Iran – Autos, Verkehr und alles rund ums Unterwegssein

Iran – Autos, Verkehr und alles rund ums Unterwegssein
Dieser Beitrag ist Teil der Serie Iran-Infos

Wo fängt man am besten an? Wir beschränken uns auf das Auto, da wir weder mit dem Zug (ausser einmal, aber dazu später mehr) noch mit dem Taxi unterwegs waren. Dafür haben wir Fahrradfahrer und viele Überlandbusse gesehen. Davon müssen andere berichten, wir können diese Erfahrungen nicht teilen. Wer gleich zum Erlebnis Verkehr springen will, dem sei das letzte Kapitel empfohlen!

Vorbereitung

Um überhaupt in den Iran einreisen zu können, benötigt man Zollpapiere für das eigene Fahrzeug. Diese nennen sich «Carnet de Passage», kurz CdP, und man muss dafür etwa die Hälfte des aktuellen Fahrzeugwertes hinterlegen. Wir haben das beim TCS gemacht, dem Schweizer ADAC. Außerdem zahlt man eine Gebühr für das CdP, pro Jahr, in dem man das CdP braucht. Natürlich kann man das CdP auch verlängern oder früher zurückgeben. Sobald man das Auto wieder aus dem Land gebracht hat und alle Stempel hat, schickt man es an den TCS (oder ADAC etc.) zurück und bekommt das Depot zurück.

Navigation

Unser normales Navi hat keine Irankarte. Wir konnten auch keine kaufen. Deshalb haben wir maps.me, google-maps und seit kurzem auch map.cz auf unserem Smartphone. Hier können wir die Karten sogar für den Offline-Einsatz herunterladen. Funktioniert tiptop. Das Auswärtige Amt warnt zwar davor, die Karten herunterzuladen, aber ohne Navi im Nirgendwo zu stehen, ist wohl auch keine gute Idee.
Übrigens, wenn wir Google Maps benutzt haben, wurden uns oft Staus auf menschenleeren Straßen angezeigt. Wir haben dann immer festgestellt, dass am Straßenrand gepicknickt wurde. Da müsste Google-Maps wohl noch ein Picknick-Icon einführen.

Das Fahrzeug

…sollte fahrtüchtig sein und man sollte eventuell benötigte Ersatzteile dabei haben, da der Iran von westlichen Ländern mit Importsanktionen belegt wurde und westliche Ersatzteile teilweise schwer oder gar nicht zu bestellen sind. Man kann sich aber Teile von anderen Reisenden mitbringen lassen. Wenn man in die Wüste will (und davon gibt es genug!) müsste es dann doch wohl ein 4×4 sein. Aber bis ran an die Wüste kamen wir mit unserem Fiat alle mal.

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Strassen

Einen 4×4 braucht man im Iran nicht, die Strassen sind gut bis okay. Wer lieber auf deutschem oder schweizerischem Strassenbelag fährt, sollte besser zu Hause bleiben.
Generell sind die linken Spuren besser, die rechten sind von den LKWs ziemlich ausgefressen und löcherig. Es rumpelt immer wieder deutlich, aber wir fahren sowieso langsam, das ist besser für unser Material. Im Westen sind die Strassen deutlich schlechter als die Nord-Süd-Achse.
Sandstrassen gibt es viele, diese sind meist richtig festgefahren. Trotzdem sollte man die Wettervorhersage im Auge behalten. Denn Regen kann hier erstens schnell kommen, zweitens viel und drittens die Strassen wegspülen. Wir hatten bisher Glück und sind nicht stecken geblieben oder in Schlammstrassen geraten.

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Bumps / Bodenwellen

Noch nirgendwo haben wir so viele Bumps erlebt wie im Iran. Das sind zum Teil recht steile Erhebungen im Strassenbelag, die die Geschwindigkeit bremsen sollen. Teilweise sind sie gut markiert, teilweise überhaupt nicht. Unsert Felix und sein Inventar haben ein ums andere mal recht geklappert. Am Anfang fanden wir sie ziemlich anstrengend, weil sie einfach überall und oft vorkommen, aber mittlerweile haben wir uns daran gewöhnt. Und finden sie bei der allgemeinen Fahrgeschwindigkeit (man kann auch chaotischen Fahrtweise sagen) im Land auch angemessen.

