
Ja, ich weiss, einige Leser und Leserinnen warten schon auf neue Beiträge aus Marokko. Und ja, es ist euch sicherlich bewusst, dass wir längst wieder in der Schweiz sind. Wir sind ein wenig abgetaucht, und das nicht ohne Grund. Wer schon einmal eine Wohnung geplant hat, weiss, dass es dabei nicht nur um Quadratmeter geht. Steckdosen, Bodenbeläge, Wandfarben, Küchenausstattung, die Anordnung der Lichtschalter – all das spielt eine Rolle. Mehrfach sind wir in unseren kleinen Keller abgetaucht, um zu schauen, welche unserer eingelagerten Möbel wir weiterhin nutzen können. Das alles dauert natürlich noch bis Ende nächsten Jahres. Dennoch sind derzeit etliche Entscheidungen fällig. Wir haben beschlossen, nichts wegzuwerfen. Die Dinge, die wir vor fünf oder dann fast sechs Jahren eingelagert haben, sollen erst einmal in unsere Wohnung einziehen. Dann sehen wir weiter, was uns noch gefällt.
Nun aber zurück nach Marokko.
Wir verlassen Fes bei strahlendem Sonnenschein. Allerdings scheint die Sonne nur zehn Minuten. Mit frischen Lebensmitteln im vollgepacktem Auto und einer gut aufgefüllten SIM-Karte zieht es uns ins Rif-Gebirge. Doch schon auf der Ausfahrtstrasse von Fes stürmt und regnet es, und wir fahren in einen riesigen, dunklen Nebelwald. Die Flüsse, die sonst klein am Strassenrand entlangdümpeln oder meist sogar ausgetrocknet sind, sind riesig, überfüllt und treten über ihre Ufer.
Ein faszinierendes, aber auch irritierendes Bild – Marokko so nass. So kommen wir ins Rif-Gebirge, von dem man so viel Wunderschönes erzählt, und wir sehen nichts als Nebel, Nebel, Nebel. Irgendwann entscheiden wir uns, schnell drüberweg zu fahren, weil wir auf der Wetter-App gesehen haben, dass an der Mittelmeerküste kleine Sonnenfenster existieren sollen. So geniessen wir dann – völlig ungeplant und viel zu früh – den Nachmittag und Abend an der Küste bei Al Hoceïma mit Blick auf das Mittelmeer.
Al Hoceïma ist eine charmante Küstenstadt im Norden Marokkos, direkt am Mittelmeer gelegen. Sie gehört zur Region Tanger-Tétouan und liegt eingebettet zwischen den Ausläufern des Rif-Gebirges und der blauen Weite des Meeres. Diese Lage macht sie zu einem echten Abseits-der Touri-Orte-Geheimtipp. Die Stadt hat eine bewegte Geschichte – sowohl kulturell als auch politisch. Sie ist Zentrum der Rif-Region, in der vor allem Berber leben, genauer gesagt die Imazighen. Das Selbstbewusstsein dieser Bevölkerungsgruppe spiegelt sich in der Sprache, in der Musik und auch in der politischen Geschichte der Region wider. In den letzten Jahren war Al Hoceïma wiederholt Ausgangspunkt sozialer Bewegungen, die auf bessere Lebensbedingungen und mehr Teilhabe aufmerksam machten. Trotz ihrer historischen Herausforderungen hat sich Al Hoceïma in den letzten Jahren sichtbar herausgeputzt. Die Uferpromenade ist modernisiert, Palmen säumen die Strassen, und der kleine Hafen ist ein malerischer Ort, an dem sich Fischerboote und Ausflugsschiffe mischen – und wir übernachten dürfen. Der Strand Quemado liegt direkt unterhalb eines steilen Felsens und bietet türkisfarbenes Wasser und feinen Sand – fast karibisch anmutend, aber mit Bergen im Rücken.











