
Wir sitzen in unserem Felix auf dem staubigen Parkplatz neben dem Sportgebäude von Sonkajärvi, während die Regentropfen im Takt aufs Metalldach trommeln. Draussen ist es kurz nach 17 Uhr, der Himmel grau verhangen, und der Duft von nassen Kiefernnadeln mischt sich mit dem Aroma unseres frisch aufgebrühten Kaffees.
Ankunft im Regen und erste Eindrücke
Wir zahlen zehn Euro für unseren Stellplatz inklusive Duschen und Toiletten – ein willkommener Luxus, wenngleich nicht wirklich nötig. Der Wind pfeift um die Ecken der kleinen Camper-Area, doch wir ziehen unsere Kapuzen fest und stapfen los Richtung Dorf. Sonkajärvi entpuppt sich als winziges Nest im Herzen Nordfinnlands, kaum mehr als eine grössere Strassenkreuzung mit ein paar Häusern. Vielleicht tun wir dem Ort Unrecht, aber mehr als das rote Schulgebäude und den angrenzenden Sportplatz entdecken wir nicht.
Auf dem Schulhof tummeln sich Stände, an denen die Dorffrauen selbstgebackene Leckereien feilbieten: saftige Kuchenstücke, frisch gewaffelte Leckereien und dampfender Kaffee (wie immer: aus Thermoskannen). Ein Grill brutzelt Würstchen, zwischen Versicherungsflyern und Werbegeschenken von Telefonanbietern riecht es verlockend herzhaft. Wir probieren ein Stück Schokoladenkuchen und können kaum glauben, wie viel Liebe die Menschen hier in jeden Bissen stecken.
Das Spektakel beginnt
Fragen wir uns da nicht alle: Muss man wirklich bei strömendem Regen an einem Hindernisparcours teilnehmen, bei dem Männer ihre Frauen auf den Schultern durch hüfthohe Wasserbecken schleifen? Wir jedenfalls packen unsere dicken Wintermäntel aus und machen uns auf zur Tribüne, während das Thermometer bei mageren 10 °C verharrt. Um uns herum wenige Trillerpfeifen und seltene Anfeuerungsrufe, das stetige Tropfen auf die Laufbahn tut uns richtig leid.
An der Startlinie stehen (teilweise wuchtige) Männer, ihre Partnerinnen auf den Schultern oder in den Armen. Mit einem sanften Knall setzt sich das Feld in Bewegung: Ein rutschiger Graben erwartet sie, das Wasser spritzt hoch, als manche Frauen im Trubel verloren gehen und hektisch wieder hervorgefischt werden. Dahinter Hürden aus Holzstämmen, längere Laufstrecken und schliesslich das Ziel, wo wir uns vor Lachen kaum noch einkriegen.
Anfangs schauen wir noch etwas skeptisch: «Ist das nicht ein typisches Männer-Frauen-Theater?» Doch mit jedem Rennen spüren wir die Begeisterung auf beiden Seiten. Die Wettkämpferinnen umklammern ihre Träger eng, die Paare koordinieren atemlos jeden Schritt. Am Ende des ersten kurzen Laufs ist der Weltmeister gekürt, und wir stapfen zurück zu unserem Camper, wo wir die Heizung anwerfen und unsere nassen Klamotten zum Trocknen ausbreiten.
Am nächsten Morgen strahlt die Sonne am blauen Himmel, und die Temperaturen klettern auf angenehme 18 °C. Verschiedene Disziplinen stehen auf dem Programm: längere Läufe mit zusätzlichen Hürden, ein reiner Frauen-Wettkampf und sogar eine «Over-40»-Kategorie, in der Erfahrung gegen jugendliche Power antritt. Besonders kurios: der Staffellauf, bei dem drei Männer sich die getragene Frau weiterreichen – allerdings erst, nachdem jeder einen halben Liter Irgendwas getrunken hat. Da stockt uns fast der Atem, wie diese Kerle nach heftiger Muskelarbeit schnell-trinken meistern!