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Diesel

Benzin und CNG (Gas) gibt es überall, Diesel eher nur an Überlandstrassen. Wenn also LKWs an Tankstellen stehen, dann sind es Dieseltankstellen. Da wir die Schrift nicht lesen können, müssen wir uns an solchen Dingen orientieren.
Diesel selbst gibt es nur für LKW-Fahrer, offiziell nicht für Ausländer. Das macht die ganze Sache etwas kompliziert.
Man kann an der Grenze eine sogenannte Dieseltankkarte kaufen. Wie das genau funktioniert, haben wir nicht erfahren und auch den Preis konnten wir nie herausfinden. Aber: Tankkarten würden die Dieselbeschaffung deutlich vereinfachen.
So sind wir auf die Unterstützung anderer Trucker angewiesen, die wir höflich fragen, ob wir mit ihrer Tankkarte etwas Diesel kaufen können. Manchmal haben sie noch 10, manchmal sogar 30 Liter für den Tag übrig. Bis jetzt hatten wir immer Glück und durften tanken. Der Liter kostet 300 Toman, das sind ungefähr 0,005 Euro. Ja, richtig gelesen, Diesel ist hier viel billiger als jedes Trinkwasser. Wir versuchen immer, den Diesel zu bezahlen, aber oft ist das nicht möglich! Er wird uns einfach geschenkt.
Wichtig ist hier einfach: Tanken, wenn eine Tankstelle kommt. Nicht, wenn unser Tank leer ist. Denn die Tankkarten sind, wenn wir das richtig verstanden haben, auf eine bestimmte Menge pro Tag begrenzt. Und 10 oder 20 Liter kann jeder mal abzapfen, aber einen 90-Liter-Tank für uns zu füllen, das geht einfach nicht immer und wäre auch mehr als unhöflich.
Ach ja, noch was: Diesel hört oft nicht auf zu pumpen, wenn der Tank voll ist. Der Diesel pumpt einfach weiter aus den Tanks. Also aufpassen.

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Diesel-Qualität

Die Qualität ist deutlich schlechter, sprich schmutziger als in Europa. Unser Felix läuft noch tiptop, aber alle 10.000 Kilometer sollte man einen Ölwechsel machen lassen. Den haben wir jetzt, nach knapp 9000 km im Iran, direkt in der Türkei machen lassen. Wir stinken wie alle Fahrzeuge hier beim Fahren, es raucht auch recht ordentlich aus unserem Auspuff.
Mehr wissen wir über die Diesel-Qualität nicht, aber wir halten uns an die Empfehlungen anderer Overlander, insbesondere an die Tipps von OM-Service.

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AdBlue

Haben wir hier noch nicht gesehen, unser Felix hat ein Chiptuning bekommen und braucht hier kein AdBlue. Es soll aber AdBlue in Iran geben. Das Gute ist aber, dass wir den AdBlue-Verbrauch jetzt ein- und ausschalten können, sodass wir in den Ländern, in denen es AdBlue gibt, es sofort wieder zufügen können. Haben AdBlue auch direkt nach der Ankunft in der Türkei wieder aktiviert.

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Abgase

Sind es die speziellen Otto- und Dieselkraftstoffe, die die Luft «stinken» lassen? Wer wie ich aus der DDR kommt, erinnert sich noch daran, wie die Strassen gerochen haben, als die Trabbis, Wartburgs und Russen-LKWs vor einem hergefahren sind. So ähnlich riecht es hier. Ständig. Die ersten Tage habe ich davon Kopfschmerzen bekommen, jetzt riechen wir es gar nicht mehr. Wir sind wohl «drauf». Aber nach knapp 3 Monaten hatten wir ständig diesen komischen Geruch in der Nase. Jetzt, nach ein paar Tagen Türkei und sauberer Luft, geht es uns viel besser. Gerd hustet nicht mehr.

Lichthupe

Ständig werden wir angehupt. Warum, wissen wir nicht. Zuerst dachten wir, dass wir vor einer Geschwindigkeitskontrolle gewarnt werden. Dann dachten wir, weil wir als Touristen enttarnt wurden und man uns «Hallo» sagen will. Jetzt haben wir eine andere Vermutung: Wir fahren immer mit Licht, das ist in unserem Felix so eingestellt. Vielleicht will man uns darauf aufmerksam machen, dass wir noch Licht haben. Aber wir wissen es nicht genau.

Wir grüssen einfach freundlich zurück und gut ist.

