Iran – Esfahan, eine kleine Reparatur und die Sehnsucht nach der Wüste

Iran – Esfahan, eine kleine Reparatur und die Sehnsucht nach der Wüste

Wieder einmal stellen wir fest, dass wir keine Stadtmenschen sind. So schön Esfahan auch ist, wir sind nicht in der Stimmung, alle Sehenswürdigkeiten abzuhaken. Also schlendern wir noch einmal durch die Kupferkesselgasse (Kunsthandwerk in allen Variationen hat es uns wirklich angetan), besuchen den Kakh-e Ali Qapu, was wörtlich übersetzt «Hohes Tor» bedeutet.

Von hier oben haben wir einen herrlichen Blick über den grossen Platz, in die dahinter liegenden Privatgemächer kommen wir nicht hinein, aber allein die riesige Veranda mit den 18 Säulen, die ein wunderschönes Holzdach tragen, ist den Aufstieg über die enge Wendeltreppe wert.

Die Wände sind mit Blumenmustern bedeckt, die teilweise in die Gipswände geritzt und gemalt wurden. Dadurch entsteht ein plastischer Eindruck der Zeichnungen. Die Jüngeren unter uns würden sagen: 3D-Optik.

In unserer Tasche tragen wir schon seit ein paar Tagen ein kleines Fach aus unserem Felix mit uns herum, wir suchen einen Schuster oder so, der uns das Leder und das Klettband reparieren kann. In einem Schuhgeschäft werden wir fündig. Oder zumindest so ähnlich: Ich zeige ihm unser Problemkind, er versteht, kann uns selbst nicht helfen, greift zum Telefon und wenig später kommt ein Roller angefahren, nimmt unser Ding mit und braust davon. Die nächste halbe Stunde «unterhalten» wir uns mit dem Schuhverkäufer via googletranslate und trinken Nescafé (wir merken, dass die Leute hier im Iran voll auf Instant-Nescafé stehen).

Irgendwann kommt der Rollerfahrer zurück, unser Teil ist hochprofessionell geflickt. Nun trinken wir alle zusammen noch einen Nescafé, bezahlen dürfen wir natürlich nicht. Was uns aber immer wieder verwirrt: Ist das jetzt Tarof, also diese Höflichkeitsaktion und sollen wir hartnäckiger bleiben oder sind das echte Geschenke? Wir wollen auf keinen Fall unhöflich sein, aber wir finden schon, dass man dem Mann etwas zahlen sollte. Doch auch nach mehrmaliger Diskussion lässt er uns nicht bezahlen. Stattdessen muss das obligatorische Selfie her. Gern geschehen. Wenn es das Einzige ist, was wir zurückgeben können, dann gern!

Auf der Suche nach Geldwechsel-Möglichkeiten verlaufen wir uns hemmungslos im grossen Bazar, durchstreifen gefühlt Hunderte Teppichgeschäfte im extra markierten Teppich-Bazar und kommen dann, völlig überraschend, wieder am grossen Platz heraus. Ich hätte wetten können, dass wir ganz woanders wären.

Wir schlendern weiter durch die Stadt, versuchen erfolglos, Geld auf unsere iranische Kreditkarte einzuzahlen und landen dafür im 5-Sterne-Hotel, das früher eine Karawanserei war und heute wirklich imposant ist. (Wir merken, dass wir ab und zu echt einen Hang zu Luxushotels haben, die Vergangenheit als Business-Reisende holt uns manchmal mit Wucht ein.) Der Service ist allerdings weit von den Sternen entfernt, was uns aber beim Tee nicht weiter stört. Wir geniessen das Ambiente und die Ruhe inmitten der quirligen Stadt.

Die nächsten Tage arbeiten wir im Hostel und verbringen die Abende kochend, strickend, lesend oder plaudernd mit den wenigen Hostelgästen. Die letzte Nacht schlafen wir tatsächlich im Hostel, wir nehmen uns ein Zimmer. Der Lärm in unserem Felix, direkt an der Strasse dieser 2-Millionen-Stadt, ist so unerträglich, dass es zu Schlafmangel und «Stimmungsungreimtheiten» kommt. Einmal richtig ausschlafen bitte!

Denn der letzte Tag in Esfahan hat es noch einmal in sich: Wir wollen Geld wechseln. Und manchmal wünsche ich mir die klare, fast saubere, bis zum Überperfektionismus ausgefeilte Schweizer Präzision einer Bank. Hier läuft das natürlich anders: Wir wollen nicht die vielen «Change Money»-Rufer auf der Strasse in Anspruch nehmen, wir haben keine rechte Freude daran, auf der Strasse zu tauschen.

Wechselstuben gibt es natürlich, nur die von uns bevorzugte hat geschlossen. Für immer? Nur für heute? Wir werden es nie erfahren. Aber Iran wäre nicht Iran, wenn uns nicht jemand helfen würde. Gleich nebenan können wir tauschen, der Kurs ist gut (nicht sehr gut, aber unsere Nerven sind nach Tagen in der Stadt nicht mehr die besten). Natürlich werden wir noch zu Tee, Keksen und Schokolade eingeladen. Und nur anderthalb Stunden später sind wir wieder mehrfache Millionäre.

So, wir haben alles erledigt, was nun? Sollen wir uns noch die vielen, wirklich schönen Sehenswürdigkeiten anschauen? Die berühmte Brücke über den Fluss, der kein Wasser führt? Das armenische Viertel? Wir schauen uns an, ich zeige stumm auf eine Stecknadel in meiner Google-Maps-Wunschliste und wir sind uns einig: ab in die Natur. Wieder zieht es uns in die Wüste. Gerd lenkt unser Häuschen souverän durch den Grossstadtverkehr, ich halte mich sicherheitshalber an der Gebetskette fest, die ich vor ein paar Tagen geschenkt bekommen habe, in der Hoffnung, dass wir unfallfrei aus der Stadt herauskommen. Was, das kann ich vorwegnehmen, wunderbar gelingt!

leben pur

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Merci fürs «Mitreisen»

Wir überlegen, im Sommer wieder eine Reisepause zu machen und unsere Familien in Deutschland und der Schweiz zu besuchen. Mit dabei ist eine Idee, einen Vortrag über unsere lange Reise bis an den persischen Golf vorzubereiten. Falls Ihr Lust hättet, was würde euch am meisten interessieren? Hier werden wir auch Geschichten erzählen, die hier auf dem Blog keinen Platz finden. Wir denken an den Raum Bern und Berlin – einfach, weil wir da Familie haben. Aber auch andere Orte wären vorstellbar. Schreibt uns gern.

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2 Kommentare
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Rachel
Rachel
2 Monate zuvor

Wunderschön dort!
Dankeschön für’s mitnehmen. 👍

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