Wir sehen kleine Stürze und spektakulären Aus-dem-Wasser-Rettungsaktionen, spüren die gute Stimmung, die in der Luft liegt, und geniessen das bunte Treiben. Schliesslich ist es weit mehr als ein Sportfest: Es ist eine Tradition, die auf der Legende von Herkko «Räuber» Ronkainen beruht und seit den frühen 1990er-Jahren jährlich in Sonkajärvi gefeiert wird. Die Teilnehmer kämpfen hier nicht nur um Ruhm, sondern um den Spass und die Verbundenheit – und natürlich um die berühmteste Trophäe: das Gewicht der Frau in Bier.
Als wir letztlich den Rückweg antreten, lassen wir den Blick noch einmal über die sonnendurchflutete Arena schweifen. Wir sind uns einig: «Die spinnen, die Finnen!» – und wir lieben es. So einen herzhaften, skurrilen Wettkampf haben wir bisher nur bei den Highland Games in Schottland erlebt. Hier aber feiern Einheimische und Besucher gemeinsam die kleinen Sommermacken, die uns noch lange schmunzeln lassen werden.
Quellen
- Wife-Carrying World Championship auf Insta: https://www.instagram.com/wifecarrying/
- Wife-Carrying World Championship https://eukonkanto.fi/en/
- «Wife-carrying», Wikipedia, https://en.wikipedia.org/wiki/Wife-carrying
- Mouriquand, David: «Everything you need to know about the Wife-Carrying World Championship in Finland», https://www.euronews.com/culture/2025/07/04/everything-you-need-to-know-about-the-wife-carrying-world-championship-in-finland
















































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Liebe Heike, lieber Gerd.
Ich habe deine wunderschönen und herzlichen Zeilen per Email- Nachricht bekommen.
Sonst hätte ich es wohl nicht gefunden.
Ich habe mich sehr gefreut, dass unsere „Gedankenübertragung“ funktioniert hat.
Steckt nicht vielleicht doch ein wenig Hexe in dir ? 🤣
Bei mir habe ich mich damit schon abgefunden. 😬
Ich bin froh, zu lesen dass es euch gut geht und ihr weiter auf Reisen seid.
Also herzlich Dank, für deine vielen, schönen Zeilen an mich.
Ich glaube, ich muss dann doch wieder öfter bei euch im Blog lesen.
Eben habe ich den Beitrag vom Ehefrauenrennen gelesen und herzlich über die Bilder gelacht.
Ja, die Finnen haben schon einen speziellen, aber wunderbaren Humor.
Genau meine Linie.
Ich bin im Moment noch nicht viel unterwegs.
Meine Motorrad- Begleiterin ist ja schon einige Jahre in Schweden und ich bin seither nicht mehr viel gefahren.
Lust hätte ich schon.
Aber als Frau alleine ?
Der Gedanke gefällt mir nicht so gut.
Und Kurzstrecken sind mir einfach zu langweilig.
Was hinzukommt:
Ich habe einfach viel zu viele Interessen und dann arbeite ich ja auch noch 2 Tage die Woche.
Da wird die Zeit knapp.
Deshalb auch mein Rückzug vom Bildschirm.
Das ist wirklich ein elender Zeitfresser, wenn man nicht aufpasst.
Aber prinzipiell spricht ja wohl nichts dagegen, deine Berichte zu lesen.
Zumal ich sie wirklich mag. 🥰
Der Spruch, den du gesendet hast:
Nein, ist ein ganzer Satz!
Super! Wirklich.
Wo seid ihr denn gerade?
Pläne?
Nun, für’s erste sende ich euch herzliche Grüße aus dem Hexenhaus in Bayern und hoffe wieder von euch zu lesen.
Ganz liebe Grüße und gute Reise weiterhin
S’Racheli 😉