Parken

Parken kann man eigentlich überall. Man hält einfach an. Da sich der Verkehr sowieso wie Wasser verhält, also seinen eigenen Weg sucht, fliesst auch der dickste Verkehr um einen herum. Wir beobachten parkende Autos in Kreisverkehren, auf Bürgersteigen (wenn es denn welche gibt), man stellt sich quer zur Strasse (so kann man besser Waren in den Kofferraum laden), einmal mussten wir sogar für ein paar Tage die schmale einspurige Strasse zum Übernachten zuparken. «Ja, da kann man hinten herausfahren.», war dann der Kommentar. Das sei schon in Ordnung! In der Nähe der Bazare gibt es zwei bis drei Parkspuren: Die erste wäre die richtige, die zweite für «nur kurz», die dritte wartet auf einen freien Platz in der zweiten oder ersten Spur. Funktioniert bei uns auch ganz gut. Solange noch eine knappe Spur zum Durchfahren bleibt, sind alle zufrieden.

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Busspuren

Wenn der Verkehr mal deutlich überhandnimmt, schickt uns die Polizei auch auf die Busspur (in der Stadt natürlich nur). Damit sich die Kreuzung leert. Dass dann alle Autos an der nächsten Kreuzung auch die Busspur verstopfen: geschenkt!

Verkehr grundsätzlich

Das kann man ruhig Erlebnisfahrt nennen. Es gibt Fahrschulen, aber wozu die gut sind, ist uns ein Rätsel. Wir lernen folgendes: Die weissen Streifen auf der Fahrbahn sind Orientierungslinien, sie haben nichts mit den uns bekannten Fahrspuren zu tun. Aus zwei Spuren werden bei Bedarf fünf oder sechs. Und wir lernen: Nur wer sich an die Spuren halten will, hat ein Problem. Dass einem auf der Autobahn oder Landstrasse jemand (bestenfalls auf dem Standstreifen) entgegenkommt: normal. Wo ist das Problem?

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Dass hier auf dem Bild am unteren Rand jemand mit seinem Roller der fahrtrichtung entgegenkommt, ist für unsere Augen speziell, in Iran aber normal!

Man kann immer wenden, immer. Ja, immer, egal, ob gerade drei- oder vierspuriger Gegenverkehr kommt. Man schert langsam aus, der Gegenverkehr bremst, man muss einfach mutig und schnell sein.

Blinker sind eine reine Fehlinvestition. Der einzige, der beim Spurwechsel (haha) oder beim Abbiegen blinkt, ist Gerd. Gibt ihm ein sicheres Gefühl, sagt er. Statt Blinker gibt es hier die Hupe: «Achtung, ich überhole, bitte nicht ausscheren!» (In den letzten Wochen dann bemerke ich eine gewisse Iranisierung im Fahrverhalten meines Mannes, bin gespannt, wie es wird, wenn wir wieder in der Schweiz sind.)

Das Abbiegen im Allgemeinen: Wenn man links abbiegen will, ordnet man sich rechtzeitig auf der linken Spur ein. Wenn man rechts abbiegen will, dann ordnet man sich rechtzeitig auf der rechten Spur ein. Okay? Das wird hier genau so gemacht, nur das Wort «rechtzeitig» muss neu definiert werden. Es ist durchaus üblich, dass man von der rechten Spur über drei (vielleicht auch mehr) Spuren nach links abbiegt. Und das Beste daran: Alle warten und es klappt. Nur wir wundern uns.

Mit Ampeln ist das so eine Sache: Die jeweiligen Farben wie Rot oder Grün werden eher als lose Empfehlung wahrgenommen. Jeder weiss, dass auf Rot Grün folgt. Deshalb kann man auch bei Rot fahren, es kommt ja sowieso bald wieder Grün.

Alles in allem also eine interessante Erfahrung. Autofahren im Iran. Aber nicht unmöglich. Und schon gar nicht lebensgefährlicher als in anderen Ländern. Wer noch Fragen hat, nur zu, wir versuchen sie in den Kommentaren zu beantworten.

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Merci fürs «Mitreisen»

Wir überlegen, im Sommer wieder eine Reisepause zu machen und unsere Familien in Deutschland und der Schweiz zu besuchen. Mit dabei ist eine Idee, einen Vortrag über unsere lange Reise bis an den persischen Golf vorzubereiten. Falls Ihr Lust hättet, was würde euch am meisten interessieren? Hier werden wir auch Geschichten erzählen, die hier auf dem Blog keinen Platz finden. Wir denken an den Raum Bern und Berlin – einfach, weil wir da Familie haben. Aber auch andere Orte wären vorstellbar. Schreibt uns gern.

