Kaum sind wir aus Ankara zurück, sitzen wir mit der Familie am Tisch. Das Telefon klingelt, Emire, sie ist ja Gynäkologin, muss schnell zu einer Geburt. Wir machen es uns gemütlich und freuen uns auf die paar Tage, die wir noch hier bleiben.
Kurz darauf klingelt das Telefon, wenn ich möchte, kann ich bei der Geburt dabei sein. Ich? Bei einer fremden Frau? Das fühlt sich nicht richtig an, aber ich nehme das Angebot an, mit ins Krankenhaus zu fahren und den kleinen neuen Menschen zu begrüssen. So sitze ich mit der Oma des Neugeborenen (der Papa war bei der Geburt nicht dabei, dafür die Oma) und dem Baby auf abwechselnd meinem und ihrem Arm die halbe Nacht im Zimmer. Die Mama hatte nicht die leichteste Geburt, deshalb kommt sie erst viel später zu uns.
Wir nutzen die Zeit, um ein wenig (sogar auf deutsch) zu plaudern und das Baby auf dieser Welt zu begrüssen. Ein wunderschöner Moment für mich, für den ich unendlich dankbar bin.
Als Emire und die Mama zu uns kommen, bekommen wir alle einen leckeren, wenn auch sehr starken türkischen Kaffee. Wunderbar, es ist halb zwei und ich trinke Kaffee. Als ich später in unseren Felix stolpere, muss ich Gerd alles erzählen. Ist es der Kaffee oder sind es die Glückshormone, die sich voll in meinem Körper ausgebreitet haben? Gerd grummelt etwas, schaut pflichtschuldig auf die Bilder, dreht sich um und schläft weiter! Und ich? Ich liege wach, bin selig und denke an all die Babys, die so süss sind in ihrer Zartheit.
Die nächsten Tage sind sehr familiär, Emire will nähen lernen. Schliesslich hat sie eine Nähmaschine, die sie kennenlernen will. Wir basteln und nähen. Die Oma, die für einige Zeit zu Besuch kommt, kocht wie eine Sterneköchin. Uns bleibt hier nur das Housekeeping, also Wäsche waschen, kochen, Tisch decken und abräumen. Dabei müssen wir allerdings ziemlich schnell sein, sonst wird uns auch das nicht abgenommen.
Bei Gerds Lieblingsgericht, dem Mantı, helfen wir dann alle mit. Und wir merken, wie viel Arbeit das ist. Zum Abschied gibt es noch eine – oder zwei – Portionen Mantı in unserem Kühlschrank. «Für den Fall, dass wir Sehnsucht nach der Familie in Batman haben!»
Mein Lieblingsmöbel im Haus ist neben dem wunderschönen iranischen Teppich der Massagesessel. Erst wird der Körper vermessen, dann geht es je nach Programm sanft oder hart zur Sache. In jeder freien Minute liege ich in dem sonst ungenutzten Möbelstück und lasse mich verwöhnen gründlich durchkneten. Und überlege nebenbei, wie ich diesen Sessel in unseren Felix integrieren könnte. Vielleicht als Beifahrersitz? Falls jemand Erfahrung damit hat, ich bin offen für Tipps!
Ein paar Tage später – wir deponieren unsere Drohne sicherheitshalber bei unseren Freunden, haben endlich US-Dollars (in Iran gibt es keine Möglichkeit, Geld abzuheben) und unser Carnet de Passage für unseren Felix, für unsere Weiterreise nach Iran beides zwingend nötig, ist endlich angekommen – nehmen wir schmerzlich Abschied von unseren Freunden.
Mein Gott, was für eine wunderbare Zeit. Und so eine richtige Zeit. Ein wenig Ruhe, wenig fahren. Mal kein Sightseeing und trotzdem ein erfülltes Herz.
Merci fürs «Mitreisen»
Wir überlegen, im Sommer wieder eine Reisepause zu machen und unsere Familien in Deutschland und der Schweiz zu besuchen. Mit dabei ist eine Idee, einen Vortrag über unsere lange Reise bis an den persischen Golf vorzubereiten. Falls Ihr Lust hättet, was würde euch am meisten interessieren? Hier werden wir auch Geschichten erzählen, die hier auf dem Blog keinen Platz finden. Wir denken an den Raum Bern und Berlin – einfach, weil wir da Familie haben. Aber auch andere Orte wären vorstellbar. Schreibt uns gern.
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