Ja, jetzt sind wir wieder am Mittelmeer. Acht, neun oder zehn Wochen sind vergangen. Wir sind irritiert. Es fühlt sich gar nicht so lang an. Sind wir etwa wieder zu schnell gereist? Und wir merken wieder einmal: Ja, wir versuchen langsam zu reisen. Nein, wir schaffen es nicht.
Marokko ist aber auch ein wunderschönes Land, und es ist klar, dass wir wiederkommen werden. Dann werden wir uns allerdings nur kleine Regionen vornehmen und diese ausführlicher besuchen.
So versuchen wir in Al Hoceïma ein Restaurant zu finden. Allerdings sind alle geschlossen, es ist nach wie vor Ramadan. Um 19:00 Uhr soll ein Restaurant im Hafen, direkt vor unserem Felix, öffnen, und wir werden zum Fastenbrechen, dem sogenannten Iftar, eingeladen. Wir schlemmen tellerweise, allen voran unsere geliebte Harira, die marokkanische Suppe. Wir bewundern, wie viel die Menschen essen können, und staunen, wie sich die Tische biegen. Nach der Hälfte des Menüs, das uns aufgetragen wird, stoppen wir – wir schaffen nicht mehr. Unsere Bäuche sind schon kugelrund. Das soll also Fasten sein?
Am nächsten Morgen scheint die Sonne strahlend, und wir planen einen kleinen Ausflug. Ein kurzer Abstecher Richtung Osten die Küste entlang. Wir passieren wunderschöne Buchten und kommen zu einem völlig verlassenen, riesigen Hotelareal. Angeblich soll hier – Plage Sfiha – der schönste Strand Marokkos sein. Vielleicht ist er das auch, aber so ausgestorben – es ist eben Nebensaison für die Marokkaner – macht er keinen schönen Eindruck. Der Strand ist nur semi-sauber, überall liegt Plastik herum. Wir lesen jedoch, dass in den Sommermonaten, wenn die Marokkaner hier Urlaub machen, der Strand jeden Tag gereinigt wird. Die Cafés sind alle zu, die Hotels haben verschlossene Tore. Wir machen es uns gemütlich auf dem völlig leeren und riesigen Parkplatz im «Café Felix», trinken Kaffee, essen ein Stück Kuchen und geniessen die Ruhe. Wir staunen über die vorgelagerte Insel, auf der scheinbar jemand wohnt oder zumindest Häuser stehen.
Bei meiner Recherche kommt folgendes heraus: Der Peñón de Alhucemas ist ein kleines, felsiges Inselterritorium im Mittelmeer – auf den ersten Blick unscheinbar, aber geopolitisch höchst interessant. Es liegt nur etwa 300 Meter vor der marokkanischen Küste, direkt gegenüber dem Strand Plage Sfiha. Und doch gehört dieser Felsen nicht zu Marokko, sondern zu Spanien. Der Peñón de Alhucemas ist Teil der sogenannten «Plazas de soberanía», einer Handvoll kleiner spanischer Exklaven auf oder nahe der marokkanischen Küste, die seit Jahrhunderten in spanischem Besitz sind. Gemeinsam mit den Inselchen Isla de Mar und Isla de Tierra bildet der Peñón eine Art Mini-Archipel, der militärisch genutzt wird. Auf dem Hauptfelsen befinden sich militärische Gebäude und ein kleiner Aussenposten, der von wenigen Soldaten besetzt ist.
Die Bevölkerung: offiziell null, abgesehen vom Wachpersonal. Historisch reicht die spanische Präsenz hier bis ins Jahr 1559 zurück, als Spanien die Festung errichtete, um nordafrikanische Piraten abzuwehren und seinen Einfluss an der Mittelmeerküste zu sichern. In den Jahrhunderten danach wechselte der Felsen nie den Besitzer – auch wenn Marokko nach der Unabhängigkeit immer wieder Anspruch auf die «plazas» erhob. Heute wirkt der Peñón de Alhucemas fast wie ein Relikt aus einer anderen Zeit – militärisch wenig relevant, aber symbolisch aufgeladen. Er steht sinnbildlich für die komplexe Beziehung zwischen Marokko und Spanien und erinnert daran, wie Geschichte bis in die Gegenwart hineinwirkt.
Gegen Nachmittag fahren wir langsam zurück und versuchen, in einem Hotel eine Pause zu machen. Doch auch dort finden wir keinen einzigen Service. Auch hier sitzen wir ganz alleine. Schön jedoch ist, dass wir gern zu zweit sind. Und so unsere reise durch Marokko ganz in Ruhe Revue passieren lassen können.
Das Highlight des Tages ist ein ganz anderes: Hinter unserem Felix hat jemand einen grossen Karton abgestellt, in dem sich eine Mutterkatze und zwei, eigentlich drei, kleine Katzenbabys befinden. (Leider ist eines der Babys dann über Nacht gestorben.) Während ich also im Felix sitze und stricke, sitzt Gerd am Strassenrand und streichelt die kleinen Katzenbabys. Zum Frühstück sieht es genauso aus: Ich frühstücke im Felix, Gerd sitzt auf der Bordsteinkante und kümmert sich um die Katzen. Und ich glaube, wenn wir nicht irgendwann hätten weiterfahren müssen – wir hatten schliesslich schon die Fähre nach Frankreich gebucht – würde Gerd heute noch dort sitzen und diese kleinen Katzenbabys streicheln.
























Merci fürs «Mitreisen»
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05.06.26; 20.30 Uhr Beim Sahara-Club-Treffen in Westhofen / Rheinland-Pfalz Sowie man sich anmelden kann, teilen wir den Link hier.

Hi, thanks for sharing! Ich lebe in Waadt Kanton, und ich möchte in September nach Nord Marokko reisen. I would like to plan a one- or two-day hike, but I need a guide. I also would like to hire a bike but I don’t know where. Would you have some tips for me?
Vielen Dank!
Hi! Unfortunately, I can’t help you there. We always hike alone without a guide. But if you go to northern Morocco, I would definitely recommend this hike:
https://www.outdooractive.com/en/route/hiking-trail/morocco/scenic-hiking-round-trip-around-akchour-%D8%A3%D9%82%D8%B4%D9%88%D8%B1-in-parc-national/806996132/#dmdtab=oax-tab2
Pictures here:
https://www.leben-pur.ch/marokko-wanderparadies-akchour-gottesbruecke-unsichtbarer-lions-rock-und-kein-wasserfall/
Have fun there!
Thanks for your response! I heard about Akchour and will go there next time.
Enjoy your coming trips!