-Minuten-Takt rasen aufgepimpte, knallbunte, völlig schräge Pkw mit Rallye-Aufklebern durch den Wald, über die Schotterstrassen. Teilweise fliegen sie über Kuppen, rasseln, knattern und sind schnell und laut! Das Publikum verhält sich typisch finnisch. Es sitzt da und schaut schweigend zu. Wird ein Rattern etwas lauter, dann begibt man sich stillschweigend in eine stehende Position, nur um dann, wenn das Auto vorbei ist, sich ganz gemütlich wieder in sein Stühlchen zu setzen.
Während wir also in dieser Weltmeisterschaft die Strecke auf und ab laufen, was echt super gemütlich ist, weil rechts und links sind natürlich schöne Blaubeeren und wir können uns auch an der Natur erfreuen, wenn es nicht gerade so laut wird, sehen wir tatsächlich insgesamt genau drei Personen, die mal so mit einem Fähnchen winken.
Ich glaube schon, dass die Finnen hier begeistert sind, aber sie zeigen es deutlich anders, sprich, sie zeigen es nicht wirklich. Man muss es denn schon glauben, dass sie begeistert sind oder wie man anderweitig sagt: Na, ich hab dir doch gesagt, dass ich dich liebe, als wir uns vor 30 Jahren verheirateten. Und bei den Finnen ist das offensichtlich so, und das ist jetzt absolut subjektiv wahrgenommen: Wenn ich schon an die Rennstrecke komme, dann zeigt das doch, dass ich begeistert und Fan bin. Mehr muss ja dann auch nicht sein.
Unser kleines Wandergrüppchen geniesst in unterschiedlichen Niveaus diese Rallye. Gerd erklärt uns natürlich auch ein bisschen die Regeln und wie das da alles so abgeht und wer wann wie fährt und so weiter. Regula und ich haben natürlich davon keine Ahnung und wenn wir ehrlich sind, auch gar kein Interesse. Aber wir hören trotzdem brav zu und laufen weiter und weiter und weiter.
Weil wir irgendwann mal gucken wollen, wo jetzt die Zieleinfahrt ist. Während wir so durch den Wald tigern und zwischendurch uns auch mal ein bisschen was snacken an den Ständen, überrascht uns ein kleiner Regen, der sich dann in einen riesengrossen Regen entpuppt. Und wir also wirklich bis auf die Haut pitschnass sind! Und natürlich ist es ja so, dass man eigentlich wissen müsste, wenn man unterwegs ist, wenn man reist, wenn man wandert, dass man auf jeden Fall immer Wetterkleidung mit dabei haben müsste. Also, es ist nicht so, dass wir das nicht wüssten, aber diesmal denken wir, das ist eigentlich genau so, wie es sein soll. Gutes Wetter. Wir haben auf den Regenradar nicht geachtet und werden wirklich richtig pitschnass.
In der Zieleinfahrt sehen wir dann leider nur noch die letzten Autos. Was wir erstmal nicht wissen, haben wir dann gelernt: An diesem Tag werden an verschiedenen Orten mehrere Rennen gefahren. Die meisten Fahrer und ihre Autos sind eigentlich schon zur nächsten Station weiter. So laufen sind wir dann auch noch ganz gemütlich wieder zurück durch den diesmal wunderschönen, mehrheitlich ruhigen Wald (ein paar Trainingsfahrten ausgenommen).
Am Ende duschen wir und den Staub, den Dreck und die nasse Kälte mit warmem Wasser am Felix ab. Wir haben nun das ganze Auto voll mit nassen Klamotten, aber, und das muss man sagen, wir hatten echt viele Schritte auf unserer Uhr, wir waren die ganze Zeit im Wald unterwegs, haben so viel Vitamin C in Blaubeerform geknappert am Wege, wie nur irgend möglich, und hatten tatsächlich echt einen richtig schönen Tag.
Und sogar Regula, die sich, naja, sagen wir mal, nicht so wahnsinnig für diesen Tagesevent interessiert hat, hatte am Ende des Tages Freude an etwas Neuem. Und ich habe ihr von Anfang an gesagt: «Pass auf, was du dir wünschst, es kann passieren.»
https://www.wrc.com/en/events/wrc-secto-rally-finland-2025
























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