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7 Kommentare
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Rachel
Rachel
11 Tage zuvor

Dankeschön für den schönen Bericht.
Vielleicht werde ich dadurch in meinem Beruf als Fahrlehrerin etwas gelassener. 😂
Schließlich wird unser Verkehr hier in Deutschland mehr und mehr seeeehr Iranisch oder eben „anders“. 😂🤣
Leider schaffen wir aber so die Führerschein – Prüfung nicht.

Ich weigere mich inzwischen „Umschreiber“ aus solchen Ländern in mein Auto zu lassen.
Sie sind zwar alle sehr nett, verstehen aber ganz und garnicht, dass es bei uns ein wenig anders läuft um hier am Straßenverkehr teilnehmen zu dürfen und werden dann leider ziemlich böse mit der „Frau“, die einem sagt wo’s lang geht. 🤷 😂

Gute Weiterfahrt! 👍😉

Rachel
Rachel
10 Tage zuvor
Reply to  Heike Burch

Tja, meine liebe, genau das ist das Problem.
Sie sind der Meinung, sie KÖNNEN fahren und sind nicht bereit unsere Regeln zu lernen.
Sie möchten „nur“ den Führerschein umgeschrieben bekommen.

Bedeutet:
Keine Ausbildungspflicht, aber Prüfungspflicht.
Sie glauben uns nicht, wenn wir ihnen sagen, dass der deutsche Führerschein mit ihren Fähigkeiten nicht zu bekommen ist.
Meistens wird das eine völlig neue Ausbildung von Grund auf.
Auch weil sie oft mit unseren Hochtechnisierten und modernen Autos nicht umgehen können.
Das führt häufig zu Diskussionen und teilweise zu tätlichen Angriffen auf Fahrlehrer und Prüfer.
Ergebnis:
Keiner von uns hat mehr Lust darauf.

Manche Fahrlehrer (davon halte ich gar nichts!) lassen sie einfach Prüfung machen.
Nach 6x nicht bestanden muss man zur MPU.
Erstens seeeehr teuer und zweitens, kaum eine Chance diese zu bestehen.

Schade.😥

Dirk
Dirk
11 Tage zuvor

Hallo ihr Lieben,

interessante Eindrücke, bin mir noch nicht so sicher ob ich/wir mit Allem klar kommen würden!? Aber wie hast du so richtig geschrieben, dann bleibt man Zuhause bzw. bereist dieses Land nicht.
Was mir öfter bei euren Reisen durch den Kopf geht und wo ihr jetzt einen etwas „technischen“ Bericht geschrieben habt polter ich da einfach mit raus. Meine Frage geht Richtung täglichem Camperleben. Das ein oder andere wie z.B. Frischwasser tanken, Waschen etc. beschreibt ihr ja an der ein oder anderen Stelle. Das ziemlich unappetitlich
Thema der Toilettenentsorgung spart ihr verständlicherweise aus. Ich glaube zu Wissen, dass bei euch eine TTT verbaut ist. Aber nichts desto trotz löst sich dadurch ja nicht alles in Luft auf. 🤔 Wie funktioniert denn da die Entsorgung z.B. im Iran?
Liebe Heike, du brauchst mir jetzt hier an dieser Stelle nicht zu antworten!
Vielleicht ist dies ja ein Thema für euren Vortrag im Westen Deutschlands 😉🤗.

Euch weiterhin alles Gute
Maria und Dirk

Dirk
Dirk
9 Tage zuvor
Reply to  Heike Burch

Liebe Heike,

dass ihr beiden auf die Natur und Umwelt achtet und aufpasst ist für uns sonnenklar!

Einen Raum würde es hier bei uns schon geben, aber leider nicht kostenlos. Zudem wohnen wir in einem Ortsteil von Viersen, und dieses Städtchen liegt wirklich im Westen nahe der Grenze zu den Niederlanden. Zur Orientierung, Düsseldorf liegt ca. 40km östlich von uns. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das hier geographisch für einen Vortrag von euch günstig liegt?

Liebe Grüße
Dirk

Beate
8 Tage zuvor

Bilder und Bericht haben mich sehr an zweieinhalb Jahre Aleppo erinnert. Tatsache, es wird wie mit dem Autoscooter auf dem Rummelplatz gefahren. Turmhohe Beladungen auf kleinsten Gefährten … kein Problem! Linientaxis? Alles Oldtimer, rein, so viele reinpassen und der letzte hält die Tür zu, damit er nicht rausplumpst. Für mich war das sehr amüsant. Heute, mit großem Abstand, zieht es mich nicht mehr in diese Gefilde.

Sehr großes Dankeschön für alle so interessanten Berichte, bleibt behütet und guten Weg!
Herzliche Grüße von Beate

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