
Nachdem wir einen flüchtigen Blick auf die wunderschönen Sanddünen hinter Mohsins Camp (Camp Sahara Marokko) erhascht hatten, liessen wir unsere Füsse vom warmen Wüstensand massieren und sammelten kiloweise Sand in unserem Felix. Doch das reichte uns nicht – wir wollten die grosse Wüste wirklich erleben.
Gleich vorweg: Marokko ist kein reiner Wüstenstaat. Es gibt ausgedehnte Dünen, und ja, die Sahara beginnt hier. Aber die unendliche Weite der Wüste, wie man sie sich vorstellt, findet man hier nicht. Egal, wo wir sind, wir sehen das Ende der Wüste, erblicken Gebirge und flache grüne Landschaften, und überall gibt es Camps für Touristen.
Doch wir sind schlau: Wir drehen uns in die andere Richtung, gehen durch Dünen-Täler, blenden alles aus und suchen das wahre Wüstengefühl. Wir fragen Mohsin, ob er uns einen Jeep mit Fahrer zur Verfügung stellen kann, um in die Wüste zu gelangen. Anfangs denken wir noch, wir könnten mit unserem Felix bis an die Dünen heranfahren, aber schnell wird klar, dass das eine schlechte Idee gewesen wäre. Faissal, unser Guide heizt mit uns durch die Ebene, passiert sandige Abschnitte, aus denen wir mit unserem Felix nie wieder herausgekommen wären.
Das Beste an Faissal: Er zeigt uns nicht nur die Wüste, die hier Erg Chigaga genannt wird, sondern auch das viele Leben, das dort zu finden ist. Der Erg Chigaga erstreckt sich über etwa 40 Kilometer Länge, mit Dünen, die bis zu 300 Meter hoch aufragen. Das Gebiet ist schwerer zugänglich als andere Dünen in Marokko, was es wilder und ursprünglicher erscheinen lässt.
Die Temperaturen in der Wüste um M’Hamid schwanken extrem. Im Sommer können sie tagsüber bis zu 50° C erreichen, während es nachts stark abkühlt. Im Winter, also jetzt, sind die Tage angenehm warm, aber die Nächte oft eiskalt, teils mit Temperaturen um den Gefrierpunkt. Regen ist selten, doch wenn es einmal regnet, kann es kurzzeitig zu spektakulären Wasseransammlungen in den Oasen kommen.
Wir haben Glück: In den vergangenen Monaten hat es mehrfach sehr stark geregnet, und die Natur beginnt zu erwachen. Grosse Teile der Wüste sind einfach mal grün, es knospet und blüht überall.
Faissal zeigt uns den Wüsten-Rucola, die wilde Kamille, einige Eukalyptussträucher und Wüsten-Melonen. Es ist einfach unfassbar, wie viel Grün in der Wüste steckt, wenn sie nur genug Wasser bekommt. Die Kamele haben natürlich Freude, sie knabbern sich durch blühende Landschaften und lassen sich sogar streicheln. Wieder einmal denke ich an meine superweiche Kamelwolle in meinem Wolle-Fach und verstehe nicht, wie die Wolle so weich sein kann, wo doch die Kamele wirklich struppiges Fell haben. Da muss ich wohl noch recherchieren.
Während wir weiterfahren, spinnen wir gemeinsam Geschäftsideen. Regula, die von Faissal liebevoll Rucola genannt wird (was bei uns immer wieder zu Lachanfällen führt), denkt zusammen mit ihm darüber nach, den Wüsten-Rucola in der Schweiz zu kultivieren. Dafür gibt er ihr verschiedene Samen mit, die wir brav in Säckchen verpacken. Und hoffentlich werden wir die erste Ernte dann im Frühjahr in der Schweiz degustieren.
Ausserdem überlegt er, als er erfährt, dass Regula einen kleinen Garten hat, dort eine Kamelfarm zu eröffnen. Er käme dann mit 20 bis 40 Kamelen, und wir könnten eine Zucht aufmachen. Irgendwie hatten wir ihm vergessen zu sagen, wie klitzeklein der Garten ist. Noch nicht mal eng gedrängt hätten 20 Kamele nebeneinander Platz.
In den nächsten Tagen lachen wir oft über die Projektideen, planen die Anlieferung von tonnenweise Sand in die Gärten von Regulas Nachbarn – schliesslich wollen sie sicher auch an den Kamelen Freude haben. Die Hausverwaltung müsste auch noch informiert werden. Fragen würden wir sie nicht, eher nur «kurz informieren». Nicht, dass sie der genialen Idee im Weg steht.
Bei einer gemütlichen Mittagspause in einer Oase lassen wir es uns gut gehen. Wir sitzen gemütlich auf Teppichen, lehnen uns an die hier so typischen dicken bunten Kissen und essen von flachen Tischen. Und merken, wie wohltuend es ist, diese Ruhe zu spüren. Hier ein gemütlicher Tee, dort ein paar Sandkörner in der Hosentasche. Der Blick in die Weite, die wärmende Sonne am Himmel und der kühlende Schatten unter den Akazien.
Am Nachmittag führt uns unser Faissal, der uns wunderbar unterhält und uns so viele kleine und grosse Geheimnisse der Wüste, der Kamele, der Berber und des Lebens hier verrät, noch einmal in die hohen Dünen. Den Sonnenuntergang auf einer der hohen Dünen zu erleben, ist einfach ein Traum. Wir stapfen die Dünen hoch, Regula sogar mit Hilfe (auch hier müssen wir wieder lachen, Sessellift auf Marokkanisch), und lassen den Sand durch die Hände gleiten, die Füsse vom warmen Sand wärmen und die Gesichter von der weichen, gelb-orange-roten Sonne ein letztes Mal für diesen Tag bestrahlen. Wir sind einfach nur glücklich.
Irgendwann, die Sonne ist längst untergegangen, rennen wir ein letztes Mal mit Karacho die Dünen herunter – hui, was für eine Freude – und merken, wie schnell es so unfassbar kalt wird. Schnell stecken wir unsere sandigen Füsse in die Socken und Schuhe, streifen uns Strickjacken über und binden uns Tücher um. Der Sand steckt überall. Und: Es ist uns egal!
Noch einmal fährt uns Faissal knapp zwei Stunden zurück zu unserem Camp in M’Hamid. Wie er allerdings den Weg findet, bleibt uns ein Rätsel. Der Mond scheint freundlich, die Wege sind eher Sandspuren, kreuzen sich, trennen sich wieder. Nach vorn, nach hinten und zu den Seiten nichts als Wüste. Und er fährt einfach, mal geradeaus, mal etwas weiter rechts, dann wieder links. Und irgendwann kommen wir tatsächlich, voller Glücksgefühle, dankbar und die Herzen voller schöner Erinnerungen wieder bei Mohsin an. Der wartet schon mit dem Abendessen auf uns. Und hatte ich erwähnt, dass dort ganz exzellent gekocht wird?














































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05.06.26; 20.30 Uhr Beim Sahara-Club-Treffen in Westhofen / Rheinland-Pfalz Sowie man sich anmelden kann, teilen wir den Link hier.
